Mal Bremse, mal Gaspedal: Bestimmte Immunzellen haben je nach Organ verschiedene Jobs

Mal Bremse, mal Gaspedal: Bestimmte Immunzellen haben je nach Organ verschiedene Jobs


Teilen: 

16.04.2020 07:30

Mal Bremse, mal Gaspedal: Bestimmte Immunzellen haben je nach Organ verschiedene Jobs

Im Darm verhindern sie bestimmte Immunantworten, in der Milz regen sie sie an: Lymphoide Zellen vom Typ 3 sind Immunzellen, deren Funktion je nach Organ unterschiedlich ausfällt. Forschende der Universität Basel haben herausgefunden, wie Signale aus dem umliegenden Gewebe dies steuern. Die Erkenntnisse spielen unter anderem eine Rolle im Zusammenhang mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.

Lymphoide Zellen vom Typ 3 (innate lymphoid cells, ILC3) sind Teil des angeborenen Immunsystems und können die Immunantworten durch T-Zellen steuern. Allerdings tun sie dies je nach Organ in gegensätzlicher Weise: Im Darm verhindern ILC3 eher T-Zell-Immunantworten, wohingegen sie in der Milz Immunantworten auslösen können. Der biologische Mechanismus dahinter war bislang unbekannt. Nun konnte ein Forschungsteam um Prof. Dr. Daniela Finke vom Universitätskinderspital beider Basel und Departement Biomedizin der Universität Basel bei Versuchen mit Mäusen erstmals gewebespezifische Signalketten identifizieren, die diese gegensätzlichen Funktionen der ILC3 regulieren.

Wie die Forschenden im Fachjournal «Nature Communications» berichten, regen Mikroorganismen der Darmflora lokal die Produktion eines Botenstoffs an, des Zytokins Interleukin-23 (IL-23). Dieses reduziert die Fähigkeit der ILC3, mit T-Zellen zu interagieren und eine Immunantwort einzuleiten. Das Gewebe in lymphatischen Organen wie der Milz dagegen produziert einen anderen Botenstoff, das Interferon gamma (IFNgamma). Dieses erhöht die Fähigkeit von ILC3, T-Zell-Immunantworten zu induzieren.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Die Forschenden nehmen an, dass diese Botenstoffe es ermöglichen, die Funktion von ILC3-Zellen situationsbedingt zu regulieren, wodurch diese wiederum die T-Zell-Immunantworten gewebespezifisch steuern können. So könnte die Ausschüttung von IFNgamma bei einer akuten Infektion die Eigenschaften von ILC3, T-Zellen zu aktivieren, verbessern. Auf der anderen Seite kann IL-23 einen therapeutischen Nutzen haben, um unerwünschte Immunantworten (z.B. bei einer chronischen Entzündung) zu unterdrücken.

Diese Regulierungsmechanismen sind Teil der fein abgestimmten Balance, die das Immunsystems halten muss: zwischen effizienter Bekämpfung von Krankheitserregern und Tumorzellen auf der einen und Toleranz gegenüber körpereigenen Zellen und den symbiotischen Mikroorganismen wie der Darmflora auf der anderen Seite.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Daniela Finke, UKBB und Departement Biomedizin, Universität Basel, Tel. +41 61 207 16 34, E-Mail: daniela.finke@unibas.ch


Originalpublikation:

Frank Michael Lehmann, Nicole von Burg, Robert Ivanek, Claudia Teufel, Edit Horvath, Annick Peter, Gleb Turchinovich, Daniel Staehli, Tobias Eichlisberger, Mercedes Gomez de Aguero, Mairene Coto Llerena, Michaela Prchal-Murphy, Veronika Sexl, Mohamed Bentires-Alj, Christoph Mueller & Daniela Finke
Microbiota-induced tissue signals regulate ILC3-mediated antigen presentation
Nature Communications (2020), doi: 10.1038/s41467-020-15612-2


Weitere Informationen:

https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/ICL3-Zellen-haben-je-nach-Org…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW