Restless Legs Syndrom: Genetische Entdeckungen bringen Behandlung und Risikovorhersage voran



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05.06.2024 11:10

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Restless Legs Syndrom: Genetische Entdeckungen bringen Behandlung und Risikovorhersage voran

Forschende von Helmholtz Munich und der Technischen Universität München (TUM) haben zusammen mit einem internationalen Forscherteam die bisher größte genetische Untersuchung des Restless Legs Syndroms durchgeführt. Ihre Ergebnisse, die nun in der Fachzeitschrift Nature Genetics veröffentlicht wurden, stellen einen bedeutenden Fortschritt für das Verständnis der genetischen Grundlagen der Erkrankung dar und eröffnen neue Wege für die Patientenversorgung.

Das Restless Legs Syndrom (RLS) ist nach wie vor eine unzureichend erkannte Erkrankung, obwohl 2 bis 3 % der älteren Menschen europäischer Abstammung eine medizinische Behandlung benötigen. Patient:innen leiden unter chronischem Schlafmangel, einer erheblich reduzierten Lebensqualität und einem schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand. Die vielschichtige Erkrankung entsteht durch komplexe Wechselwirkungen zwischen genetischen und Umweltfaktoren, allerdings ist die ihr zugrunde liegende Biologie noch weitgehend unbekannt, was die Entwicklung wirksamer Behandlungs- und Präventionsstrategien erschwert.

Leistungsstarker Datensatz mit mehr als 100.000 Patient:innen

Ein Forscherteam um Prof. Juliane Winkelmann, Direktorin des Instituts für Neurogenomik von Helmholtz Munich und Direktorin des Instituts für Humangenetik an der TUM, Prof. Konrad Oexle, Gruppenleiter am Institut für Neurogenomik von Helmholtz Munich und TUM-Professor, sowie Forscher Dr. Steven Bell und Prof. Emanuele Di Angelantonio von der Cardiovascular Epidemiology Unit der Universität Cambridge hat nun drei genomweite Assoziationsstudien kombiniert und so einen leistungsstarken Datensatz mit mehr als 100.000 Patient:innen erstellt, um diese Defizite zu beheben. In diese Studie wurden Daten des internationalen EU-RLS-GENE Konsortiums, der INTERVAL Studie, und Daten aus dem Forschungsprogramm der DNA-Analyse-Firma 23andMe eingeschlossen.

Die Wissenschaftler:innen erhöhten die Anzahl der genetischen Risikoloci für RLS von 22 auf 164 und führten die erste geschlechtsspezifische genetische Untersuchung für RLS durch. Mit Hilfe modernster statistischer Werkzeuge identifizierte das Team potenzielle neue Arzneimittelziele unter den Kandidatengenen und klärte Risikofaktoren und deren Zusammenspiel mit RLS und anderen Merkmalen auf. Sie identifizierten 13 Gene, die von zugelassenen Medikamenten anvisiert werden, was vielversprechende Ansätze zur Neupositionierung von Medikamenten zur Behandlung von RLS bietet.

„Wir haben einen leistungsstarken Datensatz erstellt, der es uns ermöglicht hat, eine signifikante Anzahl genetischer Risikoloci und potenzieller Arzneimittelziele zu identifizieren. Diese Erkenntnisse stellen einen großen Schritt zur Verbesserung der Patientenversorgung dar“, sagt Dr. Barbara Schormair, stellvertretende Leiterin des Instituts für Neurogenomik bei Helmholtz Munich, Hauptkoordinatorin und eine der Erstautorinnen der Studie.

Entschlüsselung des Krankheitsrisikos

Über RLS hinaus zeigte die Mendelsche Randomisierungsanalyse der Studie, dass RLS ein Risikofaktor für Typ-2-Diabetes ist. Weitere Untersuchungen könnten daher dazu beitragen, Typ-2-Diabetes zu bekämpfen. Dr. Chen Zhao, Senior Research Associate am Institut für Neurogenomik bei Helmholtz Munich und am Institut für Humangenetik der TUM sowie einer der Erstautoren der Studie, nutzte darüber hinaus maschinelles Lernen zur Vorhersage des RLS-Risikos. Der Ansatz zeigte die beste Leistung, wenn sowohl genetische als auch nicht-genetische Faktoren, einschließlich ihrer komplexen nicht-linearen Wechselwirkungen, einbezogen wurden. Diese Erkenntnisse könnten auch die Risikovorhersage für verschiedene andere weit verbreitete Krankheiten verbessern.

Die Ergebnisse dieser Studie haben das Potenzial, das Leben von Millionen von RLS-Patienten erheblich zu beeinflussen und verbesserte, personalisierte Maßnahmen zu entwickeln, die darauf abzielen, die Krankheit effektiv zu behandeln oder sogar präventiv anzugehen.

„Zum ersten Mal sind wir in der Lage, das Risiko für RLS ausreichend zu bewerten. Es war ein langer Weg, aber jetzt haben wir die Möglichkeit, RLS nicht nur zu behandeln, sondern auch zu verstehen, wie wir diese Erkrankung verhindern können“, sagt Juliane Winkelmann, seit mehr als 25 Jahren eine der führenden Wissenschaftlerinnen in der Erforschung der Genetik von RLS.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Barbara Schormair, Deputy Head of the Institute of Neurogenomics at Helmholtz Munich and Senior Research Associate at the Institute of Human Genetics at TUM

Prof. Juliane Winkelmann, Director of the Institute of Neurogenomics at Helmholtz Munich and Director of the Institute of Human Genetics at TUM: https://www.helmholtz-munich.de/en/ing/pi/juliane-winkelmann


Originalpublikation:

Schormair et al., 2024: Genome-wide meta-analyses of restless legs syndrome yield insights into genetic architecture, disease biology, and risk prediction. Nature Genetics. DOI: 10.1038/s41588-024-01763-1


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW