17.03.2020 09:12
Wie viel Signal braucht es, damit Immunzellen angreifen?
Natürliche Killer (NK) Zellen bilden eine erste Abwehrlinie des Körpers. Die Immunzellen können Tumorzellen abtöten, verschonen aber gesunde Zellen. Das geht nur, wenn sie die richtigen Arbeitssignale erhalten. Unklar ist bislang, wie stark ein solches Signal sein muss, um NK-Zellen zu steuern. Forschende des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) haben nun ein System entwickelt, mit dem sie messen konnten, wie viel Signal notwendig ist. Ein solches quantitatives Vorgehen ist wichtig, um besser zu verstehen, wie NK-Zellen gegen Tumorzellen vorgehen.
Natürliche Killerzellen sind Teil des angeborenen Immunsystems. Sie verdanken ihren Namen der Tatsache, dass sie virusinfizierte Zellen oder Tumorzellen sofort beim ersten Kontakt abtöten können. NK-Zellen besitzen also eine natürliche Zelltoxizität, was sie relevant für die Erforschung von Immuntherapien gegen Krebs macht. Auf der Oberfläche der NK-Zellen befinden sich zahlreiche Rezeptoren. Das sind Sensoren, die mit Proteinen auf anderen Zellen interagieren und dann entweder über ein positives („abtöten“) oder negatives („nicht abtöten“) Signal die Aktivität der NK-Zellen beeinflussen. Während man bestimmen kann, welches grundsätzliche Signal ein bekannter Rezeptor weiterleitet, ist unklar, wie stark ein Signal sein muss, um NK-Zellen zu steuern.
Immunologinnen und Immunologen des IfADo haben nun in einer Studie die Signalstärke quantitativ untersucht. Dazu haben sie „Latex Beads“ verwendet, Kügelchen in der Größe einer Immunzelle. Die Kügelchen haben die Forschenden mit sechs verschiedenen Antikörpern beladen. Jeder der eingesetzten Antikörper richtet sich spezifisch gegen einen bestimmten aktivierenden Rezeptor auf der NK-Zelle. Durch die Bindung an diese Rezeptoren erhält die NK-Zelle ein positives Signal. Die Forschenden stellten für jede Antikörpersorte Varianten von Kügelchen mit unterschiedlich vielen Antikörpern her. Die genaue Anzahl von Antikörpern pro Kügelchen haben sie mithilfe eines speziellen Messkits unter Einsatz der Durchflusszytometrie gemessen. Anschließend wurden die Kügelchen-Varianten zu im Labor kultivierten NK-Zellen von mehreren freiwilligen Blutspendern gegeben.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
NK-Zellen haben unterschiedlich effektive Rezeptoren
„Wir wissen so genau, was und wie viel auf jedem Kügelchen ist und können untersuchen, wie reaktiv die NK-Zellen sind. So ein gut kontrollierbares, stabiles System kann mit Tumorzellen, die unzählige, teilweise noch unbekannte Oberflächenproteinen haben, nicht dargestellt werden“, erklärt Dr. Doris Urlaub, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der IfADo-Forschungsabteilung Immunologie.
Das quantitative Vorgehen ergab u.a., dass die aktivierenden Rezeptoren unterschiedlich effektiv darin sind, NK-Zellen anzuregen. So fiel ein Rezeptor auf, der schon bei vergleichsweise niedriger Antikörperanzahl eine maximale NK-Zell-Aktivität auslöste. Die Stimulation eines anderen Rezeptors konnte die NK-Zellen hingegen kaum dazu anregen, ihren Tötungsprozess einzuleiten. Wie die Forschenden zeigen konnten, stand die unterschiedliche Effektivität der Rezeptoren nicht in Verbindung mit der Anzahl der Rezeptoren auf den NK-Zellen. Weiterhin ergaben die Daten, dass nur eine bestimmte Gruppe von Rezeptoren in der Lage war, dass NK-Zellen sowohl ihren Tötungsmechanismus einleiten, als auch Proteine ausschütten, die im Körper wichtig für die weitere Immunantwort sind.
Nächster Schritt: Kügelchen mit Liganden beladen
Mit der aktuellen Veröffentlichung konnten die IfADo-Forschenden zeigen, dass ihr Ansatz funktioniert. „Um die Stimulation der NK-Zellen jedoch natürlicher zu gestalten, möchten wir die Kügelchen nun anstatt mit Antikörpern mit den deutlich aufwendiger herzustellenden Proteinen (Liganden) beladen, die etwa auf kranken Zellen zu finden sind. Die Liganden gehen eine spezifische Bindung mit aktivierenden Rezeptoren der NK-Zellen ein“, erklärt Doris Urlaub.
Langfristig wollen die Forschenden mit ihrem Ansatz dazu beitragen, umfassend quantitativ zu beurteilen, welcher Rezeptor in welcher Weise zur NK-Zellaktivität beiträgt. Dieses Wissen könnte es zukünftig ermöglichen, die Reaktion von NK-Zellen auf Tumorzellen vorherzusagen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Carsten Watzl
Leiter der IfADo-Forschungsabteilung „Immunologie“
Telefon: + 49 231 1084-233
E-Mail: watzl@ifado.de
Originalpublikation:
Dorsch, M., Urlaub, D., Bönnemann, V., Bröder, P., Sandusky, M., Watzl, C.: Quantitative analysis of human NK cells reactivity using latex beads coated with defined amounts of antibodies. Eur. J. Immunol. 2020. 00: 1–10. doi:
Weitere Informationen:
https://www.ifado.de/2020/03/16/nk-zellen-signal-messen/ IfADo-Pressemitteilung
https://www.ifado.de/immunologie/ Immunologie-Forschungsabteilung IfADo
https://doi.org/10.1002/eji.201948344 Originalpublikation (Open Access)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
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