12.10.2021 09:50
Diabetes mit Ganzkörper-Magnetresonanztomographie erkennen
Mit einer Ganzkörper-Kernspinaufnahme (MRT) lässt sich Typ-2-Diabetes diagnostizieren. Das zeigt eine aktuelle Studie von Forschenden des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung, des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen, des Max- Planck-Instituts für Intelligente Systeme und der Universitätsklinik Tübingen. Sie nutzten Deep-Learning-Methoden* und Daten von mehr als 2000 MRTs, um Patienten mit (Prä-)Diabetes identifizieren zu können. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachjournal JCI Insight veröffentlicht.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Übergewicht und viel Körperfett erhöhen das Risiko eines Diabetes. Doch nicht jeder übergewichtige Mensch erkrankt auch daran. Entscheidend ist, wo das Fett im Körper gespeichert wird. Lagert sich Fett unter der Haut an, ist es harmloser als Fett in tieferen Bereichen des Bauches (das sog. viszerale Fett). Wie das Fett im Körper verteilt ist, lässt sich mit Ganzkörper-Kernspintomographie gut darstellen. „Wir haben nun untersucht, ob man Typ-2-Diabetes auch anhand bestimmter Muster der Körperfettverteilung im MRT diagnostizieren könnte“, erläutert Letzt-Autor Prof. Robert Wagner den Ansatz der Forschenden.
Deep-Learning mit über 2.000 MRT-Aufnahmen trainiert
Um solche Muster zu erkennen, nutzten die Forschende künstliche Intelligenz (KI). Sie trainierten Deep-Learning-Netzwerke (Maschinelles Lernen) mit Ganzkörper-MRT-Aufnahmen von 2.000 Menschen, die sich auch einem Screening mit oralem Glukosetoleranz-Test (abgekürzt oGTT) unterzogen hatten. Mit dem oGTT, auch Zuckerbelastungstest genannt, lassen sich ein gestörter Glukosestoffwechsel nachweisen und ein Diabetes diagnostizieren. So lernte die KI, Diabetes zu detektieren.
Fettansammlung im Unterbauch wichtiger Hinweis auf Diabetesentstehung
„Eine Analyse der Modellergebnisse ergab, dass eine Fettansammlung im unteren Abdomen bei der Diabetesdetektion eine entscheidende Rolle spielt“, berichtet Wagner. Weitere zusätzliche Analysen zeigten zudem, dass auch ein Teil der Menschen mit einer Vorstufe des Diabetes (Prädiabetes) sowie Menschen mit einem Diabetes-Subtyp, der zu Nierenerkrankungen führen kann, über MRT-Aufnahmen identifiziert werden können.
Die Forschenden arbeiten nun daran, die biologische Steuerung der Körperfettverteilung zu entschlüsseln. Ein Ziel ist es, durch neue Methoden wie dem Einsatz von KI die Ursachen des Diabetes zu identifizieren, um bessere Vorsorge- und Therapiemöglichkeiten zu finden.
*Deep Learning, ist eine spezielle Methode aus dem Bereich des Maschinellen Lernens mit künstlichen neuronalen Netzen (KNN) und damit auch ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz (KI). Deep Learning eignet sich besonders, wenn sehr viele unstrukturierte Daten vorliegen – wie z.B. Bilder und Aufnahmen. Um Deep-Learning-Algorithmen beizubringen, Bilder korrekt auszuwerten und Diagnosen vorherzusagen, werden sie an annotierten (mit Informationen versehenen) Daten trainiert.
Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e.V. ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner. Weitere Informationen: www.dzd-ev.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Robert Wagner
Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen
des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Otfried-Müller-Str. 10
72076 Tübingen
Tel.: 07071/29-82910
E-Mail: robert.wagner(at)uni-tuebingen.de
Originalpublikation:
Dietz et al.: Diabetes detection from whole-body magnetic resonance imaging using deep learning. JCI Insight, DOI: doi.org/10.1172/jci.insight.146999
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch