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22.08.2023 10:17
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
DNA-Abstrich von Blättern zeigt enorme Vielfalt der Regenwaldbewohner
Erfassung der Wildtierpopulationen erlaubt Rückschlüsse auf das Übertragungsrisiko von Infektionskrankheiten auf den Menschen
Die allseits bekannten Wattestäbchen, mit denen wir während der COVID-19-Pandemie so vertraut geworden sind, könnten auch ein wertvolles Werkzeug sein, um Biodiversität zu erfassen. Zu diesem Ergebnis kam ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) in Greifswald, einem Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI). Die Gruppe fand heraus, dass sich unzählige Vögel und Säugetiere durch einfaches Abtupfen der von den Tieren auf Blättern hinterlassenen DNA nachweisen lassen. Wie effektiv dieser Ansatz ist, zeigten die Wissenschaftler:innen in einem Ökosystem, das eine Vielzahl von Wildtieren beherbergt und in dem die Erfassung von Tieren bislang äußerst schwierig war – dem tropischen Regenwald. Ihre Studie veröffentlichten die Forschenden nun im Fachjournal Current Biology.
Im Zuge des weltweiten Verlustes an biologischer Vielfalt ist es wichtig, Veränderungen in der Tierwelt zu erfassen, um Strategien für die Erhaltung der Biodiversität ableiten zu können. Dies hat auch eine Bedeutung für die menschliche Gesundheit, denn die meisten neu auftretenden Infektionskrankheiten haben ihren Ursprung in Wildtierpopulationen. Daher ist die Information darüber, welche Tierarten sich wo aufhalten, ein wichtiger erster Schritt, um das Risiko des Auftretens von Infektionskrankheiten in menschlichen Populationen abzuschätzen und möglicherweise zu verringern.
Die Studie unter der Leitung der Molekularökolog:innen Dr. Christina Lynggaard (Helmholtz-Institut für One Health und Globes Institut der Universität Kopenhagen) und Dr. Jan Gogarten (Helmholtz-Institut für One Health und Abteilung für Angewandte Zoologie und Naturschutz an der Universität Greifswald) hatte zum Ziel, die Artenzusammensetzung in einem bestimmten Biotop mit einfachen Methoden zu ermitteln. Kürzlich hatten Christina Lynggaard und das Kopenhagener Team nachgewiesen, dass tierische DNA aus der Luft gewonnen und analysiert werden kann – und das brachte Jan Gogarten auf eine Idee: „Wenn tierische DNA in der Luft um uns herum ist, setzt sie sich vielleicht ab und bleibt an klebrigen Oberflächen wie Blättern haften. Der Regenwald und seine Pflanzen werden oft als ‘die Lungen des Planeten’ bezeichnet. Könnten die Lungen des Planeten also der ideale Ort sein, um sich aus der Luft absetzende DNA zu entnehmen?“
Das Forschungsteam machte sich daran, diese Idee im Kibale-Nationalpark in Uganda zu testen, der für seine reiche Tierwelt bekannt ist und Biologen seit Jahrzehnten anzieht. Das Team begab sich mit 24 Wattestäbchen in den dichten tropischen Regenwald und hatte die ungewöhnliche Aufgabe, damit jeweils drei Minuten lang Blätter abzutupfen. „Ehrlich gesagt haben wir keine großartigen Ergebnisse erwartet“, sagt Christina Lynggaard. „Der Regenwald ist heiß und feucht, und unter diesen Bedingungen wird DNA schnell abgebaut.“
Daher waren die Forschenden positiv überrascht, als sie die Ergebnisse der DNA-Sequenzierung in den Händen hielten. „Wir fanden DNA von einer überwältigenden Vielfalt an Tieren in diesen 24 Wattestäbchen – über 50 Arten von Säugetieren und Vögeln sowie einen Frosch. Und das alles nach nur 72 Minuten Blätter-Tupfen“, sagt Jan Gogarten.
In jedem der Wattestäbchen fanden die Forschenden DNA von durchschnittlich fast acht Tierarten. Das Spektrum reichte vom sehr großen, bedrohten Afrikanischen Elefanten bis zu einer sehr kleinen Sonnenvogel-Art. Außerdem konnten die Forschenden den Hammerkopf, ein Flughund mit einer Flügelspannweite von bis zu einem Meter, Affen wie die seltene Östliche Vollbart-Meerkatze und den gefährdeten Uganda-Stummelaffen sowie Nagetiere wie das Ölpalmenhörnchen nachweisen. Auch Vögel wie der Riesenturako und der vom Aussterben bedrohte Graupapagei wurden gefunden. „Die Vielzahl der nachgewiesenen Tierarten und die hohe Nachweisquote pro Wattestäbchen zeigen, dass tierische DNA problemlos von Blättern abgetupft und anschließend analysiert werden kann“, sagt Gogarten. „Diese Methode könnte, in größerem Maßstab, als Informationsgrundlage dienen, um Biodiversität sowie ihre Verluste zu erfassen und daraus Strategien für das Wildtiermanagement abzuleiten.“
Weltweit sind Tiere durch menschliche Aktivitäten ernsthaft bedroht, wobei der Verlust ihrer biologischen Vielfalt in den Tropen besonders dramatisch ist. Der Artenverlust hat weitreichende Folgen für die grundlegenden Leistungen und Funktionen dieser Ökosysteme, einschließlich der Pflanzenbestäubung und Verbreitung von Samen. Die Überwachung von Tierpopulationen ist daher von entscheidender Bedeutung, um das Ausmaß der Veränderung in Ökosystemen zu verstehen und die Entwicklung wirksamer Managementstrategien zu unterstützen. Darüber hinaus ist sie zur Abschätzung des Risikos von Krankheitsübertragungen in Gebieten geeignet, in denen Kontakte zwischen Wildtieren und Menschen wahrscheinlich sind. „Angesichts zahlreicher sich schnell verändernder Faktoren auf unserem Planeten ist es eine komplexe, aber entscheidende Aufgabe, ihre Auswirkungen auf Wildtierpopulationen zu verstehen“, sagt Jan Gogarten. „Wir wissen, dass viele Tiere in den dichten Regenwäldern leben, aber wir sehen sie selten, und ihre sich verändernden Verbreitungsgebiete sind sehr schwer zu kartieren. Unsere bemerkenswert einfache Methode zur Probennahme gibt uns ein wirksames Werkzeug an die Hand, um das Unsichtbare sichtbar zu machen.”
„Das Abtupfen von Blättern erfordert an sich keine teure und aufwendige Ausrüstung oder lange Schulungen und kann daher problemlos in Bürgerwissenschaftsprogrammen durchgeführt werden“, sagt Christina Lynggaard. „Während der COVID-19-Pandemie waren Corona-Tests mit automatisierter Extraktion von Nukleinsäuren aus Millionen von Abstrichen pro Tag an der Tagesordnung, und die dafür erforderlichen Analysegeräte wurden in alle Winkel der Erde verteilt. Was wäre, wenn diese Instrumente umfunktioniert werden könnten, um mit Wattestäbchen ein umfassendes Tier-Monitoring im großen Maßstab durchzuführen?“
Diese Pressemitteilung und Bildmaterial finden Sie auch auf unserer Homepage unter dem Link https://www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/news/news-detail/article/complete/dna-….
Das Helmholtz-Institut für One Health:
Das Helmholtz-Institut für One Health (HIOH) widmet sich der interdisziplinären Erforschung der Zusammenhänge zwischen Mensch-, Tier- und Umweltgesundheit. Ziel ist, ein besseres Verständnis zoonotischer Erkrankungen, antimikrobieller Resistenzen und der Evolution von Pathogenen als Voraussetzung für erfolgreiche Pandemievorsorge und –prävention zu erlangen. Dem One Health-Ansatz entsprechend, wonach die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt als ein untrennbares Ganzes zu betrachten ist, vereint das HIOH eine Vielzahl wissenschaftlicher Disziplinen und Forschungsschwerpunkte unter einem Dach. http://www.helmholtz-hioh.de
Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
Wissenschaftler:innen am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen in Braunschweig und an anderen Standorten in Deutschland bakterielle und virale Infektionen sowie die Abwehrmechanismen des Körpers. Sie verfügen über fundiertes Fachwissen in der Naturstoffforschung und deren Nutzung als wertvolle Quelle für neuartige Antiinfektiva. Als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) betreibt das HZI translationale Forschung, um die Grundlagen für die Entwicklung neuartiger Therapien und Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten zu schaffen. http://www.helmholtz-hzi.de
Ihre Ansprechpersonen am HZI:
Susanne Thiele, Pressesprecherin
susanne.thiele@helmholtz-hzi.de
Dr. Andreas Fischer, Wissenschaftsredakteur
andreas.fischer@helmholtz-hzi.de
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH
Presse und Kommunikation
Inhoffenstraße 7
D-38124 Braunschweig
Tel.: 0531 6181-1400; -1405
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Laurin Gierse, Referent Wissenschaft/Verwaltung
laurin.gierse@helmholtz-hioh.de
Helmholtz-Institut für One Health
Fleischmannstraße 42
17489 Greifswald
Tel.: 03834-3916-121
Originalpublikation:
Christina Lynggaard, Sébastien Calvignac-Spencer, Colin A. Chapman, Urs Kalbitzer, Fabian H. Leendertz, Patrick A. Omeja, Emmanuel A. Opito, Dipto Sarkar, Kristine Bohmann, Jan F. Gogarten (2023). Vertebrate environmental DNA from leaf swabs. Current Biology. DOI: https://doi.org/10.1016/j.cub.2023.06.031
Bilder
Jan Gogarten (L) und Christina Lynggaard (R) beim Abstrich von Blättern zur Sammlung von Wirbeltier- …
Andreas Sachse
HIOH/Andreas Sachse
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch