Entzündungswerte aus dem Spektrometer



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25.07.2023 09:37

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Entzündungswerte aus dem Spektrometer

Quantifizierung von Akute-Phase-Entzündungsproteinen mit NMR

Die Analyse der Gesamtheit aller kleinen Moleküle eines Organismus, des Metaboloms, hat ein großes Potenzial für die medizinische Diagnostik. Ein deutsches Forschungsteam nutzt dafür Kernresonanz-Spektroskopie (NMR). In ihrer in der Zeitschrift Angewandte Chemie vorgestellten Studie quantifizierten sie Akute-Phase-Proteine aus Serumproben, die als Marker für entzündliche Krankheiten dienen können. Mehrere diagnostische Parameter können so aus einer einzigen kurzen NMR-Messung erhalten werden.

Neben Genomik und Proteomik etabliert sich die Metabolomik als weitere Säule für die biomedizinische Forschung und Diagnostik. Körperflüssigkeiten, z.B. Blut, sind jedoch sehr komplexe Mischungen nur zum Teil bekannter Verbindungen – entsprechend schwierig und aufwändig ist eine metabolomische Analyse. Das Team um Ulrich L. Günther und Alvaro Mallagaray verwendet fortgeschrittene NMR-Techniken, um das Metabolom von Zellen und Organismen mit Krankheiten in Verbindung zu bringen.

Die NMR-Spektroskopie (NMR: nuclear magnetic resonance) basiert auf dem – je nach chemischer Umgebung unterschiedlichen – Verhalten magnetisch aktiver Atomkerne, vor allem Wasserstoff (1H) und Kohlenstoff (13C), unter dem Einfluss eines starken äußeren Magnetfeldes. Darauf basierend lassen sich Messwerte und charakteristische Spektren erhalten. In der Diagnostik wird das Prinzip auch in Form der MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) genutzt, um Gewebestrukturen abzubilden.

NMR-Untersuchungen von Blutserum hatten in anderen Studien Signale von speziellen Kohlenhydrat-Bausteinen ergeben (Acetyl-Resonanzen von N-acetylierten Kohlenhydraten), die mit Akute-Phase-Glycoproteinen in Zusammenhang stehen. Diese kohlenhydrathaltigen Proteine treten im Rahmen starker Immunreaktionen bei akuten Entzündungen auf. Neben ihrer Konzentration im Blut ändert sich auch ihr Glycosylierungsmuster, d.h. die Art, Anzahl und Anordnung ihrer Kohlenhydrat-Bausteine kann sich in einer für die vorliegende Krankheit spezifischen Weise ändern.

Das Team setzte eine Reihe von NMR-Verfahren ein, mit denen ihnen eine umfassende Zuordnung der NMR-Signale von menschlichem Serum gelang. Dabei kommen sie u.a. zu der Schlussfolgerung, dass die beiden stärksten Signale, als Glycoprotein A und B bezeichnet, von N-Acetylneuraminsäure- bzw. N-Acetylglucosamin-Bausteinen stammen – und widersprechen damit einer in einer anderen Studie aufgestellten Theorie. Mittels sog. diffusionseditierter NMR-Experimente wiesen sie nach, dass die Komponenten dieser Signale mit spezifischen Akute-Phase-Proteinen in Verbindung gebracht werden können.

„Die NMR kann simultan mehrere Akute-Phase-Entzündungsproteine in Blutserum quantifizieren,“ so Ulrich L. Günther. „In nur 10 bis 20 min wird eine NMR-Signatur der Metabolomik mit signifikantem diagnostischem Potenzial erhalten.“ Das Team von den Universitäten Lübeck und Oldenburg, den Universitätskliniken Greifswald und Lübeck, dem Herzzentrum Lübeck sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (Greifswald und Lübeck) konnte dies am Beispiel von Serumproben von Patient*innen mit COVID-19 oder mit kardiogenem Schock, einer gefährlichen Begleiterscheinung z.B. von Herzinfarkten, zeigen. Im Vergleich zu Gesunden fanden sie signifikante Änderungen bei verschiedenen spezifischen Akute-Phase-Proteinen in den Blutproben. „Im Fall der Parkinson’schen Krankheit liefert unsere Methode geradezu eine Ja-Nein-Diagnose, da an Parkinson Erkrankte eine ganz bestimmte Glycosylierung im Blut aufweisen, die bei Gesunden nicht vorkommt,“ ergänzt Günther.

Angewandte Chemie: Presseinfo 30/2023

Autor/-in: Ulrich L. Günther, Universität Lübeck (Germany).

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Die “Angewandte Chemie” ist eine Publikation der GDCh.


Originalpublikation:

https://doi.org/10.1002/ange.202306154


Weitere Informationen:

http://presse.angewandte.de


Bilder

Entzündungswerte aus dem Spektrometer

Entzündungswerte aus dem Spektrometer

(c) Wiley-VCH


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW