Fortschritte in der Phagen-Therapie: Forscher weisen breite Wirksamkeit gegen MRSA-Bakterien nach



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06.04.2021 08:02

Fortschritte in der Phagen-Therapie: Forscher weisen breite Wirksamkeit gegen MRSA-Bakterien nach

Bakteriophagen sind spezielle Viren, die ausschließlich Bakterien angreifen und deshalb eine Alternative zu Antibiotika darstellen können. Ein Team aus österreichischen, deutschen und schweizerischen Forschern konnte nun erstmals zeigen, dass gezielt herangezüchtete Phagen deutlich besser gegen multiresistente Keime wirken, als bekannte Wildtypen. Die Ergebnisse der gemeinsamen Forschungsarbeit wurden jetzt im Fachjournal „Pharmaceuticals“ publiziert (DOI: 10.3390/ph14040325).

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

„ε² – Evolution squared“, zu Deutsch etwa ‚Evolution im Quadrat‘, so nennt das österreichische Unternehmen PhagoMed Biopharma ihre Züchtung von „bakterienfressenden“ Viren zur Bekämpfung von Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA). Eine Therapie mit den sogenannten Bakteriophagen gilt schon seit einiger Zeit als aussichtsreiche Option zur Therapie von schwer zu behandelnden Infektionen mit multiresistenten Bakterien. Sie wirken viel gezielter auf die krankheitsverursachende Bakterienspezies und können typische Resistenzmechanismen von Bakterien umgehen. Besonders auf Biofilmen – eine Art schützender Schleim, den Bakterien um sich bilden – bleiben Phagen oft deutlich besser wirksam als Antibiotika.

Doch die hohe Spezifität der Phagen war bislang auch ihr größter Nachteil: „Bakteriophagen sind derart exakt an ihr Wirtsbakterium angepasst, dass selbst eng verwandte Stämme der gleichen Bakterienart nicht mehr von ihnen angegriffen werden. Bislang versuchte man das durch eine geschickte Mischung natürlich vorkommender Phagen zu umgehen. Selbst in günstigen Fällen wirkt diese Phagen-Mixtur oft nur bei der Hälfte aller Zielbakterien und im schlimmsten Fall wirkt er nur auf einen einzigen Stamm von hunderten“, erläutert der InfectoGnostics-Forscher Prof. Ralf Ehricht, der mit seinem Team vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena und der Friedrich-Schiller Universität Jena an der Studie beteiligt war.

— Gezüchteter Bakteriophagen-Cocktail wirkt gegen mehr als 100 Bakterienstämme —

Um optimal für den therapeutischen Einsatz geeignete Viren heranzuzüchten, nutzten die Entwickler von PhagoMed die Mechanismen der Evolution: Sie kreuzten verschiedene Phagen und selektierten diejenigen, die ein möglichst breites Spektrum an Bakterienstämmen angreifen konnten. Gemeinsam mit den Jenaer Campusforschern und weiteren Partnern testeten sie eine Mischung der so gezüchteten Phagen an 110 Staphylokokken-Stämmen. Diese Bakterienstämme hatten die Forscher vorab ausgewählt und umfassend analysiert – 43 Prozent von ihnen waren bereits multiresistente MRSA-Varianten. Das Resultat nach der Behandlung mit den gezüchteten Phagen: Bei 101 der 110 Bakterienstämme wurde das Wachstum erfolgreich unterbunden. „Das ist ein großer Fortschritt für die Phagentherapie, wodurch sie bei manchen Krankheitsbildern als ernsthafte Alternative zur antibiotischen Behandlung von MRSA-Infektionen in den Fokus rückt“, bewertet Ralf Ehricht die Ergebnisse der Studie.

Weitere Partner des InfectoGnostics Forschungscampus Jena arbeiten darüber hinaus bereits an der Gen-Analyse von Bakteriophagen: So hat das junge Startup-Unternehmen Nanozoo bereits gemeinsam mit akademischen Campuspartnern des Universitätsklinikums Jena und der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein neues Bioinformatik-Tool namens „What the Phage“ entwickelt, das erstmals eine nutzerfreundliche Analyse von Gensequenzen von Phagen ermöglicht. Mit dem kostenlosen Open-Source-Programm lassen sich Phagen in Sequenzdatensätzen identifizieren, die sich auch für eine therapeutische Anwendung gegen passende Wirtsbakterien eignen könnten.


Originalpublikation:

Sáez Moreno, D.; Visram, Z.; Mutti, M.; Restrepo-Córdoba, M.; Hartmann, S.; Kremers, A.I.; Tišáková, L.; Schertler, S.; Wittmann, J.; Kalali, B.; Monecke, S.; Ehricht, R.; Resch, G.; Corsini, L. ε2-Phages Are Naturally Bred and Have a Vastly Improved Host Range in Staphylococcus aureus over Wild Type Phages. Pharmaceuticals 2021, 14, 325. DOI: 10.3390/ph14040325


Weitere Informationen:

https://www.infectognostics.de/infektionsdiagnostik/aktuelles/details/news/forts…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW