Künstliche Intelligenz erkennt Herzerkrankungen am Klang der Stimme: Neue Studie am DHZC



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04.03.2024 14:49

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Künstliche Intelligenz erkennt Herzerkrankungen am Klang der Stimme: Neue Studie am DHZC

Forschende am Deutschen Herzzentrum der Charité und der Mayo Clinic in den USA wollen mit einer neuen Studie herausfinden, wie Patient:innen mit fortgeschrittener Herzschwäche über den Klang ihrer Stimme telemedizinisch überwacht werden können. Zum Einsatz kommt dabei die Künstliche Intelligenz eines Berliner Start-ups.

„Einst stritten sich Nordwind und Sonne, wer von ihnen beiden wohl der Stärkere wäre, als ein Wanderer, der in einen warmen Mantel gehüllt war, des Weges daherkam…“ So beginnt eine Erzählung, die dem altgriechischen Dichter Äsop zugeschrieben wird. Horst S. aus Berlin spricht sie jeden Tag gleich zweimal laut in ein Mikrofon. Allerdings nicht, weil er sich für antike Fabeln begeistert – sondern weil seine behandelnden Ärzt:innen über den Klang seiner Stimme darüber Auskunft bekommen sollen, wie es um sein Herz steht.

Der 88-jährige Rentner leidet unter schwerer Herzinsuffizienz und ist einer der ersten Teilnehmenden einer Studie, die den Wissenschaftler:innen neue Erkenntnisse über die Anwendung und Wirksamkeit der Stimmanalyse mit Hilfe künstlicher Intelligenz bei der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz liefern soll. Sie wird am Deutschen Herzzentrum der Charité und der US-amerikanischen Mayo Clinic unter dem Titel: „AI-Based Voice Analysis for Monitoring Patients Hospitalized with Acute Decompensated Heart Failure“, kurz: „VAMP-HF“, durchgeführt.

Künstliche Intelligenz zur engmaschigen Überwachung bei Herzkrankheit

In der ersten Phase der Studie sollen jeweils 25 Patient:innen auf den kardiologischen Stationen eingeschlossen werden, die an fortgeschrittener Herzinsuffizienz mit „hydropischer Dekompensation“ leiden: Durch die stark verminderte Pumpfunktion des Herzens kann nicht mehr genug Flüssigkeit aus dem Gewebe zu den Ausscheidungsorganen transportiert werden, es kommt zu Flüssigkeitsansammlungen im Körper und in der Folge zu einer weiteren, oft lebensbedrohlichen Verschlechterung des Allgemeinzustands der betroffenen Patient:innen – insbesondere durch Wasser in der Lunge.

Die Behandlung der hydropischen Dekompensation umfasst neben Medikamenten zur Stärkung des Herzens auch Diuretika, also Medikamente zur besseren Ausscheidung von Flüssigkeit. Die Wirksamkeit der Therapie gilt es für die Kardiolog:innen nun engmaschig zu überwachen und sie schnellstmöglich anzupassen, wenn der gewünschte Erfolg ausbleibt.

Dabei könnte die menschliche Stimme „als Frühwarnsystem“ künftig eine wichtige Rolle spielen, sagt PD Dr. Felix Hohendanner, Oberarzt am Deutschen Herzzentrum der Charité und klinischer Leiter der VAMP-HF-Studie, denn: „Mehr Flüssigkeit im Körper führt zu einer veränderten Ausbreitung von Schallwellen und damit auch zur Veränderung der Stimme, die für das menschliche Ohr zwar meist nicht hörbar ist, aber dennoch gemessen werden kann.“

Künstliche Intelligenz sagt Behandlungserfolg voraus

Zum Einsatz kommt dabei die Software des Berliner Start-ups Noah Labs, das sich unter anderem auf die Entwicklung und Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) bei der stimmbasierten Diagnostik von Herzerkrankungen spezialisiert hat und das mit der Stiftung Deutsches Herzzentrum Berlin eine strategische Partnerschaft eingegangen ist.

Die Noah Labs-KI analysiert in den Stimmproben der Proband:innen hunderte von Parametern und erfasst dabei selbst kleinste Veränderungen. Im Abgleich mit der von den Herzschwäche-Patient:innen ausgeschiedenen Flüssigkeitsmenge „lernt“ die KI nun, die Wirksamkeit der Behandlung vorherzusagen – sodass die Ärzt:innen gegensteuern können, noch ehe es zu entsprechenden Symptomen kommt.

Unkompliziert und sicher durchführbar

Im Vergleich zu einigen anderen Messmethoden berge die Stimmabgabe für die selbstständige Durchführung zu Hause viele Vorteile, sagt Felix Hohendanner: „Sie ist schmerzfrei, schnell und unkompliziert, birgt kaum Fehlerquellen und benötigt außer einem Aufnahmegerät wie einem Smartphone keine technischen Hilfsmittel.“ Künftig sollen die Stimmproben sogar mit einem einfachen Anruf übermittelt werden.

Zudem läßt sich die Methode der KI-basierten telemedizinischen Stimm-Auswertung auch bei verschiedenen anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen anwenden, so der Kardiologe: „Wir stehen hier erst am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung.“

Die Studie:

„AI-Based Voice Analysis for Monitoring Patients Hospitalized with Acute Decompensated Heart Failure“

Ärztlicher Leiter: PD Dr. Felix Hohendanner, Oberarzt Kardiologie, DHZC
Projektinitiator: Prof. Gerhard Hindricks, DHZC
Co-Finanzierung: DHZB Stiftung
Projektsponsor und Technologiepartner: Noah Labs

Über das DHZC:

Das Deutsche Herzzentrum der Charité ist 2023 durch den Zusammenschluss der herzmedizinischen Einrichtungen der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Herzzentrums Berlin entstanden. Es umfasst an seinen drei Standorten am Campus Virchow-Klinikum, am Campus Charité Mitte sowie am Campus Benjamin Franklin insgesamt acht Kliniken und Institute mit rund 2.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und verfügt über rund 490 Betten. Das DHZC gehört damit zu den größten herzmedizinischen Einrichtungen Europas und wurde von der US-Zeitschrift Newsweek im Rahmen einer weltweiten Umfrage als beste Herzchirurgie und beste Kardiologie Europas ausgezeichnet. Das DHZC ist zertifiziertes überregionales Herzinsuffizienz-Zentrum.

Über die DHZB-Stiftung:

Die Stiftung Deutsches Herzzentrum Berlin (DHZB-Stiftung) ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation, die vom Land Berlin gegründet wurde, um die Bedeutung der Hauptstadt als internationales Exzellenzzentrum für kardiovaskuläre Medizin zu fördern. Gemeinsam mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin leitet die Stiftung das Deutsche Herzzentrum der Charité – ein weltweit führendes Zentrum für Kardiologie und Herzchirurgie. Die Stiftung unterstützt zudem Aus- und Weiterbildung durch die DHZB Akademie und investiert in Forschung und Entwicklung zur Prävention, Früherkennung und präziseren Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weitere Informationen finden Sie unter https://dhzb.org.

Über Noah Labs:

Noah Labs entwickelt die stimmbasierte KI-Software „Noah Labs Vox“ zur Früherkennung von dekompensierter Herzinsuffizienz. Die Lösung wird am Deutschen Herzzentrum der Charité, der Mayo Clinic in den USA sowie an Kliniken in den Niederlanden und Spanien erprobt. Sie soll als Teil von Noah Labs Ark, der bereits als Medizinprodukt zugelassenen kardiovaskulären Telemonitoring-Plattform des Start-ups, angeboten werden. Noah Labs hat 15 Mitarbeitende und ist nach ISO 13485 als Hersteller von (softwarebasierten) Medizinprodukten zertifiziert. Das Unternehmen wird neben der Stiftung Deutsches Herzzentrum Berlin auch von EIT Health und dem Land Berlin finanziell unterstützt. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.noah-labs.com/.


Originalpublikation:

„AI-Based Voice Analysis for Monitoring Patients Hospitalized with Acute Decompensated Heart Failure“


Weitere Informationen:

https://www.dhzb.de/presse/news/detailansicht-meldungen/ansicht/pressedetail/ein… Zur Pressemitteilung


Bilder

Patient Horst S. und Studienleiter PD Dr. Felix Hohendanner

Patient Horst S. und Studienleiter PD Dr. Felix Hohendanner

© Maier/DHZC

VAMP-HF-Team (v. l.): Oliver Weiss (Noah Labs), PD Dr. Felix Hohendanner, Marcus Hott u. Leonhard Riehle(Noah Labs), Dr. med. Chong Lee, PD Dr. med. Kun Zhang, Andreas Portmann (DHZB-Stiftung), Emanuel Heil, Klinikdirektor Prof. Dr. med. Gerhard Hindricks

VAMP-HF-Team (v. l.): Oliver Weiss (Noah Labs), PD Dr. Felix Hohendanner, Marcus Hott u. Leonhard Ri

© Maier / DHZC


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


 

Quelle: IDW