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29.09.2023 11:03
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Neue Erkenntnisse über die Organisation von Sprache im menschlichen Gehirn
Eine aktuelle Studie vermittelt erstmals ein klares Bild, wo Sprachprozesse im Gehirn konkret zu lokalisieren sind. Die gewonnenen Erkenntnisse können unter anderem bei klinischen Studien zur Erholung des Sprachvermögens nach Hirnverletzungen nützlich sein. Dr. Sabrina Turker, Dr. Philipp Kuhnke und Prof. Dr. Gesa Hartwigsen vom Wilhelm-Wundt-Institut für Psychologie der Universität Leipzig und vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften haben die Metaanalyse in Kooperation mit Wissenschaftler:innen des Forschungszentrum Jülich durchgeführt. Ihre Ergebnisse haben sie in der renommierten Fachzeitschrift Psychological Bulletin veröffentlicht.
Sprache ist das wichtigste Instrument für die menschliche Kommunikation und für ein Leben in unserer Gesellschaft unerlässlich. „Trotz zahlreicher neurowissenschaftlicher Forschung zur Repräsentation von Sprache gab es bisher wenig Befunde zur Organisation der Sprache im menschlichen Gehirn. Viele unserer Erkenntnisse stammen aus einzelnen Studien mit geringen Proband:innenzahlen und konnten in Folgestudien nicht bestätigt werden“, sagt Dr. Sabrina Turker vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Die Metastudie schaffe nun Abhilfe.
Basierend auf mehr als 400 neurowissenschaftlichen Experimenten mit funktioneller Bildgebung und mit einer Zahl von über 7.000 Proband:innen liefert die Analyse fundierte Erkenntnisse über die Organisation der Sprache im Gehirn. Um die Vielzahl an Befunden aus verschiedenen Studien möglichst vollständig und objektiv zu integrieren, wurde eine quantitative, koordinatenbasierte Metaanalyse angewendet. Damit lässt sich feststellen, wo im Gehirn Aktivierung für bestimmte Sprachprozesse zu finden ist. Dieser Ansatz bietet Einblicke in grundlegende Organisationsprinzipien des Gehirns für die Sprachverarbeitung. Die Wissenschaftler:innen untersuchten nicht nur Sprache als Prozess allgemein, sondern widmeten sich explizit untergeordneten Prozessen: der Bedeutung von Sprache auf Wort- und Satzebene (Semantik), der lautlichen Struktur (Phonologie), der Anordnung sprachlicher Elemente/Grammatik (Syntax) und der lautlichen Struktur von Sprache auf Satzebene (zum Beispiel Melodie, Intonation, Rhythmus, Prosodie).
Neben sogenannten „klassischen“ Sprachregionen in der linken Hirnhälfte, so fanden die Autor:innen der Studie heraus, spielen vor allem Strukturen in den Hirnregionen unterhalb der Großhirnrinde und das Kleinhirn eine tragende Rolle bei sprachlichen Prozessen. „Diese Regionen wurden in der bisherigen neurowissenschaftlichen Forschung zur Sprache eher stiefmütterlich behandelt“, konstatiert Gesa Hartwigsen, Professorin für Kognitive einschließlich Biologische Psychologie an der Universität Leipzig. „Besonders jene Prozesse, die die Sprachbedeutung und die Verarbeitung von Lauten betreffen, werden vom linken und rechten Kleinhirn unterstützt. Ebenso hängen über das Wort hinausgehende, lautliche Muster, die auch die emotionale Bedeutung weitergeben, mit der Aktivierung in der rechten Amygdala, einem paarigen Kerngebiet des Gehirns, zusammen.“ Dieser Teil beeinflusse Emotion und Erinnerung. „Unsere Erkenntnisse können künftigen Studien zur Erholung der Sprache nach Hirnverletzungen, ausgelöst beispielweise durch Schlaganfälle, dienen“, ergänzt Prof. Dr. Gesa Hartwigsen. „Und sie können dabei helfen, Modelle der Sprachverarbeitung zu verfeinern.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Gesa Hartwigsen
Wilhelm-Wundt-Institut für Psychologie der Universität Leipzig und Lise-Meitner-Forschungsgruppe Kognition und Plastizität am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
Telefon: +49 341 9940 162
E-Mail: hartwigsen@cbs.mpg.de
Dr. Sabrina Turker
Wilhelm-Wundt-Institut für Psychologie der Universität Leipzig und Lise-Meitner-Forschungsgruppe Kognition und Plastizität am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
Telefon: +49 341 9940 2010
E-Mail: turker@cbs.mpg.de
Originalpublikation:
Turker S., Kuhnke P., Eickhoff SB., Caspers S. und Hartwigsen G. “Cortical, Subcortical, and Cerebellar Contributions to Language Processing: A Meta-Analytic Review of 403 Neuroimaging Experiments.”, https://doi.org/10.1037/bul0000403
Bilder
Darstellung des Sprachnetzwerks im menschlichen Gehirn basierend auf den Ergebnissen von 403 Studien …
Grafik: Turker/Hartwigsen
Paper im Psychological Bulletin
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin, Psychologie, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch