Auf der Suche nach neuen Antibiotika

Auf der Suche nach neuen Antibiotika


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07.04.2020 10:39

Auf der Suche nach neuen Antibiotika

DSMZ-Wissenschaftlerin entwickelt innovative Strategie für das Screening nach Wirkstoffen

(Braunschweig, 7. April 2020): Forschende rund um Professorin Dr. Yvonne Mast vom Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen im niedersächsischen Braunschweig haben eine neue Strategie zur Aktivierung stiller Antibiotika-Gencluster entwickelt. Sie zeigten, dass sich das Streptomyces Antibiotic Regulatory Protein (SARP), ein Regulator, der die Biosynthese von Antibiotika in Streptomyceten reguliert, als genereller Aktivator verschiedener Antibiotika-Gencluster einsetzen lässt. Wie mit Hilfe der SARPs aktivierbare Gencluster identifiziert und gezielt angeschaltet werden können, veröffentlichten die Forschenden in der international renommierten Fachzeitschrift Frontiers in Microbiology.
In der Studie konnte das Team um die Mikrobiologin Yvonne Mast zeigen, dass SARP-Regulatoren in vielen verschiedenen Actinomyceten vorkommen und dort Bestandteil von Genclustern sind, die für ganz unterschiedliche Wirkstofftypen kodieren. In ihren Experimenten wiesen die Forschenden nach, dass die SARP-Regulatoren das Potenzial haben, auch Gencluster in anderen Wirtsstämmen zu regulieren. Am Beispiel des SARP-Regulators PapR2 wurde gezeigt, dass dieser nicht nur in dem Bakterium Streptomyces pristinaespiralis, in dem er natürlicherweise vorkommt, Cluster-aktivierende Eigenschaften hat. Er ist auch in der Lage, in anderen Streptomyceten wie beispielsweise Streptomyces lividans stille Gencluster zu aktivieren und damit die Wirkstoffproduktion erst zu ermöglichen. Durch ein besseres Verständnis der Regulationsmechanismen und mit Hilfe von Genomsequenzdaten können die Forschenden nun vorhersagen, welche Gencluster sich potentiell durch SARPs aktivieren lassen was die spätere Findung der Wirkstoffe erleichtert.

Aktivierung stiller Gencluster
Actinomyceten sind bekannt für ihr Potential zur Produktion vieler bioaktiver Wirkstoffe. Durch Genomsequenzanalysen ist bekannt, dass die Organismen zahlreiche sogenannte „stille Gencluster“ beherbergen, welche die Information für Wirkstoffsynthesen enthalten, die aber nicht in die entsprechenden Substanzen übersetzt wird. Es wird angenommen, dass Actinomyceten theoretisch zehnmal mehr Sekundärmetabolite produzieren könnten als normalerweise unter Standardlaborbedingungen isoliert werden. Warum viele der Cluster „inaktiv“ sind ist bislang unklar. Ein Grund könnte aber die fehlende Aktivierung durch regulatorische Elemente sein. Das Auffinden und Aktivieren solcher stillen Gencluster und die daraus resultierende Identifizierung und Charakterisierung neuer potentieller Wirkstoffe sind in Zeiten der Zunahme von Infektionen mit antibiotikaresistenten Pathogenen von größter Bedeutung. „Der Vorteil der von uns genutzten Methode ist, dass man damit relativ einfach aber zielgerichtet Gencluster aktivieren kann. Die meisten anderen Strategien zur Aktivierung stiller Gencluster sind unspezifische Aktivierungsansätze, die in der chemischen Analytik aufwendig sind oder aber Gencluster-spezifische Ansätze, die dann mit viel Klonierungsaufwand verbunden sind.“ fasst Professorin Yvonne Mast die Vorteile ihres Forschungsansatzes zusammen.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Originalpublikation:
Disclosing the Potential of the SARP-Type Regulator PapR2 for the Activation of Antibiotic Gene Clusters in Streptomycetes. Krause J, Handayani I, Blin K, Kulik A, Mast Y.
Front Microbiol. 2020 Feb 18;11:225. doi: 10.3389/fmicb.2020.00225.

DSMZ-Pressekontakt:
Sven-David Müller, Pressesprecher des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH
Tel.: 0531/2616-300
Email: Sven.David.Mueller@dsmz.de

Über das Leibniz-Institut DSMZ
Das Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH ist die weltweit vielfältigste Sammlung für biologische Ressourcen (Bakterien, Archaeen, Protisten, Hefen, Pilze, Bakteriophagen, Pflanzenviren, genomische bakterielle DNA sowie menschliche und tierische Zellkulturen). An der DSMZ werden Mikroorganismen sowie Zellkulturen gesammelt, erforscht und archiviert. Als Einrichtung der Leibniz-Gemeinschaft ist die DSMZ mit ihren umfangreichen wissenschaftlichen Services und biologischen Ressourcen seit 1969 globaler Partner für Forschung, Wissenschaft und Industrie. Die DSMZ ist als gemeinnützig anerkannt, die erste registrierte Sammlung Europas (Verordnung (EU) Nr. 511/2014) und nach Qualitätsstandard ISO 9001:2015 zertifiziert. Als Patenthinterlegungsstelle bietet sie die bundesweit einzige Möglichkeit, biologisches Material nach den Anforderungen des Budapester Vertrags zu hinterlegen. Neben dem wissenschaftlichen Service bildet die Forschung das zweite Standbein der DSMZ. Das Institut mit Sitz auf dem Science Campus Braunschweig-Süd beherbergt mehr als 73.000 Kulturen sowie Biomaterialien und hat 198 Mitarbeiter. www.dsmz.de

Über die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 96 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro. www.leibniz-gemeinschaft.de


Originalpublikation:

Disclosing the Potential of the SARP-Type Regulator PapR2 for the Activation of Antibiotic Gene Clusters in Streptomycetes. Krause J, Handayani I, Blin K, Kulik A, Mast Y.
Front Microbiol. 2020 Feb 18;11:225. doi: 10.3389/fmicb.2020.00225.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW