11.06.2020 07:41
Gemeinsam bleiben sie länger am Leben – wie Tuberkulose-Erreger sich in der Luft vor dem Austrocknen schützen.
Der Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis kann sich im Verbund besser schützen und so länger in der Luft am Leben bleiben. Das ergab eine Studie des Leibniz-Forschungsverbundes INFECTIONS, die am Montag im Fachjournal “Scientific Reports” veröffentlicht worden ist.
Die Studie hat die biophysikalischen Eigenschaften von winzigen Partikeln in der Luft (Aerosolen) untersucht, die zur Verbreitung des Krankheitserregers beitragen. Eine erfolgreiche Infektion von Mensch zu Mensch wird unter anderem von der Distanz mitbestimmt, die die Erreger durch die Luft zurücklegen können bevor die Infektiösität abnimmt. Fazit: Einzelne Mykobakterien bilden zwar kleinere Aerosole und können so längere Strecken in der Luft zurücklegen, miteinander verbundene Mykobakterien bleiben aber länger lebendig. Die Untersuchung beruht auf früheren Ergebnissen, die zeigten, dass Mykobakterien-infizierte Wirtszellen den nekrotischen Zelltod sterben, wie er auch in der Lunge Tuberkulosekranker vorkommt. Nun wurde gezeigt, dass dabei größere Aerosolpartikel aus Mykobakterien-Verbänden zusammen mit Bestandteilen der toten Zellen entstehen, die in der Luft überlebensfähiger sind als einzelne Bakterien. Aufgrund dieser Daten können in Zukunft Computer-Simulationen der luftgetragenen Ausbreitung, die die Partikelgrößenverteilung berücksichtigen, erfolgen, die dazu beitragen, herauszufinden, welche Aerosolzusammensetzung ein erhöhtes Infektionsrisiko für den Menschen mit sich bringen kann.
Durchgeführt wurde die Studie am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB) in Schleswig-Holstein und dem Heinrich-Pette-Institut (HPI), Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie in Hamburg. Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) brachte seine Expertise zur Modellierung der Ausbreitung von Aerosolen wie die in der Luft schwebenden Mykobakterien-Verbände in die Studie ein.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Aktuell wird kontrovers diskutiert wie groß die Bedeutung der Aerosolausbreitung des SARS-CoV-2- Virus für die COVID-19-Pandemie ist. Erkenntnisse zur Ausbreitung von Krankheitserregern über Aerosole sind daher von besonderem Interesse. Ob Teile der neuen Erkenntnisse zum Tuberkulose-Erreger auf den COVID-19-Erreger übertragbar sind, ist aber momentan völlig offen, da die Tuberkulose durch ein Bakterium, das deutlich größer als das SARS-CoV-2 Virus ist, übertragen wird. Viren gelten als deutlich empfindlicher gegen Umwelteinflüsse, da sie auf den Schutz durch Feuchtigkeit angewiesen sind und relativ schnell austrocknen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ulrich Schaible
Forschungszentrum Bostel, Leibniz Lungenzentrum
Parkallee 1
23845 Borstel
Telefon: 04537 – 188 600
Email uschaible@fz-borstel.de
Originalpublikation:
E. Pfrommer, C. Dreier, G. Gabriel, T. Dallenga, R. Reimer, K. Schepanski, R. Schreließ, U. E. Schaible, T. Gutsmann (2020): Enhanced tenacity of mycobacterial aerosols from necrotic neutrophils. Scientific Reports 10, Article number: 9159 (2020). https://www.nature.com/articles/s41598-020-65781-9
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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