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11.07.2023 09:35
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Krankenhauskeim zielt auf das menschliche Immunsystem
Neu entdeckte Stoffwechselprodukte von Pseudomonas aeruginosa könnten schwere Entzündungsreaktionen auslösen
Das Bakterium Pseudomonas aeruginosa, das beim Menschen schwere Infektionen verursachen kann, produziert ein bisher unbekanntes Stoffwechselprodukt. Dieses hydroxylierte 2-Alkylchinolon ist einem Signalstoff ähnlich, den die Bakterien zur Kommunikation untereinander verwenden – und kann durch Einfluss auf das Immunsystem möglicherweise Entzündungsreaktionen im menschlichen Körper hervorrufen. Dies sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie rund um Chemiker Thomas Böttcher vom Institut für Biologische Chemie der Universität Wien, die in Communications Chemistry, einem open access Journal aus dem Nature-Portfolio, erschienen ist. Diese Entdeckung könnte helfen, die Interaktionen zwischen Pseudomonas aeruginosa und dem menschlichen Körper besser zu verstehen und neue Ansätze für die Entwicklung von Therapien zu finden.
Pseudomonas aeruginosa ist ein gefürchteter Krankenhauskeim und kann besonders bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr schwerwiegende Infektionen verursachen. Aufgrund seiner Resistenz gegen viele Antibiotika ist seine Bekämpfung schwierig. Um effektivere Therapien entwickeln zu können, ist daher ein besseres Verständnis der Mechanismen und Eigenschaften, die dieses Bakterium infektiös machen, wichtig. Genau dieser Herausforderung hat sich das Forschungsteam um Thomas Böttcher angenommen – und zum ersten Mal nachgewiesen, dass Pseudomas aeruginosa hydroxylierte 2-Alkylchinolone produziert, die Entzündungsreaktionen durch Modulation des menschlichen Immunsystems hervorrufen können.
Koordinierte Kommunikation
Pseudomonas aeruginosa verfügt über eine Kommunikationsmethode, die als “Quorum Sensing” bezeichnet wird. Dabei werden spezielle chemische Signalstoffe – 2-Alkylchinolone – hergestellt, über die die Bakterien miteinander kommunizieren – und ihren gemeinsamen Angriff auf den menschlichen Wirt koordinieren. Für die Biosynthese dieser Signalstoffe verwenden die Bakterien Verbindungen aus ihrem Fettsäurestoffwechsel – eine Tatsache, die das Forschungsteam zu einer interessanten Hypothese führte: “Wir vermuteten, dass die Bakterien mit Hilfe bestimmter veränderter Fettsäuren noch andere, bislang nicht nachgewiesene Substanzen produzieren”, erklärt Thomas Böttcher. Durch eine ausgeklügelte Synthesestrategie gelang dem Team der Durchbruch und es konnte nachweisen, dass Pseudomonas aeruginosa tatsächlich eine der vermuteten Verbindungen produziert – nämlich ein hydroxyliertes 2-Alkylchinolon.
Induzierter Immunangriff
Im Gegensatz zu den bereits bekannten 2-Alkylchinolonen konnte diese hydroxylierte Form Entzündungsreaktionen in menschlichen Zellen auslösen. Dazu Studien-Erstautorin Viktoriia Savchenko: “Wir konnten zeigen, dass bereits eine relativ niedrige Konzentration des hydroxylierten 2-Alkylchinolons ausreicht, um den entzündungsfördernden Botenstoff IL-8 in den menschlichen Zellen zu aktivieren. Dies deutet darauf hin, dass Pseudomonas aeruginosa die Immunreaktion des Wirts moduliert.”
Die Ergebnisse dieser Studie liefern somit neue Erkenntnisse über die Biosynthese von Chinolonen durch Pseudomonas aeruginosa und deren mögliche Auswirkungen auf die Immunantwort des Wirts.
Die Identifizierung und Erforschung hydroxylierter 2-Alkylchinolone stellt einen wichtigen Fortschritt für das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Mikroorganismen und dem Immunsystem dar. Dies soll dabei helfen die Krankheitsmechanismen von Pseudomonas aeruginosa besser zu verstehen und möglicherweise neue Ansätze für die Entwicklung von Therapien zu finden.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Univ.-Prof. Dr. Thomas Böttcher
Fakultät für Chemie, Institut für Biologische Chemie &
Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung, Universität Wien
Universitätszentrum II (UZA II)
1090 Wien, Josef-Holaubek-Platz 2
T +43-1-4277-70550
M +43-664-817-6670
thomas.boettcher@univie.ac.at
Originalpublikation:
Viktoriia Savchenko, Dávid Szamosvári, Yifan Bao, Marc Pignitter, and Thomas Böttcher. Biosynthetic flexibility of Pseudomonas aeruginosa leads to hydroxylated 2-Alkylquinolones with proinflammatory host response. Communications Chemistry (2023)
DOI: 10.1038/s42004-023-00937-y
https://www.nature.com/articles/s42004-023-00937-y
Weitere Informationen:
https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a…
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
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