Neuer Wachstumsfaktor für die Leber



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06.02.2024 11:31

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Neuer Wachstumsfaktor für die Leber

Die gesunde Leber besitzt die Fähigkeit, sich komplett zu regenerieren. Forschende von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), vom Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) und vom Deutschen Diabetes Zentrum (DDZ) identifizierten nun den Wachstumsfaktor MYDGF (Myeloid-Derived Growth Factor), der für diese Regenerationsfähigkeit wichtig ist. Sie zeigten weiterhin in Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universitätsmedizin Mainz, dass MYDGF vermehrt im Blut von Patienten nach Teilentfernung der Leber nachweisbar ist. In Nature Communications beschreiben sie auch, dass dieser Wachstumsfaktor die Vermehrung menschlicher Leberzellen in der Gewebekultur anregt.

Bereits die griechische Mythologie beschreibt, dass sich die menschliche Leber regenerieren kann. So ließ der Sage nach Zeus den Titanen Prometheus an einen Felsen ketten, wo ein Adler täglich seine Leber fraß, die sich immer wieder erneuerte. Ähnlich ist dies auch in der Medizin alltägliche Praxis: Entfernt ein Chirurg die Hälfte einer Leber, so wächst die verbleibende gesunde Leberhälfte innerhalb weniger Wochen wieder zu voller Größe heran.

Ärztinnen und Ärzte stehen täglich vor dem Bedarf nach transplantierbarem Lebergewebe aufgrund von lebensbedrohlichen Leberschädigungen. Diese können unter anderem in Folge von Fettlebererkrankungen, Virusinfektionen sowie Krebs auftreten.

Aber: Obwohl die Regenerationsfähigkeit der Leber bekannt ist, gelang es bisher nicht, Leberzellen in einer Gewebekultur zu vermehren oder Lebergewebe außerhalb des menschlichen Körpers wachsen zu lassen, um es anschließend zu transplantieren. 2018 zeigte aber das Forschungsteam um Prof. Dr. Eckhard Lammert vom Institut für Stoffwechselphysiologie der HHU, dass Blutgefäße Wachstumsfaktoren für Leberzellen freisetzen, wenn ein Teil der Leber fehlt (Lorenz et al, Nature 2018, 562: 128-132).

In Kollaboration mit Prof. Dr. Hadi Al-Hasani (DDZ) haben Prof. Lammert und seine Mitarbeitenden nun den Wachstumsfaktor MYDGF identifiziert. Blutgefäße sondern ihn ab, um die Regeneration der Leber zu starten. Zur Methodik Dr. Linda Große-Segerath und Paula Follert, die Erstautorinnen der jetzt in Nature Communications veröffentlichten Studie: „Ein mechanischer Stimulus der Blutgefäße spielt eine Rolle, damit Wachstumsfaktoren freigesetzt werden. Wir erreichen dies im Labor, indem wir die Blutgefäßzellen in eine Streckkammer einspannen, mit deren Hilfe wir die Zellen mechanisch dehnen können.“

Zusammen mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Wolfram T. Knoefel (Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie am UKD) und Prof. Dr. Stefan Heinrich (Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Universitätsmedizin Mainz) zeigten die Forschenden, dass Patienten nach einer Teilentfernung der Leber – einer sogenannten Leberresektion – mehr von diesem Wachstumsfaktor ins Blut absondern.

Auch konnte gemeinsam mit den HHU-Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Jürgen Scheller (Institut für Biochemie und Molekularbiologie II) und Prof. Dr. Bodo Levkau (Institut für Molekulare Medizin III) in präklinischen Experimenten gezeigt werden, dass MYDGF für die Leberregeneration notwendig ist. In Gewebekulturen bestätigte sich, dass der Wachstumsfaktor die Vermehrung menschlicher Leberzellen anregt.

Prof. Lammert, Korrespondenzautor der Studie: „Von der Entdeckung des Wachstumsfaktors erwarten wir, dass Lebergewebe zukünftig besser regeneriert, wenn MYDGF gezielt zugeführt wird. Ebenfalls erhoffen wir uns, dass das Gewebe künstlich hergestellt werden kann.“

Die Forschungsarbeit wurde unter anderem durch das Bundesgesundheitsministerium, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert.


Originalpublikation:

Linda Große-Segerath, Paula Follert, Kristina Behnke, Julia Ettich, Tobias Buschmann, Philip Kirschner, Sonja Hartwig, Stefan Lehr, Mortimer Korf-Klingebiel, Daniel Eberhard, Nadja Lehwald-Tywuschik, Hadi Al-Hasani, Wolfram Trudo Knoefel, Stefan Heinrich, Bodo Levkau, Kai C. Wollert, Jürgen Scheller & Eckhard Lammert, Identification of myeloid-derived growth factor as a mechanically-induced, growth-promoting angiocrine signal for human hepatocytes, Nature Communications (2024).

DOI: 10.1038/s41467-024-44760-y


Weitere Informationen:

https://www.nature.com/articles/s41586-018-0522-3


Bilder

Prof. Dr. Eckhard Lammert zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen Paula Follert (l.) und Dr. Linda Große-Segerath am Institut für Stoffwechselphysiologie. Sie zeigen auf die Leber, ein lebensnotwendiges Organ des Menschen.

Prof. Dr. Eckhard Lammert zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen Paula Follert (l.) und Dr. Linda Groß

HHU / Esther Hedderich

Mikroskopische Aufnahmen sogenannter humaner Organoide mit Leberzellen, die sich mit Hilfe des identifizierten Wachstumsfaktors MYDGF besser vermehren lassen.

Mikroskopische Aufnahmen sogenannter humaner Organoide mit Leberzellen, die sich mit Hilfe des ident

HHU / Linda Große-Segerath und Paula Follert


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW