Dreifachtherapie führt zu langanhaltender Verbesserung bei Mukoviszidose



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07.07.2023 08:42

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Dreifachtherapie führt zu langanhaltender Verbesserung bei Mukoviszidose

Der Schleim in den Atemwegen ist weniger zäh, die Entzündung in der Lunge geht deutlich zurück: Diese positiven und langanhaltenden Effekte kann eine Dreifachtherapie bei Patient:innen mit Mukoviszidose erzielen. Das belegen Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max Delbrück Center jetzt in der Fachzeitschrift European Respiratory Journal*. Die Medikation lindert demnach die Lungenerkrankung bei vielen Betroffenen.

Bereits vor zwei Jahren zeigte eine Forschungsgruppe unter Leitung der Charité, dass die Kombinationstherapie mit den drei Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor für einen großen Teil der Patient:innen mit der Erbkrankheit Mukoviszidose wirksam ist, also die Lungenfunktion und Lebensqualität spürbar verbessert. Jetzt hat das Team um Prof. Dr. Marcus Mall, damaliger und aktueller Studienleiter, erstmals untersucht, inwiefern diese Therapie auch langfristig, das heißt über mindestens zwölf Monate hinweg, hilft. Dafür haben die Forschenden das Sputum, das Atemwegssekret, genauer betrachtet. „Bei Patient:innen mit Mukoviszidose ist der Schleim in den Atemwegen sehr zäh, weil er zu wenig Wasser enthält und die schleimbildenden Moleküle, die sogenannten Muzine, zu stark chemisch miteinander verklebt sind. Der daraus resultierende zähe Schleim verstopft die Atemwege, erschwert damit die Atmung und führt bei den Betroffenen zu einer chronischen bakteriellen Infektion und Entzündung der Lunge“, erklärt Prof. Mall, Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin und des Christiane Herzog Mukoviszidose-Zentrums der Charité.

Die Wissenschaftler:innen zeigen in der aktuellen Studie, dass die Dreifachtherapie mit Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor bei Patient:innen mit Mukoviszidose, auch Cystische Fibrose genannt, dafür sorgt, dass das Atemwegssekret weniger zäh ist und die Entzündung und die bakterielle Infektion in der Lunge abnehmen. „Und das über die gesamte Dauer der Studie von einem Jahr. Das ist deshalb so bedeutsam, weil frühere Medikationen wieder zu einem Anstieg der Bakterienlast in den Atemwegen geführt hatten“, erläutert Dr. Simon Gräber, ebenfalls von der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin der Charité und Co-Leiter der Studie. An dieser nahmen 79 Jugendliche und Erwachsene mit Mukoviszidose und einer chronischen Lungenerkrankung teil.

Erfolg für die Behandlung von Mukoviszidose, weitere Forschung wichtig

„Das ist ein toller Erfolg für die Behandlung der Cystischen Fibrose“, sagt Prof. Mall. „Gleichwohl können wir noch nicht von einer Normalisierung oder gar Heilung der Patient:innen sprechen. Chronische, über viele Jahre der Erkrankung entstandene Lungenveränderungen lassen sich leider nicht rückgängig machen.“ Für Betroffene mit einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung bleiben deshalb etablierte Behandlungsansätze mit Inhalationen von schleimlösenden Medikamenten und Antibiotika sowie Physiotherapie wichtig.

„Wir werden weiterhin intensiv daran forschen, wie Therapien, die Mukoviszidose über die krankheitsverursachenden molekularen Defekte angreifen – wie die jetzt untersuchte Dreifachmedikation – noch effektiver werden können. Hierzu gehört insbesondere ein früher Therapiebeginn im Kleinkindalter mit dem Ziel, chronische Lungenveränderungen möglichst zu verhindern“, berichtet Prof. Mall. „Außerdem steht diese Therapie für rund zehn Prozent unserer Patient:innen aufgrund ihrer genetischen Voraussetzungen aktuell nicht zur Verfügung“, ergänzt Dr. Gräber. „Daher forschen wir auch mit Hochdruck an neuen molekularen Therapieansätzen, um alle Menschen mit Mukoviszidose effektiv behandeln zu können.“

Zudem arbeiten die Wissenschaftler:innen daran, die Fehlfunktion des Schleims bei Mukoviszidose besser zu verstehen und neue schleimlösende Wirkstoffe zu entwickeln. Davon könnten dann ebenfalls Patient:innen mit häufigen chronisch-entzündlichen Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD profitieren.

Mukoviszidose
Mukoviszidose oder Cystische Fibrose ist eine der häufigsten tödlich verlaufenden Erbkrankheiten weltweit. In Deutschland sind bis zu 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene davon betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse schädigt. Das führt zu einem fortschreitenden Verlust der Lungenfunktion und Atemnot, was die Lebenserwartung trotz verbesserter Behandlungsansätze noch immer deutlich senkt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.

Über die Dreifachtherapie
Seit August 2020 ist in Europa eine Kombination aus den drei Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor erhältlich, die die Lungenfunktion und Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit dem häufigsten Gendefekt F508del spürbar verbessert. Die Therapie kommt damit für knapp 90 Prozent der Mukoviszidose-Betroffenen infrage. Seit Anfang 2022 kann die Dreifachtherapie schon bei Kindern ab sechs Jahren eingesetzt werden.

Über die Studie
Die Arbeit ist in Kooperation mit Wissenschaftler:innen des Max Delbrück Center sowie im Rahmen des Sonderforschungsbereiches „Dynamic Hydrogels at Biointerfaces“ (SFB 1449) entstanden. Prof. Mall ist stellvertretender Sprecher dieses SFBs. Zudem ist er Einstein-Professor und leitet die Mukoviszidose-Forschung im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL).

*Schaupp et al. Longitudinal Effects of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor on Sputum Viscoelastic Properties, Airway Infection and Inflammation in Patients with Cystic Fibrosis. European Respiratory Journal (2023). doi: 10.1183/13993003.02153-2022


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Marcus Mall
Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Tel. +49 30 450 566 131
E-Mail: marcus.mall@charite.de


Originalpublikation:

https://erj.ersjournals.com/content/early/2023/05/25/13993003.02153-2022

Schaupp et al. Longitudinal Effects of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor on Sputum Viscoelastic Properties, Airway Infection and Inflammation in Patients with Cystic Fibrosis. European Respiratory Journal (2023). doi: 10.1183/13993003.02153-2022


Weitere Informationen:

https://www.charite-ppi.de/
https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/bessere_mukoviszi…
https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/mukoviszidose_bet…
https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/mukoviszidose_imm…
https://www.sfb1449.de/


Bilder

Die Dreifachtherapie mit den Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor sorgt dafür, dass der Atemwegsschleim bei Mukoviszidose (grün in Abb. oben) weniger zäh ist.

Die Dreifachtherapie mit den Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor sorgt dafür, dass der
Laura Schaupp
Charité


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW