Erinnerung an eigene Fähigkeiten stärkt die Resilienz



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09.03.2021 09:13

Erinnerung an eigene Fähigkeiten stärkt die Resilienz

Erinnerungen an persönliche Herausforderungen, die man selbst bewältigen konnte, helfen bei der Verarbeitung schlechter Erfahrungen. Diesen Befund bestätigt eine Studie der Uni-versität Zürich. Ein Erinnerungstraining an die eigene Selbstwirksamkeit könnte somit auch in der derzeitigen Corona-Pandemie nützlich sein.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Derzeit erleben viele Menschen vor allem die Unvorhersagbarkeit der Auswirkungen der Corona-Pandemie als besonders herausfordernd. Nicht alle können mit der Unplanbarkeit der Ereignisse und dem einhergehenden Kontrollverlust gleich gut umgehen. Aus der Forschung weiss man, dass in Zeiten von Stress und potentiell traumatischen Ereignissen ein Grossteil der Menschen resilient, also widerstandsfähig ist, während andere stressabhängige Erkrankungen entwickeln. Was bei der einen an die Substanz geht, lässt den anderen scheinbar aktiv und kreativ werden.

Die unterschiedlich ausgeprägte Resilienz ist ein Indikator dafür, dass Menschen sich unter-schiedlich schnell von belastenden Ereignissen erholen. Dabei spielen psychosoziale Faktoren wie positive Emotionalität, Optimismus, die Fähigkeit zur Selbstregulation, soziale Kompetenz oder Problemlösungskompetenzen und soziale Unterstützung eine Rolle. Ein Team des Psycho-logischen Instituts und der Psychiatrischen Universitätsklinik hat nun gemeinsam mit Kollegen aus New York untersucht, wie sich die psychische Widerstandskraft in negativen Situationen stärken lässt.

Wichtige Überzeugung der eigenen Selbstwirksamkeit

«Ein zentrales Element der Resilienz ist die Selbstwirksamkeit – also der Glaube, dass wir Dinge wenigstens im Kleinen beeinflussen können, auch wenn manches unveränderbar ist», sagt UZH-Psychologieprofessorin Birgit Kleim. Eine selbstwirksame Person ist überzeugt, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Dabei ist es unerheblich, ob jemand tatsächlich dazu in der Lage ist oder nicht. «Ohne diese Überzeu-gung an die eigenen Fähigkeiten würde man Herausforderungen gar nicht annehmen», so die Studienleiterin. Selbstwirksame Menschen zeigten höhere Problemlösungsfähigkeit, mehr Durch-haltevermögen sowie veränderte Gehirnaktivierungen in Regionen, die mit der Regulation von Emotionen in Verbindung stehen.

Wie kann also die Selbstwirksamkeit gefördert werden, um diese positiven Effekte in Zeiten von Corona zu nutzen? In ihrer Studie untersuchten die Forschenden 75 Personen, die unter einer negativen emotionalen Erinnerung litten. Bevor sie sich dieses negative Erlebnis in Erinnerung riefen und es neubewerteten, sollten die einen Probandinnen und Probanden sich intensiv vor dem inneren Auge ein positives Ereignis wie etwa ein besonders schönes Naturerlebnis oder eine freudvolle Begegnung vorstellen. Die anderen sollten ein Ereignis wieder aufleben lassen, in der sie sich in hohem Masse als selbstwirksam wahrgenommen hatten wie zum Beispiel ein erfolgrei-ches Gespräch, das Bestehen einer schwierigen Prüfung oder das Halten eines Vortrags. Oft-mals reichte bereits ein einmaliges Training, um einen positiven Effekt zu erzielen.

Starke Effekte bei der Selbstwirksamkeit

«Die Erinnerung an eine spezifische Episode von Selbstwirksamkeit hatte sehr viel mehr Effekte als die Erinnerung an ein positives Ereignis», fasst Birgit Kleim die Studienergebnisse zusammen. Personen, die sich eine Selbstwirksamkeitserinnerung lebhaft vorgestellt hatten, fiel es leichter, eine negative Situation neu zu bewerten und aus einer anderen Perspektive zu sehen. Sie nah-men die negative Erinnerung als weniger belastend wahr im Vergleich zu den Probandinnen und Probanden, die sich eine positive Erinnerung ohne eigene Selbstwirksamkeit vorgestellt hatten.

«Unsere Studienergebnisse zeigen auf, wie die Vorstellung von autobiographischen Erlebnissen mit eigener Selbstwirksamkeit im Alltag und auch in der klinischen Therapie genutzt werden kann, um die persönliche Resilienz zu stärken», erklären die Forschenden. In Krisensituationen könnten Erinnerungen an erfolgreich durchlebte schwierige Situationen gezielt eingesetzt werden. Auch im Kontext der Corona-Pandemie kann dies ein Schutzschild gegen die negativen Effekte der Pandemie darstellen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Kontakte:
Prof. Dr. Birgit Kleim
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Psychologisches Institut
Universität Zürich
Tel. +41 44 384 23 51
E-Mail: b.kleim@psychologie.uzh.ch


Originalpublikation:

Christina Paersch, Ava Schulz, Frank H. Wilhelm, Adam D. Brown and Birgit Kleim. Recalling Autobiographical Self-Efficacy Episodes Boosts Reappraisal-Effects on Negative Emotional Memories. Emotion, 25. Februar 2021. Doi: 10.1037/emo0000949


Weitere Informationen:

https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2021/Resilienz.html


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Medizin, Pädagogik / Bildung, Philosophie / Ethik, Psychologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW