Männliche Mäuse haben nach ausgeheilter Virusinfektion anhaltende Konzentrationsstörungen



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15.05.2023 11:48

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Männliche Mäuse haben nach ausgeheilter Virusinfektion anhaltende Konzentrationsstörungen

Freiburger Forscher*innen finden bei männlichen und weiblichen Mäusen Unterschiede in der Virus-Immunantwort / Sie zeigen, wie die Immunantwort im Gehirn zu Verhaltens- und Konzentrationsstörungen führt / Publikation in Nature Communications

Forscher*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg haben gezeigt, dass männliche Mäuse nach einer frühen, ausgeheilten Virusinfektion langanhaltende Konzentrations- und Sozialverhaltensstörungen aufweisen. Weibliche Mäuse hingegen zeigten diese neuropsychologischen Veränderungen nicht. Die Ergebnisse der Studie haben die Forscher*innen am 11. Mai 2023 in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Die Wissenschaftler*innen des Instituts für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg konnten die verursachenden Mechanismen der neuropsychologischen Störungen entschlüsseln. So ließen sich bei männlichen Mäusen vermehrt T-Zellen im Gehirn nachweisen. Zudem konnte beobachtet werden, wie Makrophagen, auch als Fresszellen bezeichnet, im Gehirn verstärkt dendritische Dornfortsätze von Nervenzellen abbauen. Diese Fortsätze spielen beim Lernen eine wichtige Rolle. Die molekularen Veränderungen und neuropsychologischen Auffälligkeiten ließen sich nicht nur bei einer echten Virusinfektion nachweisen. Auch bei einer medikamentösen Nachahmung einer Virusinfektion traten die langanhaltenden Konzentrations- und Verhaltensstörungen nur bei männlichen Mäusen auf.

Botenstoff als treibende Kraft

Der akute Krankheitsverlauf nach Virusexposition schien bei beiden Geschlechtern zunächst ähnlich, nicht aber für den Botenstoff Interferon Gamma, der eine immunstimulierende Wirkung hat. „Während sich die Spiegel zahlreicher Botenstoffe in der Milz und im Gehirn weiblicher und männlicher Mäuse nicht unterschieden, ließen sich nach der frühen Immunstimulation bei männlichen Mäusen höhere Werte für Interferon-Gamma nachweisen“, erklärt Dr. Marius Schwabenland, Erstautor der Studie und Fellow im IMM-PACT-Clinician Scientist-Programm der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg.

In weiteren Experimenten konnten die Forscher*innen nachweisen, dass es sich bei Interferon-Gamma um die treibende Kraft der vorgefundenen Veränderungen handelt. Durch spezifische Antikörper, welche den Botenstoff Interferon-Gamma neutralisieren, ließen sich die zellulären und molekularen Veränderungen sowie letztendlich die langanhaltenden Konzentrations- und Sozialverhaltensauffälligkeiten vollständig verhindern.

„Der biologische Sinn hinter diesen geschlechtsspezifischen Unterschieden ist uns bisher nicht bekannt“, erläutert Privatdozent Dr. Thomas Blank, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Neuropathologie und Letztautor der Studie. „Dennoch sind unsere Erkenntnisse und die Tatsache, dass sich das männliche und weibliche Immunsystem offenbar unterscheiden, sicherlich zukünftig in der Klinik von Bedeutung. Diese Erkenntnisse könnten unter anderem bedeutend werden, wenn es um das Ansprechen von Immuntherapien bei Männern und Frauen geht“, erläutert Blank.

Weitere Studien angedacht

„Langanhaltende Konzentrationsstörungen nach einer ausgeheilten Virusinfektion lassen sich auch beim so genannten Long-COVID-Syndrom infolge einer Infektion mit SARS-CoV-2 beobachten. Inwieweit die festgestellten Mechanismen im Mausmodell die Veränderungen bei Long-COVID erklären könnten, muss in weiteren Studien untersucht werden“, erklärt Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie.

Prof. Dr. Robert Thimme, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg und Sprecher des IMM-PACT-Clinician Scientist-Programms, lobt die enge Verzahnung zwischen Grundlagenforschung und Patient*innenversorgung. „Unser Qualifizierungsprogramm bietet jungen Mediziner*innen optimale Voraussetzungen für die Kombination einer wissenschaftlichen und klinischen Laufbahn. Die in den Forschungsprojekten gewonnenen Erkenntnisse werden zu verbesserten Behandlungsstrategien immunvermittelter Erkrankungen beitragen.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. Thomas Blank
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Freiburg
Tel.: 0761 270-63105
thomas.blank@uniklinik-freiburg.de

Dr. Marius Schwabenland
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Freiburg
Tel.: 0761 270-50640
marius.schwabenland@uniklinik-freiburg.de


Originalpublikation:

Originaltitel der Studie: Neonatal immune challenge poses a sex-specific risk for epigenetic microglial reprogramming and behavioral impairment

DOI: 10.1038/s41467-023-38373-0

Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s41467-023-38373-0


Bilder

Dr. Marius Schwabenland (links) und Privatdozent Dr. Thomas Blank (rechts) konnten in ihrer Studie zeigen, dass eine frühe Immunstimulation geschlechtsspezifisch mit langanhaltenden Konzentrations- und Sozialverhaltensstörungen einhergehen kann.

Dr. Marius Schwabenland (links) und Privatdozent Dr. Thomas Blank (rechts) konnten in ihrer Studie z

Universitätsklinikum Freiburg

Ein verstärkter Abbau dendritischer Dornfortsätze von Nervenzellen (türkis) durch spinnenförmige Mikrogliazellen (pink) lässt sich im Gehirn männlicher Mäuse nach Immunstimulation beobachten.

Ein verstärkter Abbau dendritischer Dornfortsätze von Nervenzellen (türkis) durch spinnenförmige Mik

Universitätsklinikum Freiburg


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW