Erstmalige molekulare Beobachtung des Abbaus der Ribosomen-Untereinheit 30S



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08.02.2024 10:10

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Erstmalige molekulare Beobachtung des Abbaus der Ribosomen-Untereinheit 30S

Einem Forschungsteam aus dem Fachbereich Chemie der Universität Hamburg ist es erstmalig gelungen, den dynamischen Mechanismus auf molekularer Ebene zu entschlüsseln, mit dem die Ribosomen-Untereinheit 30S durch das Enzym RNAse R abgebaut wird. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.

Die Proteinsynthese ist ein überlebenswichtiger und energieaufwändiger Prozess in der Zelle, bei dem Ribosomen eine entscheidende Rolle spielen. Diese vergleichsweise großen Moleküle kommen in den Zellen von Pflanzen, Tieren, Menschen sowie Bakterien vor und stellen als „Proteinfabriken“ der Zelle Eiweißverbindungen her. Hierfür lesen die Ribosomen auf einem Botenmolekül – der messenger RNA (mRNA) – den Bauplan für ein bestimmtes Protein ab und setzen diese Informationen anschließend in neue Eiweiße um. Die Ribosomen bestehen aus zwei Untereinheiten. Die kleine Untereinheit ist für das Ablesen und die Kontrolle der mRNA auf Fehler zuständig, während die große Untereinheit für die Bildung von Proteinen verantwortlich ist.

Für die Proteinsynthese ist eine kontrollierte Produktion und der kontrollierte Umsatz von Ribosomen erforderlich. Während in den vergangenen Jahren die Bildung von Ribosomen immer besser verstanden wurde, fehlte es bisher an strukturellen Erkenntnissen über den Abbau von Ribosomen. Dieser ist wichtig, denn bei Stresssituationen wie Nahrungsmangel fahren Zellen ihren Stoffwechsel herunter, um länger überleben zu können. Diesen Zustand nennt man stationäre Phase. Dabei wird die energieaufwendige Proteinsynthese reduziert und die Ribosomen abgebaut, um die dort hineingesteckte Energie wieder freizusetzen und so für ein längeres Überleben der Zelle zu sorgen.

Für ihre Untersuchungen studierten die Forschenden Bacillus subtilis, ein stäbchenförmiges Bodenbakterium, das in Luft, Staub und Wasser sowie im Darm von Menschen und Tieren anzutreffen ist. „Im Gegensatz zu früheren Studien, haben wir Zellen genommen, die noch wuchsen und nicht in der stationären Phase waren. Wir wollten wissen, welche Vorgänge am Übergang zur stationären Phase passieren,“ sagt Dr. Helge Paternoga vom Fachbereich Chemie der Universität Hamburg, Letztautor der Studie.

Aus früheren Arbeiten wussten die Forschenden, dass bestimmte Enzyme, wie Ribonuclease R (RNase R), an dem Abbauprozess von Ribosomen in Stresssituationen beteiligt sind. Mithilfe der Cryo-Elektronenmikroskopie konnten sie erstmalig die Bindung des Enzyms RNase R an die kleine Ribosomen-Untereinheit 30S zeigen. Das „S“ steht dabei für ‚Svedberg-Einheiten‘ und bezeichnet die Masse der Ribosomen-Untereinheit. Die RNAse R zerschneidet dabei nicht willkürlich die Untereinheit 30S, sondern lagert sich an eine freie Stelle an, die die Forschenden „Hals“ nennen und löst dann in zwei unterschiedlichen Stadien bzw. Umstrukturierungsprozessen den „Kopf“, also den oberen Bereich der Untereinheit heraus. „Im ersten Stadium stößt das Enzym RNase R dabei am ‚Hals‘ auf ein Hindernis und destabilisiert daraufhin den Halsbereich, wodurch dieser flexibler wird. Im zweiten Stadium wird der ‚Kopf‘ gedreht, womit das Hindernis beseitigt ist und das Enzym den Abbauprozess der Untereinheit 30S ungehindert fortsetzen kann“, erklärt Paternoga.

„Unsere in-vitro-Abbauversuche deuten darauf hin, dass die Kopfumstellung eine bedeutende kinetische Barriere für die RNase R darstellt. Dennoch konnten wir zeigen, dass das Enzym allein ausreicht, um den vollständigen 30S-Abbau zu bewerkstelligen,“ sagt Prof. Dr. Daniel Wilson, Leiter der Arbeitsgruppe am Fachbereich Chemie der Universität Hamburg und Co-Autor der Studie.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Helge Paternoga
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich Chemie
Tel.: +49 40 42838-9117
E-Mail: helge.paternoga@uni-hamburg.de

Prof. Dr. Daniel N. Wilson
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich Chemie
Tel.: +49 40 42838-2841
E-Mail: daniel.wilson@uni-hamburg.de


Originalpublikation:

Structural basis of ribosomal 30S subunit degradation by RNase R,
L. Dimitrova-Paternoga, S. Kasvandik, B. Beckert, S. Granneman, T. Tenson, D. N. Wilson, and H. Paternoga,
Nature (2024).
DOI: https://www.nature.com/articles/s41586-024-07027-6


Weitere Informationen:

https://www.min.uni-hamburg.de/ueber-die-fakultaet/aktuelles/2024/0207-abbau-rib…


Bilder

Abbau der Ribosomen-Untereinheit 30S

Abbau der Ribosomen-Untereinheit 30S
UHH/MIN/Paternoga
UHH/MIN/Paternoga


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW