Mutierende Hepatitis-Viren erschweren Behandlung mit Medikamenten



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23.01.2024 10:01

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Mutierende Hepatitis-Viren erschweren Behandlung mit Medikamenten

Hepatitis E betrifft weltweit über 20 Millionen Menschen. Bei den meisten heilt sie folgenlos aus, kann aber für schwangere Frauen und immungeschwächte Menschen gefährlich werden. Spezifische Wirkstoffe gegen das Virus gibt es nicht. Forschende der Ruhr-Universität Bochum und der Medizinischen Hochschule Hannover haben unter einer Kombinationstherapie mit dem antiviralen Wirkstoff Ribavirin und dem gegen Hepatitis C entwickelten Sofosbuvir die Evolution des Virus in zwei chronisch infizierten Patienten genau verfolgt. Sie konnten Varianten ausmachen, die zur Resistenz führen.

Die Erkenntnisse können helfen, bessere Wirkstoffe zu entwickeln. Das Team berichtet in der Fachzeitschrift JHep Reports vom 2. Januar 2024.

Wie sich das Virus im Körper verändert

Das Studienteam verfolgte zwei Patienten mit chronischer Hepatitis E, die zuvor nicht auf Ribavirin angesprochen hatten, und die dann mit einer Kombination aus Sofosbuvir und Ribavirin behandelt wurden. „Die Kombinationstherapie wirkte in beiden Fällen besser als die Behandlung mit nur einem Wirkstoff“, berichtet Dr. André Gömer von der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität Bochum. „Bei beiden Patienten sank die virale RNA im Blut und Stuhl zunächst fast bis zur Nachweisgrenze ab.“ Diese Beobachtung stehe in Einklang mit Erfahrungen aus der Behandlung anderer Viruserkrankungen wie etwa HIV, das ebenfalls mit Kombinationen einzelner Wirkstoffe behandelt wird.

Studie ebnet den Weg zur nächsten Wirkstoffgeneration

Später war jedoch wieder mehr Hepatitis-E-Virus (HEV) nachweisbar, da resistente Varianten auftraten. Speziell die Varianten namens A1343V und G1634R erwiesen sich als resistent gegen die Kombinationstherapie. „Die Viruslast bewegte sich bei beiden Patienten aber auf geringem Niveau, und die Infektion heilte bei einem von beiden im Verlauf mehrerer Monate ganz aus“, berichtet Dr. Katja Dinkelborg, Klinikerin und Forscherin aus Hannover. „Auch der zweite Patient konnte nach erneuter kurzer Ribavirin-Therapie ausheilen, sodass bei schwerwiegenden Verläufen einer chronischen Hepatitis E nach gescheiterter Ribavirin-Monotherapie eine Kombinationstherapie mit Sofosbuvir in Betracht gezogen werden sollte.“

Dennoch weist das Forschungsteam darauf hin, dass Hepatitis E wegen des Mangels an spezifisch wirksamen Medikamenten weiterhin ein schwerwiegendes globales Gesundheitsproblem bleibt. „Auch wenn Medikamente wie Ribavirin, Interferon und Sofosbuvir Potenzial gezeigt haben, stellt das schnelle Auftreten resistenter Varianten erhebliche Herausforderungen dar“, so das Fazit von Prof. Dr. Benjamin Maasoumy, leitender Oberarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Die aktuelle Studie beleuchtet nicht nur die Wirksamkeit und Grenzen der aktuellen Behandlung, sondern bietet auch wertvolle Einblicke in die evolutionären Dynamiken von HEV und ebnet damit den Weg für die nächste Generation von antiviralen Behandlungen.

Hepatitis E

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Rund 70.000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forschende sich intensiv des Themas annahmen. Akute Infektionen heilen bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Betroffenen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-Infizierten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert durch das Ministerium für Bildung und Forschung (Projekt VirBio, 01KI2106, Projekt SILVIR, 16GW0202, Projekt HepEDiaSeq 01EK2106 A/B), das Bundesgesundheitsministerium (ZMVI1-2518FSB705), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (398066876-GRK 2485/1) sowie das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Daniel Todt, Dr. André Gömer
Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 23183
E-Mail: andre.goemer@ruhr-uni-bochum.de, daniel.todt@ruhr-uni-bochum.de

Prof. Dr. Benjamin Maasoumy, Dr. Katja Dinkelborg
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie
Medizinische Hochschule Hannover
Tel.: +49 511 532 6529
E-Mail: maasoumy.benjamin@mh-hannover.de, dinkelborg.katja@mh-hannover.de


Originalpublikation:

André Gömer, Katja Dinkelborg et al.: Dynamic Evolution of the Sofosbuvir-associated Variant A1343V in HEV-infected Patients Under Concomitant Sofosbuvir-Ribavirin Treatment, in: JHep Reports, 2024, DOI: 10.1016/j.jhepr.2023.100989, https://www.jhep-reports.eu/article/S2589-5559(23)00320-8/fulltext#secsectitle01…


Bilder

Daniel Todt, André Gömer, Eike Steinmann (hinten von links), Michelle Jagst (vorn links) und Mara Klöhn aus der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität

Daniel Todt, André Gömer, Eike Steinmann (hinten von links), Michelle Jagst (vorn links) und Mara K

© RUB, Marquard


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW