Menschen haben wenig Vertrauen beim Austausch von Genom-Daten



Teilen: 

18.09.2020 07:45

Menschen haben wenig Vertrauen beim Austausch von Genom-Daten

Zukunft der Genomforschung in Gefahr

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Menschen haben nach wie vor wenig Vertrauen in den für die Genomforschung nötigen Datenaustausch. Das belegt die bislang größte Umfrage zum Thema, die von der Cambridge University u.a. in Zusammenarbeit mit der Politikwissenschafterin Barbara Prainsack von der Universität Wien durchgeführt wurde: Weniger als die Hälfte der Befragten möchte ihre genetischen Informationen für mehr als einen Zweck verwendet wissen. Die Studie erscheint aktuell im renommierten American Journal of Human Genetics.

Um die Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber der Genomforschung und der gemeinsamen Nutzung von Daten zu ermitteln, haben Forscher*innen der Forschungsgruppe „Gesellschaft und Ethik“ insgesamt 36.268 Menschen in 22 Ländern und insgesamt 15 Sprachen befragt.

Insgesamt gaben etwa zwei von drei Befragten an, dass sie mit dem Themenbereich der Genetik und Genomik nicht vertraut sind. Während 52 Prozent der Befragten sagten, sie seien bereit, Ärzt*innen anonym ihre DNA und medizinische Informationen zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen, wäre nur eine/r von drei Befragten bereit, diese Daten gewinnorientierten Unternehmen wie etwa Pharmafirmen zur Verfügung zu stellen.

Was die Nutzung persönlicher genetischer und gesundheitsbezogener Daten betrifft zeigt die Umfrage eine große Diskrepanz im Vertrauen, das Menschen gegenüber medizinischen Fachleuten einerseits und Forscher*innen in gewinnorientierten Institutionen andererseits brauchen. Gerade auch weil die Zusammenarbeit zwischen gemeinnützigen Organisationen und profitorientierten Firmen in vielen Ländern sehr üblich ist, ist dies ein Problem, das gelöst werden muss. Der Nutzen der Genomforschung kann sich nur dann entfalten, wenn Daten allen Forscher*innen offenstehen.

Neben diesen allgemeinen Trends hat die großangelegte Studie aber auch nationale Unterschiede gezeigt. Weniger als 30% der Befragten in Deutschland, Polen, Russland und Ägypten gaben an, dass sie mehr als einer Art von Forschungsorganisationen vertrauen, während dies in China, Indien, Großbritannien und Pakistan über die Hälfte der Befragten taten. In einigen Ländern – vor allem in Indien, aber in geringerem Maße auch in den USA, China und Pakistan – ist die Unterscheidung zwischen gemeinnütziger und gewinnorientierter Forschung weniger deutlich und die Notwendigkeit, Daten mit gewinnorientierten Organisationen auszutauschen, wird stärker akzeptiert.

„Die Studie macht deutlich, wie wenig Menschen mit der Genomforschung vertraut sind, und wie gering die Bereitschaft ist, sich daran zu beteiligen. Dieses mangelnde Vertrauen in die Art und Weise, in der Daten (auch grenzüberschreitend) geteilt werden, könnte die Genomforschung erheblich behindern. Denn diese ist darauf angewiesen, dass Kliniker*innen und auch sowohl gemeinnützige und gewinnorientierte Forschung weltweit genetische Daten miteinander teilen können”, sagt Anna Middleton, die Leiterin der Forschungsgruppe „Gesellschaft und Ethik“ und Hauptautorin der Studie.

Barbara Prainsack, Mitautorin des Papiers und Leiterin des deutschsprachigen Teils der Studie, fügt hinzu: „Es geht nicht nur darum, das Vertrauen der Bevölkerung zu erhöhen. Es geht darum, sicherzustellen, dass Forschungsinstitutionen Daten auf vertrauenswürdige Weise verwenden und teilen, und dass selbst bei gewinnorientierter Forschung ein Teil des Profits zurück in die Hände der Allgemeinheit gelangt.“

Barbara Prainsack arbeitet derzeit auch zusammen mit Christiane Druml von der Medizinischen Universität Wien in einem gemeinsamen Projekt mit dem Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases an der Frage, wie genetische Information am besten an Patient*innen kommuniziert werden können.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Wissenschaftlicher Kontakt
Univ. Prof. Dr. Barbara Prainsack
Institut für Politikwissenschaft
Universität Wien
M +43-650-9259723
barbara.prainsack@univie.ac.at

Rückfragehinweis
Mag. Alexandra Frey
Pressebüro und stv. Pressesprecherin
Universität Wien
1010 – Wien, Universitätsring 1
T +43-1-4277-175 33
M +43-664-60277-175 33
alexandra.frey@univie.ac.at


Originalpublikation:

Publikation in “American Journal of Human Genetics”:
Middleton A., Milne R. and Almarri M.A. et al. (2020). Global public perceptions of genomic data sharing: what shapes the willingness to donate DNA and health data? American Journal of Human Genetics.
https://www.cell.com/ajhg/fulltext/S0002-9297(20)30292-5


Weitere Informationen:

https://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW