Erinnerungen an den Krebs



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17.02.2023 13:47

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Erinnerungen an den Krebs

UR-Studie wertet die Langzeiterinnerungen von Darmkrebsüberlebenden aus

Dr. med. Vinzenz Völkel, Dr. phil. Patricia Lindberg-Scharf, Prof. Dr. med. Monika Klinkhammer-Schalke und das Team vom Tumorzentrum Regensburg, Zentrum für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung der Universität Regensburg, haben in einer Studie die Langzeiterinnerungen von Darmkrebsüberlebenden an ihre Krankheit und die Therapie bis zu sieben Jahre nach der Teilnahme an einer randomisierten kontrollierten klinischen Studie untersucht. Die Erkenntnisse können für Programme zur Verbesserung der patienten- und lebensqualitätsorientierten Nachsorge von Tumorpatienten genutzt werden und wurden im Fachmagazin „BMC Cancer“ veröffentlicht.

Als Folge wirksamer Behandlungsverfahren nimmt die Zahl der Langzeitüberlebenden von Darmkrebs immer mehr zu. „In Anlehnung an eine frühere Studie über Brustkrebspatientinnen war es das Ziel der Untersuchung, die Erinnerungen von Darmkrebspatientinnen und -patienten an ihre Krankheits- und Behandlungserfahrungen zu untersuchen, um Erkenntnisse zur langfristigen Verbesserung der Lebensqualität abzuleiten“, erklärt Dr. Vinzenz Völkel.
Hierfür erhielten Darmkrebs-Überlebende aus der Region im Durchschnitt 78,3 Monate nach Beginn ihrer Therapie und Teilnahme an einer randomisierten kontrollierten klinischen Studie zur postoperativen Verbesserung der Lebensqualität (RCT DIQOL) einen Fragebogen. In diesem wurden sie nach den schlimmsten Erfahrungen während der Darmkrebserkrankung, nach positiven Aspekten der Krankheit und nach Ratschlägen, die sie neu diagnostizierten Patienten geben würden, gefragt. Die Antworten der Patienten wurden in Kategorien eingeteilt und quantitativ analysiert.
Von 146 verbleibenden Überlebenden, die ursprünglich in die RCT DIQOL aufgenommen wurden, sandten 96 (66 %) den Fragebogen zurück. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Mehrheit (33 %) der Aussagen zur schlimmsten Erfahrung sich auf „psychische Belastung“ bezogen, gefolgt von „Verdauungsstörungen und Unbehagen beim Stuhlgang“ (17 %) sowie „Krebsdiagnose“ (16 %). Von den Überlebenden mit einem Stoma in der Vorgeschichte bezeichnete die Mehrheit (36 %) das „Stoma“ als ihr schlimmstes Erlebnis. Mit 45 % war die „Veränderung der Lebensprioritäten“ die häufigste positive Kategorie vor der „Unterstützung durch Ärzte/Pflegepersonal“ (25 %). 43 % der Überlebenden hielten „Kampfgeist“ für den wichtigsten Ratschlag zur Bewältigung der Krankheit.
Die Studie zeigt, dass sich die Überlebenden von Darmkrebs auch nach vielen Jahren noch deutlich an Erfahrungen aus der Zeit ihrer Erkrankung erinnern. In Anlehnung an die Ergebnisse der vorangegangenen Studie über Brustkrebsüberlebende kristallisierten sich „psychische Belastung“, „Veränderung der Lebensprioritäten“ und „Kampfgeist“ als herausragende Konzepte heraus. Darüber hinaus sind einige Aspekte wie die Auswirkungen eines Stomas für Überlebende von Darmkrebs von besonderer Bedeutung, wie Dr. Völkel erklärt: „Gerade bei fortgeschrittenen Darm-Tumoren ist die vorübergehende oder dauerhafte Anlage eines künstlichen Ausgangs manchmal unumgänglich. Umso wichtiger ist es, sich bewusst zu machen, als wie belastend ein solcher Eingriff von den Betroffenen wahrgenommen wird. Selbst nach vielen Jahren beeinflusst er die Erinnerung an die erfolgreich therapierte Krebserkrankung. Möglicherweise muss dieses Thema bereits bei der Therapieplanung ausführlicher besprochen werden, um den Patientinnen und Patienten die Angst davor zu nehmen.“
Die Erkenntnisse der UR-Studie können dazu beitragen, Kommunikations- und Behandlungskonzepte besser auf die Bedürfnisse von Patientinnen auszurichten. Dr. Völkel ist sich sicher: „Unsere Studienergebnisse geben einen einzigartigen Einblick in die Themen, die Patientinnen und Patienten langfristig beschäftigen. Wenn wir uns diese Themen von der ersten Minute der Therapieplanung an vergegenwärtigen und entsprechend proaktiv tätig werden, behandeln wir nicht nur den Tumor, sondern sichern auch die Lebensqualität, nicht nur während der Therapie, sondern auch im „Leben danach“.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. med. Vinzenz Völkel
Tumorzentrum Regensburg
Zentrum für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung der Universität Regensburg
Tel. +49 (0)941/ 943-1803 (Sekretariat)
E-Mail: Vinzenz.Voelkel@klinik.uni-regensburg.de


Originalpublikation:

Völkel, V., Steinger, B., Koller, M. et al. „Colorectal cancer survivors’ long-term recollections of their illness and therapy up to seven years after enrolment into a randomised controlled clinical trial”. BMC Cancer 23, 149 (2023).
https://doi.org/10.1186/s12885-023-10604-z


Weitere Informationen:

http://www.tumorzentrum-regensburg.de


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


 

Quelle: IDW