03.04.2020 10:49
Psychologie: Wie sich das soziale Leben und Emotionen durch das Coronavirus verändern / Forschung der Uni Hildesheim
Professor Andreas Mojzisch (Sozialpsychologie) und Professor Christina Bermeitinger (Allgemeine Psychologie) untersuchen den Einfluss des Coronavirus auf das soziale Leben sowie Verhaltensänderungen und Veränderungen von Emotionen in der Corona-Pandemie. Im Folgenden lesen Sie Details zu den zwei Studien.
STUDIE DER SOZIALPSYCHOLOGIE:
Prof. Dr. Andreas Mojzisch, Professor für Sozialpsychologie an der Universität Hildesheim, führt derzeit in Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen aus China, Italien, Südafrika, Australien, USA, UK und Kanada eine Online-Studie zum Einfluss des Coronavirus auf das soziale Leben durch. Mittlerweile haben bereits über 4.000 Probanden an der Studie teilgenommen.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Der Ausbruch des Coronavirus betrifft derzeit die weltweite Bevölkerung. Das internationale Forschungsteam möchte untersuchen, wie Menschen dieses Ereignis wahrnehmen und welchen Einfluss dieses auf ihr soziales Leben hat. Das Forschungsteam untersucht dabei insbesondere, wie sich die Bedrohung durch das neue Corona-Virus auf unsere Sozialbeziehungen auswirkt und welche Rolle es dabei spielt, wie sehr wir uns mit bestimmten Gruppen, zum Beispiel unseren Freunden oder unseren Nachbarn, identifizieren.
Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass ein Wir-Gefühl als Stresspuffer wirkt, das heißt uns dabei hilft, mit Bedrohungen besser umzugehen. Aber gilt dies auch für die Bedrohung durch das Corona-Virus und gilt dies auch für alle Kulturen? Und könnte ein hohes Wir-Gefühl unter Umständen sogar negative Effekt haben, weil man sich infolge eines hohen Wir-Gefühls weniger bedroht fühlt und die aktuelle Lage auf die leichte Schulter nimmt?
„Unsere Studie steht unter dem Motto: ‘Physically apart but socially together’. Wir sind davon überzeugt, dass eine erfolgreiche Eindämmung der Ausbreitung des neuen Corona-Virus voraussetzt, dass wir besser verstehen, wie sich die zwischenmenschlichen Beziehungen in Reaktion auf die Bedrohung durch das Virus verändern“, sagt Professor Andreas Mojzisch.
An der Studie können aktuell noch Personen teilnehmen, dies ist der Link zur Online-Befragung für das deutsche Sample:
https://ww3.unipark.de/uc/so_corona_german/
STUDIE DER ALLGEMEINEN PSYCHOLOGIE:
Prof. Dr. Christina Bermeitinger von der Forschungsgruppe Allgemeine Psychologie der Universität Hildesheim hat in Kooperation mit ihrem chinesischen Kollegen Professor Jin Zheng sowie Partnern aus den U.S.A. eine Längsschnittstudie zu Beginn der Corona-Pandemie im Zeitraum von Februar bis März 2020 durchgeführt.
„Es geht um die Frage, inwiefern Pandemie-bedingte Verhaltensänderungen und Änderungen emotionaler Reaktionen mit der Bewertung des Krisenmanagements des jeweiligen Landes zusammenhängen“, so Professor Bermeitinger. Inwieweit verändern sich das Verhalten und affektive Reaktionen im Zuge der Ausbreitung des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 und der Beurteilung des Krisenmanagements? Wie äußert sich Angst emotional, verändert sich das Verhalten?
Das Forschungsteam verbreitete die Online-Befragung mit einem Katalog von knapp 70 Fragen über soziale Medien und Messenger Apps an die lokale Bevölkerung in der Stadt Wuhan in der Provinz Hubei in der Volksrepublik China sowie in Deutschland und den U.S.A. Von den 846 Teilnehmenden haben 318 Personen die Fragen beider Befragungszeitpunkte vollständig beantwortet. Fast alle Teilnehmenden waren nicht an COVID-19 erkrankt. Sie wurden zum Beispiel gefragt, ob sie sich nervöser und ängstlicher fühlen als sonst, ob sie ihren Mund in den letzten drei Tagen mit einer Atemschutzmaske bedeckt haben und ob sie vorbeugende Maßnahmen ergriffen haben, etwa wenn sie befürchteten, dass Türgriffe und Knöpfe in den Aufzügen die neuartigen Coronaviren übertragen könnten. Außerdem wollte das Forschungsteam wissen, ob die jeweils befragte Person die Informationen durch die Gesundheitsbehörden an die Öffentlichkeit in ihrem Land als vertrauenswürdig einstufen.
„Personen aus allen drei Ländern haben über die wenigen Wochen der Erhebung ihr Verhalten bedeutsam verändert – die Personen gaben an, dass sie präventives Verhalten gesteigert haben. Eine bedeutsame Veränderung der generellen Angst konnten wir bei den teilnehmenden Personen nicht feststellen. Das Krisenmanagement in den Ländern wurde für beide Messzeitpunkte und in allen Ländern gleich gut bewertet. Es gab zudem keinerlei Zusammenhänge zwischen der Bewertung des Krisenmanagements auf der einen Seite und den Emotionen oder dem Verhalten auf der anderen Seite. Während jedoch in China über den Februar hinweg die eigene Anfälligkeit, die Emotionen anderer zu übernehmen (insbesondere bei öffentlichen Notfällen), abnahm, zeigten die Personen aus Deutschland und den U.S.A. eine erhöhte Anfälligkeit beim zweiten Erhebungszeitpunkt. Anfang Februar bestand noch keinerlei Unterschied zwischen den Ländern“, fasst Professor Bermeitinger die Ergebnisse zusammen.
Eine Teilnahme an dieser Studie ist nicht mehr möglich. Die Forschungsunterlagen sind „open access“ im Internet unter dem folgenden Link frei abrufbar:
https://osf.io/mcn6z/#!
MEDIENKONTAKT:
Universität Hildesheim
Fachbereich Erziehungs- und Sozialwissenschaften
Institut Psychologie
Prof. Dr. Christina Bermeitinger
E-Mail: bermeitinger@uni-hildesheim.de
Prof. Dr. Andreas Mojzisch
E-Mail: mojzisch@uni-hildesheim.de
oder
Universität Hildesheim
Pressesprecherin
Isa Lange
Tel: 05121.883-90100
Mobil: 0177.860.5905
E-Mail: presse@uni-hildesheim.de
Weitere Informationen:
https://www.uni-hildesheim.de/neuigkeiten/psychologie-wie-sich-das-soziale-leben… – Presseinformation der Universität Hildesheim: Forschung am Institut für Psychologie zu den Folgen des Ausbruchs des Coronavirus
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
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