Rettende Pionierarbeit

Rettende Pionierarbeit


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17.02.2020 11:30

Rettende Pionierarbeit

DHZB-Mediziner konnten einer 37-jährigen Frau mit lebensbedrohlicher Herzmuskelentzündung ein Kunstherz oder eine Transplantation ersparen – dank einer schlauchförmigen Mikropumpe direkt im Herzen. Das System – eigentlich nur für den kurzfristigen Betrieb konzipiert – unterstützte den Kreislauf über Wochen, so dass die Entzündung erfolgreich medikamentös therapiert werden konnte.

Franziska Bleis aus Teltow bei Berlin steht mitten im Leben: in einer glücklichen Partnerschaft, als Mutter einer 8-jährigen Tochter und Personalleiterin einer großen kardiologischen Praxis. „Ein grippaler Infekt, der sich ein bisschen auf die Lungen gelegt hat“, denkt sie, als sie Anfang Dezember nach einer Erkältung erste Atembeschwerden bekommt. Was sollte auch Schlimmes sein? Schließlich ist sie erst 37 Jahre alt, sportlich und kerngesund. Auch der Hausarzt bestätigt die Einschätzung seiner Patientin.

Doch am Abend des 15. Dezember wird aus den Beschwerden plötzlich Luftnot. Als biologisch-technische Assistentin und durch ihre kardiologische Praxiserfahrung weiß Franziska Bleis, dass sie nun sofort ins Krankenhaus muss.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Im Berliner Helios-Klinikum Emil von Behring stellt das Ärzteteam sofort die richtige Diagnose: Ursache der Atemnot ist nicht die Lunge, sondern eine schwere Entzündung des Herzmuskels. Noch in der Nacht verschlechtert sich der Zustand der Patientin rapide. Der EF-Wert, ein Maß für die Pumpfunktion des Herzens, liegt bei gesunden Menschen bei mindestens 55 Prozent. Bei Franziska Bleis werden noch 10 Prozent gemessen.

Über einen Katheter schieben die Ärzte deshalb eine schlauchförmige „Impella“-Pumpe von der Leiste aus direkt in Franziska Bleis‘ Herz und retten ihr damit das Leben. Dann wird sie ins Deutsche Herzzentrum Berlin verlegt.

Hier stehen die Spezialisten und ihre Patientin vor einer schwierigen Entscheidung. Denn eigentlich ist die Impella-Pumpe nur als Notfall-System für wenige Stunden zugelassen.

Als dauerhafte Lösung kämen nun eine Herztransplantation oder die Implantation einer langfristigen Kreislaufpumpe in Frage. Eine Transplantation ist wegen der langen Wartezeiten aber keine realistische Alternative und bei einer akuten Myokarditis auch nicht möglich. Für den Einsatz einer dauerhaften Kreislaufpumpe wäre eine offene Herz-OP nötig – die die Ärzte ihrer Patientin aber ersparen wollen. Denn ihres Erachtens besteht die Chance, dass sich Franziska Bleis‘ Herz wieder erholen könnte. Und diese Chance beschließen Ärzte und Patientin zu nutzen.

Oberarzt Dr. Evgenij Potapov, Leiter des Kunstherzprogramms am DHZB, implantiert nun eine neue „Impella“ in Franziska Bleis‘ Herz. Diesmal allerdings nicht über die Leiste, sondern über die Arterie an der Achsel. Vorteil dieser Variante: Die Patientin kann später einmal aufstehen und – unter ständiger intensiver Überwachung – am vorsichtigen Training ihres Herz-Kreislauf-Systems mitwirken.

Drei Wochen lang liegt Franziska Bleis auf der Intensivstation, bekommt Medikamente gegen die Entzündung. Ärzte und Pflegende sind jede Minute darauf vorbereitet, dass die Impella-Pumpe im Langzeitbetrieb versagen könnte. Doch das System hält – und sehr langsam, aber stetig, gewinnt Franziska Bleis‘ Herz seine Kraft zurück. Anfang Februar läuft sie bereits wieder mühelos über die Station, das Pump-Aggregat kann sie auf einem Rollständer neben sich herschieben. Mit jedem Tag sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die junge Frau eine dauerhafte künstliche Herzpumpe oder gar ein Spenderherz benötigt.

Auch in den aus dem Herzen über einen Herzkatheter entnommen winzigen Proben bestätigt sich eine deutliche Besserung der Entzündung. Mit diesem Wissen und verschiedenen Tests, die eine Verbesserung der Pumpleistung bestätigen, entschließen sich die Ärzte am 4. Februar, die Impella wieder zu entnehmen.

„Bisher wurde ein so langfristiger Impella-Einsatz noch nicht sehr häufig durchgeführt, deshalb bewegen wir uns auf klinisch noch unbekanntem Terrain“, sagt Oberarzt Dr. Felix Schönrath, kardiologischer Leiter des Herzinsuffizienz- und Transplantationsprogramms am DHZB: „Wir freuen uns aber sehr, dass wir mit dieser Pionierarbeit unserer Patientin so gut helfen konnten und hoffen, diesen Erfolg auch wiederholen zu können. Leider ist in vielen Fällen eine Erholung des Herzmuskels ausgeschlossen, so dass diesen Menschen auch weiterhin nur mit ‚Kunstherzen‘ oder einer Transplantation geholfen werden kann.“

Franziska Bleis konnte jetzt aus dem DHZB entlassen werden. Sie ist sich bewusst, dass ihre Erkrankung noch nicht vollständig überwunden ist, sie sich auch weiterhin schonen und häufigen Kontrollen unterziehen muss. Aber ihre Zuversicht überwiegt – und die große Vorfreude auf Zuhause.


Weitere Informationen:

https://www.dhzb.de/de/presse/news/detailansicht-meldungen/ansicht/pressedetail/… Zur Pressemitteilung
https://www.dhzb.de/de/ Zum Deutschen Herzzentrum Berlin


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW