05.09.2019 08:34
Antidiabetikum erweist sich als hochwirksames Herzinsuffizienz-Medikament
Die eigentlich zur Therapie des Typ 2-Diabetes entwickelten SGLT 2-Hemmer reduzieren kardiovaskuläre Todesfälle, Krankenhausaufnahmen wegen einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz, die Gesamtsterblichkeit und verbessern die Lebensqualität bei chronischer Herzmuskelschwäche. Dies zeigt die aktuelle DAPA HF-Studie, die während des Kongresses der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Paris vorgestellt wurde.
Düsseldorf, 5. September 2019 – Effiziente Medikamente zur Therapie der Herzinsuffizienz sind zwar mit Erfolg in den letzten Jahren entwickelt worden, dennoch blieb die Sterblichkeit und die Zahl der Krankenhausaufnahmen hoch. „Die Ergebnisse der DAPA-HF Studie sind überzeugend, werden die klinische Praxis der Therapie dieser schwer erkrankten Patienten maßgeblich verbessern und stellen einen weiteren Durchbruch in der kardiovaskulären Medizin dar“, erklärt der Studienleiter für Deutschland und DGK-Pressesprecher Prof. Dr. Michael Böhm.
Diese neuen Studiendaten lenken das Augenmerk von Kardiologen nun auf das ursprünglich für Diabetes mellitus entwickelte Medikament Dapagliflozin aus der Gruppe der SGLT 2-Hemmer. Die DAPA HF-Studie untersuchte die Wirksamkeit des Medikamentes auch bei Patienten mit Herzschwäche und verminderter Auswurfleistung, die nicht an Diabetes erkrankt sind. Bemerkenswerterweise waren die Ergebnisse bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern mit einer 26 %igen Risikoabnahme für kardiovaskulären Tod und Krankenhausaufnahmen ähnlich.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Die 4.477 Studienteilnehmer wurden randomisiert und verblindet in zwei Gruppen eingeteilt und erhielten 10 mg Dapagliflozin pro Tag oder Placebo zusätzlich zu der etablierten medikamentösen Standardtherapie.
Nach einer mittleren Nachverfolgung über anderthalb Jahre dokumentierte die Studiengruppe beeindruckende Ergebnisse. Innerhalb des Beobachtungszeitraums trat bei 16,3 % der Patienten aus der Dapagliflozin-Gruppe eine klinische Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder der Todesfall durch kardiovaskuläre Ursachen ein. In der Placebo-Gruppe hingegen waren diese Ereignisse bei 21,2 % der Patienten zu beobachten. Eine Verschlechterung der Herzschwäche wurde bei 10 % der mit Dapagliflozin behandelten Patienten festgestellt, 9,6 % starben aufgrund kardiovaskulärer Ereignisse. In der Placebo-Gruppe war dies bei 13,7 % beziehungsweise 11,5 % der Teilnehmer der Fall.
„Wir sehen hier statistisch hochsignifikante Ergebnisse in allen Subgruppen von Patienten“ beurteilt Böhm. „Dies und die Rate der Nebenwirkungen lässt darauf schließen, dass uns mit Dapagliflozin ein sehr wirksames und gut verträgliches Medikament zur Behandlung der Volkskrankheit Herzinsuffizienz zur Verfügung steht.“ Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen nahezu gleich selten auf und waren nur in wenigen Ausnahmefällen Grund für einen Therapieabbruch, wie die Studienautoren bestätigen. Eine Behandlung mit Dapagliflozin, so zeigen die Ergebnisse, verringert Krankenhausaufenthalte und Todesfälle wegen Herzinsuffizienz und verbessert zugleich die Lebensqualität der Betroffenen.
Pro Jahr werden in Deutschland mehr als 460.000 Patienten wegen Herzinsuffizienz in ein Krankenhaus eingeliefert, so häufig wie wegen keiner anderen Krankheit. Mehr als 40.000 Patienten verstarben 2016. „Das zeigt, wie wichtig die Ergebnisse der DAPA HF-Studie sind“, sagt Böhm. „Kaum ein anderes Medikament bewirkt derart überzeugende Ergebnisse wie Dapagliflozin, wenn es zusätzlich zu der Standardtherapie verabreicht wird. Eine gute Nachricht für alle Patienten mit Herzschwäche.“
In der Vergangenheit zeigten schon die EMPA-REG Outcome- und die DECLARE-Studien an Diabetikern ohne Herzinsuffizienz, dass sie von der Therapie mit dem SGLT 2-Hemmer profitieren. Bei ihnen senkte das Präparat die Rate von kardiovaskulären Todesfällen gegenüber den Studienteilnehmern, die Placebo erhielten.
Ob eine andere Substanz aus der gleichen Klasse ebenfalls wirksam ist und ob SGLT 2-Inhibitoren auch bei Patienten mit Herzschwäche und erhaltener Auswurfleistung des Herzens Wirkung zeigen, wird derzeit in laufenden Studien (EMPEROR-REDUCED, EMPEROR-PRESERVED, DELIVER und DETERMINE) untersucht.
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