07.11.2022 18:09
D·I·R Jahrbuch 2021: Nicht zu lange mit dem Kinderwunsch warten
Die Kinderwunschmedizin im Überblick aktueller Zahlen und Fakten: Für die deutsche Kinderwunschmedizin liegt jetzt mit dem Jahrbuch 2021des Deutschen IVF-Registers ein weiteres wichtiges Datenwerk vor, das detailliert Auskunft über die neusten Zahlen und Fakten zur Reproduktionsmedizin gibt. „Das aktuelle Jahrbuch des Deutschen IVF-Registers (D·I·R)® enthält Auswertungen zu 128.709 Behandlungszyklen aus 140 Mitgliedszentren für das Jahr 2021“, sagt Dr. med. Andreas Tandler-Schneider, Vorstandsmitglied im Deutsches IVF-Register e.V. (D·I·R)® und ärztlicher Leiter eines Kinderwunschzentrums in Berlin.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Aufgeschobene Kinderwünsche können die Chancen in der Reproduktionsmedizin deutlich mindern, denn das Alter der Frauen spielt eine wichtige Rolle. „Unsere Daten zeigen, dass die Kinderwunschbehandlung auch unter Nutzung von Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin zeitnah stattfinden und mit der Realisierung des Kinderwunsches nicht zu lange gewartet werden sollte“, sagt Dr. Tandler-Schneider. Damit ist aber auch verbunden, dass die Ursache für eine ungewollte Kinderlosigkeit nicht immer bei der Frau liegt, sondern in über der Hälfte der Fälle beim Mann. „Hierbei ist vor allen Dingen eine nicht ausreichende Spermaqualität zu nennen“.
Neben dem großen D·I·R Jahrbuch gibt es auch wieder eine Sonderausgabe, die sich sich an alle Paare mit einer ungewollten Kinderlosigkeit, an alle Paare, die aktuell in Kinderwunschbehandlung sind und auch allgemein an die interessierte Öffentlichkeit. In dieser Sonderausgabe haben wir die wichtigsten Eckdaten und aktuell wichtige Themen zusammengefasst und mit Erklärungen versehen.
Ab 45 Jahren nur zwei Geburten in Deutschland
Es kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass bei Frauen bis zum Alter von 32 Jahren Schwangerschaftswahrscheinlichkeiten von über 40 Prozent pro Transfer möglich sind. Aber ab dem 33. Lebensjahr sinkt die Schwangerschaftschance jedoch kontinuierlich! Ab dem 40. Lebensjahr liegt sie unter 20 Prozent und ab 45 nur noch bei 2,6 Prozent pro Embryotransfer. „Wir sehen das ebenso deutlich bei der ja viel entscheidenderen Geburtenrate, die bis 33 Jahre bei 30 Prozent liegt und ab 39 Jahren bereits unter 20 Prozent fällt“, sagt Dr. Tandler-Schneider. So kam es ab 45 Jahren nur zu zwei Geburten in ganz Deutschland. „Warten Sie nicht zu lange, die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung sind altersabhängig“, erklärt er.
Weniger Mehrlingsgeburten
Weiteren Aufschluss über die Behandlungen gibt ein Blick auf die Mehrlingsgeburten in der Kinderwunschbehandlung. Ihr Anteil bei der Kinderwunschbehandlung sinkt und das ist gewollt. „Gute Schwangerschaftsraten und niedrige Mehrlingsraten gelten als entscheidendes Kriterium guter Fortpflanzungsmedizin“, sagt Dr. Tandler-Schneider. Ziel ist (nur) ein gesundes Kind und eine gesunde Mutter. Die mit Frühgeburten verbundenen Risiken wollen die Fachleute so vermeiden. Es kam 2020 nur noch in 16,6 Prozent zur Geburt von Mehrlingen bei Frischzyklen, wovon aber über 80 Prozent Frühgeburten waren. Dr. Tandler-Schneider: „Aber auch der sinkende Mehrlingswert ist noch zu hoch“. Damit muss sich der „single embryo transfer“ weiter durchsetzen: die Mehrlingsrate bei Frischzyklen kann dann unter 5 Prozent liegen.
Einfrieren lohnt sich!
Weiterhin haben auch die Behandlungszyklen mit zuvor eingefrorenen Entitäten zugenommen. Sie liegen bei 31,5 Prozent und sind damit weiterhin steigend. „Obwohl heute besonders in diesen Auftauzyklen bereits häufig nur ein Embryo transferiert wird, sind hier die Steigerung der Schwangerschaftsraten bemerkenswert. Die Schwangerschaftsrate betrug im vergangenen Jahr 30,6 Prozent und damit fast auf dem Niveau der Frischzyklen. 2017 waren es noch 26,2 Prozent“, sagt Dr. Tandler-Schneider. Für Kinderwunschpaare kann das ein sehr wichtiges Kriterium sein. Mehrere Transfers sind dann nach nur einer Stimulation und nur einer Eizellgewinnung möglich, wenn die Möglichkeit des Einfrierens mittels Kyrokonservierung genutzt wird. „Die Zahlen zeigen, dass sich bereits nach der ersten Eizellgewinnung im Frischzyklus und (wenn später notwendig) sich zwei daraus ergebenen Auftauzyklen fast die Hälfte der Paare über die Geburt eines Kindes freuen kann, obwohl nur ein frischer Behandlungszyklus durchgeführt wurde“, beschreibt Dr. Tandler-Schneider das Vorgehen. Bisher müssen die Kinderwunschpatienten die Kosten für die Kyrokonservierung und den Auftauzyklus allerdings selbst tragen. Doch die Experten sind sich einig: „Einfrieren lohnt sich“. Mit der Datenauswertung, die Frischzyklen mit Auftauzyklen vergleicht, betragen im Jahr 2021 die Schwangerschaftsraten pro Embryotransfer im Frischzyklus 31,8 Prozent, die Schwangerschaftsraten im Auftauzyklus pro Embryotransfer 30,6 Prozent.
Mit den neuesten Zahlen und Daten zur Kinderwunschbehandlung in Deutschland liefert das Deutsche IVF-Register (D·I·R)® einen wichtigen Überblick zu den Fortschritten in der Kinderwunschbehandlung. Kontinuierlich werden dazu Behandlungsdaten der Kinderwunschzentren ausgewertet. „So traurig ein negativer Schwangerschaftstest nach einem Transfer ist – die Tatsache, dass nach vier Behandlungen zwei von drei Patientinnen schwanger sind, sollte Paaren Mut machen, für weitere Behandlungszyklen Kraft zu schöpfen“, erklärt Dr. Tandler-Schneider. Bereits seit 1997 werden die Daten zur Reproduktionsmedizin vom Deutschen IVF-Register (D·I·R)® erhoben und erfasst. In diesem Zeitraum wurden über 360.000 Kinder geboren, was der Bevölkerung von bspw. Wuppertal oder Bochum entspricht.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. med. Andreas Tandler-Schneider
Weitere Informationen:
https://www.deutsches-ivf-register.de/jahrbuch.php D·I·R Jahrbuch 2021 und D·I·R Jahrbuch Sonderausgabe 2021
Bilder
Deutsches IVF-Register (D·I·R)®: Informationen auch für betroffene Paare
Bruna Bruna
© Bruna Bruna / Pixabay, freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis nötig
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch