Dem Virus beim Scheitern zusehen



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08.12.2022 11:29

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Dem Virus beim Scheitern zusehen

Mit Hilfe eines neuen Analyseverfahren haben Empa-Forschende Viren auf ihrem Weg durch Gesichtsmasken verfolgt und ihr Scheitern an den Filterschichten verschiedener Maskentypen miteinander verglichen. Das neue Verfahren soll nun die Entwicklung von Oberflächen beschleunigen, die Viren abtöten können, wie das Team im Fachmagazin «Scientific Reports» schreibt.

Mittels Hochdruck jagt die Apparatur die rotgefärbte künstliche Speichelflüssigkeit mit Testpartikeln durch eine aufgespannte Maske. So simulieren die Forsche den Vorgang einer Tröpfcheninfektion. Das an der Empa etablierte Verfahren wird derzeit von zertifizierten Testzentren eingesetzt, um die Qualitätssicherung von textilen Gesichtsmasken zu gewährleisten, denn eine sichere Maske muss anspruchsvollen Anforderungen gerecht werden: Sie muss Keime abhalten, spritzenden Speicheltropfen standhalten und gleichzeitig die Atemluft passieren lassen.
Nun gehen die Empa-Forschenden einen Schritt weiter: «Aufnahmen mittels Transmissionselektronenmikroskop lassen erkennen, dass einigen wenigen Viruspartikeln der Weg bis in die innerste Maskenschicht nah am Gesicht gelingt. Ob diese Viren aber noch infektiös sind, verraten die Bilder nicht immer», sagt Peter Wick vom «Particles-Biology Interactions» Labor der Empa in St. Gallen. Das Ziel der Forschenden: Sie wollen herausfinden, an welcher Stelle ein Virus bei einer Tröpfcheninfektion an einer mehrschichtigen Maske scheitert, und welche Maskenbestandteile effizienter sein müssten. «Hierzu werden neue Analyseverfahren benötigt, um die Schutzfunktion neu entwickelter Technologien wie virusabtötende Beschichtungen genau verstehen zu können», so Empa-Forscher René Rossi vom «Biomimetic Membranes and Textiles» Labor in St. Gallen.
Denn genau dies ist eines der Ziele des «ReMask»-Projekts, bei dem Forschung, Industrie und Gesundheitswesen mit der Empa im Kampf gegen die Pandemie zusammenspannen, um neue Konzepte für bessere, komfortablere und nachhaltigere Gesichtsmasken zu entwickeln.

Sterbende Schönheit

Das neue Verfahren baut daher auf den Farbstoff Rhodamin R18, der farbiges Licht abstrahlt. Zum Einsatz kommen ungefährliche, inaktivierte Testviren, die an R18 gekoppelt werden und so zu sterbenden Schönheiten werden: Sie leuchten farbig auf, sobald sie beschädigt sind. «Die Fluoreszenz zeigt zuverlässig, schnell und kostengünstig an, wenn Viren abgetötet wurden», so Wick.
Anhand der Intensität, mit der eine Maskenschicht leuchtet, konnte das Team feststellen, dass bei Stoff- und Hygienemasken die meisten Viren in der mittleren Schicht zwischen Innen- und Aussenlage der Maske scheitern. Bei FFP2-Masken leuchtete die dritte von sechs Lagen am stärksten – auch hier fängt die zentral gelegene Schicht besonders viele Viren ab. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden unlängst im Fachmagazin «Scientific Reports». Diese Erkenntnisse lassen sich nun zur Optimierung von Gesichtsmasken einsetzen.
Darüber hinaus kann das neue Verfahren die Entwicklung von virusabtötenden Oberflächen beschleunigen. «Oberflächen mit antiviralen Eigenschaften müssen gewissen ISO-Normen entsprechen, was aufwändige Standardtests mit sich bringt», erläutert Wick. Das Fluoreszenz-Verfahren der Empa-Forschenden könne hingegen als Ergänzung zu den aktuell gültigen Normen einfacher, schneller und kostengünstiger ermitteln, ob eine neuartige Beschichtung Viren zuverlässig abtöten könne. Dies wäre sowohl für glatte Oberflächen etwa auf Arbeitsplatten oder Handgriffen interessant, als auch für Beschichtungen auf Textilien mit einer porösen Oberfläche wie etwa Masken oder Filtersystemen. Und mit dem neuen Verfahren könne diese Erkenntnis bereits sehr früh in den Entwicklungsprozess von technischen und medizinischen Anwendungen integriert werden. Damit, so Wick, werde die Einführung neuer Produkte beschleunigt, da lediglich erfolgversprechende Kandidaten die aufwendigen und kostenintensiven Normtests durchlaufen müssen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Peter Wick
Particles-Biology Interactions
Tel. +41 58 765 7684
peter.wick@empa.ch
Redaktion / Medienkontakt
Dr. Andrea Six
Kommunikation
Tel. +41 58 765 6133
redaktion@empa.ch


Originalpublikation:

LA Furer, P Clement, G Herwig, RM Rossi, F Bhoelan, M Amacker, T Stegmann, T Buerki-Thurnherr, P Wick; A Novel Inactivated Virus System (InViS) for a Fast and Inexpensive Assessment of Viral Disintegration; Scientific Reports (2022); DOI: 10.1038/s41598-022-15471-5 https://plus.empa.ch\images\scientificreports-wick-2022.pdf


Weitere Informationen:

https://www.empa.ch/web/s604/antiviral-surfaces


Bilder

Nur wenige Viren schaffen es bis zur innersten Schicht einer Stoffmaske. Im Bild eine Textilfaser mit Salzkristallen (hellblau) und rund 100 Nanometer-grosse Viren (grün). (Rasterelektronenmikroskopie, nachkoloriert)

Nur wenige Viren schaffen es bis zur innersten Schicht einer Stoffmaske. Im Bild eine Textilfaser mi

Empa

Die neue Methode detektiert sterbende Viren mittels Fluoreszenz.

Die neue Methode detektiert sterbende Viren mittels Fluoreszenz.

Scientific Reports / Empa


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW