E-Zigarette zur Raucherentwöhnung – Fluch oder Segen?



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24.07.2019 07:28

E-Zigarette zur Raucherentwöhnung – Fluch oder Segen?

Rauchen ist nach wie vor ein wichtiger Risikofaktor für die koronare Herzerkrankung und den akuten Herzinfarkt mit nachfolgend hoher Sterblichkeit Wer einmal an diese Droge geraten ist, unternimmt oft viele Versuche, um wieder davon loszukommen. Eine Möglichkeit, um den Ausstieg aus der Tabaksucht zu erleichtern, könnte die Entwöhnung mit der E-Zigarette sein.

Düsseldorf, 24. Juli 2019 – E-Zigaretten erleben derzeit einen Boom. In den letzten sieben Jahren ist der Umsatz mit E-Zigaretten allein in Deutschland von fünf auf 600 Millionen Euro angestiegen.

Eine englische Studie, die kürzlich im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde [1], prüfte nun, ob die E-Zigarette als Methode der Raucherentwöhnung wirklich geeignet und wie vielversprechend sie ist.
Das Ergebnis: Langjährigen Raucherinnen und Raucher, die gewillt waren, das Rauchen zu beenden, gelang der Ausstieg über die E-Zigarette doppelt so häufig wie mit Nikotinersatzstoffen (z.B. Pflaster, Kaugummi, Lutschtabletten, medikamentöse Therapie etc.).

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

In der Studie wurden 886 im Durchschnitt 41 Jahre alte Raucherinnen und Raucher nach einer persönlichen Beratung in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe erhielt ein Starterpaket mit E-Zigarette und einer nikotinhaltigen Inhaltsflüssigkeit, weitere Einheiten zum Nachfüllen nach Wahl schlossen sich an. Die zweite Gruppe wurde mit anderen Nikotinersatzpräparaten ausgestattet. Alle Teilnehmer wurden zudem ermutigt, an einer regelmäßigen Verhaltenstherapie teilzunehmen. Nach 12 Monaten waren 18% der E-Zigaretten-Raucher*innen tabakabstinent. Diejenigen, die mit Ersatzpräparaten den Ausstieg erreichen wollten, zeigten diese Abstinenz nur zu 9,9%.

Dennoch sind die Ergebnisse der Studie mit Vorsicht zu genießen, warnen Experten der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK): „Bei der Bewertung der Ergebnisse darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Mehrzahl der Probandinnen und Probanden der E-Zigaretten-Gruppe langfristig nicht auf das Rauchen verzichtete, sondern 80 Prozent der E-Zigarette treu blieben. Die meisten Patientinnen und Patienten sind also auf die E-Zigarette umgestiegen, ein wirklicher Ausstieg bzw. eine vollständige Abstinenz erfolgte nicht“, erklärt Prof. Dr. Rainer Hambrecht, Vorsitzender der DGK-Projektgruppe Prävention. Prof. Dr. Harm Wienbergen fügt hinzu: „Bedenklich ist hierbei vor allem, dass bislang keine fundierten Ergebnisse über die Langzeitfolgen von E-Zigaretten vorliegen, es gibt allerdings erste beunruhigende Hinweise auf ernste Spätschäden durch E-Zigaretten [2, 3].“
So zeigte eine US-amerikanische Studie, dass der Konsum von nikotinhaltigen Liquids der E-Zigaretten Auswirkungen auf die Bonchialepithelzellen hat, wie sie sonst nur bei von der chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) Betroffenen beobachtet werden. Anfang des Jahres hatte bereits die American Heart Association in einer Pressemitteilung davor gewarnt, dass der Konsum von E-Zigaretten mit einer deutlich erhöhten Rate von Schlaganfällen und Herzerkrankungen einhergeht. [4]

Hinzu kommt die Vorbildfunktion: E-Zigaretten-Raucherinnen und Raucher sind schlechte Vorbilder für Jugendliche, die besonders empfänglich dafür sind, E-Zigaretten zu konsumieren. Dadurch wird bei den Jugendlichen nachweislich auch der Beginn konventionellen Zigarettenrauchens gebahnt [5].

Es ist deshalb eine stärkere bundesweite Regulierung des Verkaufes und der Bewerbung von E-Zigaretten zu fordern. Ein Tabakwerbeverbot, das E-Zigaretten einbezieht, ist dringend erforderlich, um insbesondere Kinder und Jugendliche zu schützen, fordern die Kardiologen.

Literatur:

1. Hajek P et al. A Randomized Trial of E-Cigarettes versus Nicotine-Replacement Therapy. N Engl J Med 2019;380:629-637.
2. Garcia-Arcos I et al. Chronic electronic cigarette exposure in mice induces features of COPD in a nicotine-dependent manner. Thorax 2016;71:1119-1129.
3. Ghosh A et al. Chronic E-Cigarette Exposure Alters the Human Bronchial Epithelial Proteome. Am J Respir Crit Care Med 2018;198:67-76.
4. https://newsroom.heart.org/news/e-cigarettes-linked-to-higher-risk-of-stroke-hea…
5. Walley SC et al. A Public Health Crisis: Electronic Cigarettes, Vape, and JUUL. Pediatrics 2019;143:e20182741.

Medienkontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
Pressesprecher: Prof. Dr. Michael Böhm (Homburg/Saar)
Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Tel.: 0211 600 692 43, Melissa Wilke, Tel.: 0211 600 692 13
presse@dgk.org

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbil


Weitere Informationen:

http://www.dgk.org/presse


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW