01.09.2022 11:16
Erhöht Zigarettenrauchen das Risiko für Depressionen?
Wissenschaftler:innen der Kardiologie I am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz haben im Rahmen der Gutenberg-Gesundheitsstudie Anzeichen dafür entdeckt, dass rauchende Menschen ein erhöhtes Risiko für depressive Erkrankungen und psychische Störungen haben könnten. Studienteilnehmende, die aktuell rauchen oder geraucht haben, gaben im Vergleich zu Nichtrauchenden häufiger an, an Symptomen von psychischen Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen, Angst- und Schlafstörungen zu leiden. Aspekte wie Häufigkeit, Ausmaß und Anzahl der Jahre, in denen die Personen Tabak konsumierten, schienen ebenfalls die mentale Gesundheit negativ zu beeinflussen.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Mainz untersucht möglichen Zusammenhang zwischen Rauchen und psychischen Erkrankungen
Wissenschaftler:innen des Zentrums für Kardiologie – Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz haben im Rahmen der Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) Anzeichen dafür entdeckt, dass Zigarettenrauchen das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen erhöhen könnte. Studienteilnehmende, die rauchen oder sich in der Rauchentwöhnung befinden, hatten im Vergleich zu Nichtraucher:innen häufiger angegeben, an Symptomen einer Depression, Angst- und/oder Schlafstörung zu leiden. Wie häufig, wie viel und wie lange die Personen schon rauchen, schien ebenfalls ein vermehrtes Auftreten von depressiven Symptomen zu beeinflussen. Die Studienergebnisse sind kürzlich in der Fachzeitschrift „Journal of Affective Disorders“ veröffentlichtet worden.
Laut der Weltgesundheitsorganisation rauchen weltweit rund 1,3 Milliarden Menschen. Rauchen ist jedoch eine der größten Risikofaktoren für die Gesundheit. Jedes Jahr sterben auf der Welt sieben Millionen Menschen an den Folgen ihres Tabakkonsums. Unter Personen mit psychischen Erkrankungen ist der Tabakkonsum mehr als doppelt so viel verbreitet als in der Allgemeinbevölkerung.
„Vor diesem Hintergrund hatte unsere Studie das Ziel, zu untersuchen, ob rauchende Menschen ein erhöhtes Risiko haben könnten, psychische Erkrankungen zu entwickeln. Wir haben festgestellt, dass ein rund ein Drittel der GHS-Teilnehmenden angab, von Symptomen für Depression, Angststörungen oder Schlafstörungen betroffen zu sein. Im Vergleich zu Nichtrauchern schienen aktuelle Raucherinnen und Raucher eine um 43 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit zu haben, an Depressionssymptomen zu leiden. Auch wenn die Ergebnisse zunächst keine Aussage darüber zulassen, ob tatsächlich eine kausale Ursache vorliegt, leisten sie dennoch einen ersten Beitrag dafür, die bisher unbekannte Verbindung zwischen Zigarettenrauchen und psychischen Erkrankungen zu erforschen“, erklärt Dr. Omar Hahad, Erstautor der Publikation und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kardiologie I am Zentrum für Kardiologie an der Universitätsmedizin Mainz.
Die Mainzer Forschenden haben beobachtet, dass bei rauchenden Studienteilnehmenden insbesondere die depressiven Symptome am stärksten ausgeprägt waren. Bei ihnen traten im Verlauf der mehrjährigen Studie Depressionssymptome um 50 Prozent häufiger neu auf, verglichen zu Nichtrauchenden. Auch Faktoren wie Ausmaß, Häufigkeit und Anzahl der Jahre, in denen die Teilnehmenden schon Tabak konsumieren, könnte die mentale Gesundheit möglicherweise negativ beeinflussen. Eine weitere Erkenntnis: Je länger die Teilnehmenden nicht mehr rauchen, desto weniger gaben sie an, unter bestehenden Depressionssymptomen zu leiden.
„Aus Sicht der öffentlichen Gesundheit sollten vorbeugende Maßnahmen und Strategien geschaffen werden, die die Bevölkerung stärker für die gesundheitlichen Auswirkungen des Rauchens sensibilisieren. Dabei sollte auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass Tabakkonsum mit psychischen Gesundheitsrisiken einhergehen könnte“, betont Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der Kardiologie I am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz.
Die Untersuchung fand im Rahmen der Gutenberg-Gesundheitsstudie statt, eine der weltweit größten Studien im Bereich Bevölkerungs-basierter Forschung. Die GHS läuft seit 2007 und schließt mehr als 15.000 Teilnehmende im Alter von 35 bis74 Jahren aus der Region Mainz und Mainz-Bingen ein. Die erste Befragung von 2007 bis 2012 erfasste Menge, Häufigkeit, Gesamtdauer des Tabakkonsums sowie bereits vorhandene Symptome für Depressionen, Angst- und Schlafstörungen. Fünf Jahre später wurden die Studienteilnehmenden erneut befragt und die Ergebnisse hinsichtlich auftretender Symptome psychischer Auffälligkeiten verglichen.
Originalpublikation:
Hahad O., Beutel M., Gilan D.A., Michal M., Schulz A., Pfeiffer N., König J., Lackner K., Wild P., Daiber A., Münzel T., The association of smoking and smoking cessation with prevalent and incident symptoms of depression, anxiety, and sleep disturbance in the general population. Journal of Affective Disorders (2022).
DOI: https://doi.org/10.1016/j.jad.2022.06.083
Bildunterschrift: Ergebnisse der Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Mainz könnten darauf hindeuten, dass das Zigarettenrauchen ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen sein könnte. / © canva.com
Kontakt:
Dr. Omar Hahad, Zentrum für Kardiologie – Kardiologie I,
Universitätsmedizin Mainz, Telefon 06131 17-2476, E-Mail: Omar.Hahad@unimedizin-mainz.de
Pressekontakt:
Natkritta Hüppe, Unternehmenskommunikation, Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 17-7771, E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich mehr als 320.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie rund 700 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.700 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter https://www.unimedizin-mainz.de.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Omar Hahad, Zentrum für Kardiologie – Kardiologie I,
Universitätsmedizin Mainz, Telefon 06131 17-2476, E-Mail: Omar.Hahad@unimedizin-mainz.de
Originalpublikation:
Hahad O., Beutel M., Gilan D.A., Michal M., Schulz A., Pfeiffer N., König J., Lackner K., Wild P., Daiber A., Münzel T., The association of smoking and smoking cessation with prevalent and incident symptoms of depression, anxiety, and sleep disturbance in the general population. Journal of Affective Disorders (2022).
DOI: https://doi.org/10.1016/j.jad.2022.06.083
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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