Forschende finden Quelle entzündungsfördernder Zellen



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23.06.2023 15:28

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Forschende finden Quelle entzündungsfördernder Zellen

Mononukleäre Phagozyten (MNP) verteidigen die Niere gegen Infektionen. Sie können aber auch das Fortschreiten einer sterilen Entzündung fördern, die etwa durch mechanische Reize und nicht durch Mikroben ausgelöst wird. Im Gegensatz zu bisherigen Konzepten werden diese Immunzellen nicht nur an den Ort der Entzündung rekrutiert, sondern vermehren sich auch aus nierenansässigen MNP. Dies konnten Prof. Christian Kurts, Mitglied im Exzellenzcluster ImmunoSensation2, und sein Team am Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie der Universität Bonn nun zeigen. Die Ergebnisse wurden vorab online in der Fachzeitschrift Kidney International veröffentlicht.

Mononukleäre Phagozyten (MNP), zu denen Makrophagen und dendritische Zellen gehören, bilden eine gewebeeigene Abwehrlinie gegen in die Niere eindringende Krankheitserreger und tragen zur Aufrechterhaltung der Funktion dieses Organs bei. In einigen Fällen können MNP auch lokale Entzündungen fördern. Daher ist bekannt, dass MNP an der Entstehung verschiedener Nierenkrankheiten wie der halbmondförmigen Glomerulonephritis und entzündlicher Gewebevernarbung beteiligt sind. “Eine Vermehrung von MNPs wird häufig bei Nephritis beobachtet, und es wurde festgestellt, dass eine Reduzierung der MNPs in den meisten Nephritis-Modellen eine schützende Wirkung hat”, sagt Prof. Christian Kurts, Leiter des Instituts für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie (IMMEI) am Universitätsklinikum Bonn.

MNPs häufen sich bei Nierenkrankheiten an

Es wird allgemein angenommen, dass die Anhäufung von MNPs bei Nierenerkrankungen in erster Linie auf die Rekrutierung von zirkulierenden Monozytenvorläufern zurückzuführen ist. Dies wird durch die lokale Freisetzung von Chemokinen und Zytokinen vermittelt. Durch die Blockierung von zum Beispiel Chemokinen oder der entsprechenden Rezeptoren kann die Fortbewegung von MNP erfolgreich unterbunden werden. “Es hat sich gezeigt, dass die Blockierung der Chemotaxis von MNP die Nephritis teilweise verbessert”, erklärt Junping Yin, Hauptautor der Veröffentlichung. “Daher konzentriert sich ein Großteil der Forschung auf die Identifizierung der Faktoren, die Monozyten anlocken, und auf die Behandlung von Nephritis durch Blockierung dieser Faktoren oder ihrer Rezeptoren.”

Was aber, wenn die Blockierung der Rekrutierung von Monozytenvorläufern die Ansammlung von MNP nicht vollständig verhindert? “Die lokale Vermehrung von gewebeeigenen MNP könnte eine zweite Quelle sein”, erklärt Prof. Kurts. “Dies würde die derzeitigen therapeutischen Ansätze einschränken, die Nephritis nur durch die Blockierung der MNP-Rekrutierung zu behandeln.” Die Krankheitsmodelle, die derzeit zur Untersuchung der MNP-Beteiligung an Nierenerkrankungen verwendet werden, erlauben keine Unterscheidung der Herkunft dieser Zellen.

Fluoreszierende Proteine führen auf richtige Spur

In der vorliegenden Studie wurde eine Multicolor-Fluoreszenz-Reportermaus verwendet, die stochastisch verschiedene Fluorochrome in MNPs exprimiert. Zur Identifizierung wurden vier fluoreszierende Proteine eingeführt, von denen nur eines pro Zelle irreversibel exprimiert wird: grün-fluoreszierendes Protein, gelb-fluoreszierendes Protein, rot-fluoreszierendes Protein und cyan-fluoreszierendes Protein. Die in der Niere rekrutierten MNP können also jede dieser vier Farben haben. Auffallend ist, dass das Team von Prof. Kurts Cluster beobachtete, die nur eine der Fluoreszenzfarben aufwiesen. “Das Vorhandensein von nur einer Farbe weist eindeutig darauf hin, dass diese MNPs nicht rekrutiert wurden, sondern durch klonale Expansion entstanden sind”, erklärt Junping Yin. Dieser Befund deutet darauf hin, dass therapeutische Versuche, die Monozytenakkumulation allein zu hemmen, möglicherweise nicht vollständig wirksam sind, da sich pathogene Zellen auch aus gewebeeigenen Zellen vermehren. Dieser Mechanismus muss nach Ansicht der Forschenden bei der Entwicklung einer Nephritis-Therapie berücksichtigt werden.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Christian Kurts
Institut für Molekulare Medizin und Experimentelle Immunologie (IMMEI)
Universitätsklinikum Bonn
E-Mail: ckurts@uni-bonn.de
Tel. +49 228 287 11050


Originalpublikation:

Junpin Yin, Qi Mei, (et. al.): Fate mapping reveals compartment-specific clonal expansion of mononuclear phagocytes during kidney disease, Kidney International, DOI: https://doi.org/10.1016/j.kint.2023.04.031


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW