16.09.2019 16:04
HTA im europäischen Verbund: Osteoporose-Screening ohne Nutzenbeleg
HTA im europäischen Verbund: Osteoporose-Screening ohne Nutzenbeleg
Erstmals bewertet ein IQWiG-Team für das europäische Netzwerk EUnetHTA federführend eine Gesundheitstechnologie. Demnach ist der Nutzen eines Osteoporose-Screenings nicht belegt.
Erstmals bewertet ein IQWiG-Team für das europäische Netzwerk EUnetHTA federführend eine Gesundheitstechnologie.
Voneinander lernen und voneinander profitieren: Das ist die Grundidee des European Network for Health Technology Assessment (EUnetHTA). Ziel der Kooperation ist es, grenzüberschreitend die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit der europäischen HTA-Agenturen zu fördern (HTA = Health Technology Assessment = Gesundheitstechnologie-Bewertung). Dabei geht es auch darum, unnötige doppelte Arbeit zu vermeiden. Denn nicht zu jeder diagnostischen oder therapeutischen Intervention muss in jedem Land ein eigener HTA-Bericht erstellt werden. HTA-Berichte aus anderen europäischen Ländern oder auch gemeinsam von einzelnen HTA-Agenturen erstellte Bewertungen können gegebenenfalls auch in anderen Ländern als Grundlage für Erstattungsentscheidungen verwendet werden. Die EU-Kommission strebt an, hierfür bald gesetzliche Grundlagen zu schaffen.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Erstmals haben nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) federführend einen EUnetHTA-Bericht erstellt. Danach ist der Nutzen eines Screenings auf Osteoporose in der Allgemeinbevölkerung bislang nicht belegt. Der Nachweis, dass ein Screening Frakturen verhindert, wird durch die vorliegenden acht Studien nicht erbracht. Co-Autoren des EUnetHTA-Berichts waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Schweizer Netzwerks für HTA (SNHTA). Expertinnen und Experten aus Barcelona (Spanien), Wien (Österreich) und Bukarest (Rumänien) haben den Bericht vorab begutachtet.
„Die Zusammenarbeit mit den europäischen Kolleginnen und Kollegen bei der Berichterstellung hat gut funktioniert“, freut sich Prof. Dr. Stefan Sauerland, Leiter des IQWiG-Ressorts Nichtmedikamentöse Verfahren und Mitautor des HTA-Berichts. „Die Bewertung erfolgte im Konsens. Voraussetzung dafür war, dass alle Beteiligten für dieses Projekt gleiche wissenschaftliche Bewertungsmaßstäbe anlegten.“ Denn innerhalb Europas gibt es weiterhin große Unterschiede, wann, wie und durch wen Nutzenbewertungen erstellt werden. Die Pläne der EU-Kommission für europaweit einheitliche und national verbindliche HTA-Arbeit sieht das IQWiG daher unverändert skeptisch. Dies gilt vor allem für den Arzneimittelbereich.
Finanziert werden die EUnetHTA-Aktivitäten und der Bericht zum Osteoporose-Screening im Rahmen eines Forschungsprojekts der EU-Kommission. Der jetzige Bericht hat daher auch keinen Einfluss auf Entscheidungen für das deutsche Gesundheitssystem.
Originalpublikation:
https://www.eunethta.eu/otca19-screening-for-osteoporosis-in-the-general-populat…
Weitere Informationen:
https://www.iqwig.de/de/presse/pressemitteilungen/2019/hta-im-europaeischen-verb…
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch