04.10.2022 11:23
Immunologischer Teufelskreis bei COVID-19 beschrieben
Freiburger Wissenschaftler*innen erklären, wie Antikörper und Immunkomplexe gegen COVID-19 das Immunsystem überstimulieren und damit schwere COVID-19 Erkrankungen hervorrufen / Veröffentlichung in Nature Communications
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Eine SARS-CoV-2-Infektion führt zu Entzündungsprozessen im Körper. Verlaufen diese Immunreaktionen zu stark, kann es zu Gewebeschäden, Organversagen und Tod kommen. Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Freiburg zeigen nun, wie es zu dieser Überreaktion kommt. Sie wiesen nach, dass Immunkomplexe hierbei eine zentrale Rolle spielen. Die Immunkomplexe entstehen aus der Verbindung körpereigener Moleküle, die eine Immunantwort ausgelöst haben, und Antikörpern. Die gebildeten Immunkomplexe aktivieren Immunzellen über spezifische Oberflächenrezeptoren übermäßig stark, wodurch das Immunsystem unkontrolliert angetrieben wird. Da die Immunkomplexe im Blut auftreten, verteilen sich die Entzündung im gesamten Körper. Die Ergebnisse liefern eine Erklärung dafür, wie eine starke antivirale Immunreaktion und eine Fehlregulation des Immunsystems bei schwerer COVID-19-Erkrankung zusammenhängen.
Damit eröffnet die Studie, die am 26. September 2022 im renommierten Fachmagazin Nature Communications erschienen ist, Ansatzpunkte für neue Behandlungsmöglichkeiten, die auf die Vermeidung oder Beseitigung der pathologischen Immunkomplexe abzielen.
„Unsere Studie deutet auf einen immunpathologischen Teufelskreis hin. Er wird angetrieben durch eine frühe Bildung von Immunkomplexen im Blut der Patient*innen“, sagt Prof. Dr. Hartmut Hengel, Ärztlicher Direktor des Instituts für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg. „Manche Menschen neigen stärker zur Bildung solcher Immunkomplexe. Sie dürften darum auch anfälliger für einen schweren COVID-19-Verlauf sein“, so Hengel weiter. Er leitete die Studie gemeinsam mit Dr. Valeria Falcone, Leiterin des Labors für Virusisolierung des Instituts für Virologie.
„Wir konnten lösliche Immunkomplexe als entscheidenden Akteure identifizieren, die an der Hyperaktivierung des Immunsystems beteiligt sind. Wenn es gelingt, die Immunkomplexe aus dem Blut zu entfernen, könnte dieser Kreislauf möglicherweise gestoppt werden“, sagt Falcone. Ein ähnliches Aktivierungsmuster ist bereits von Autoimmunerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis und dem systemischen Lupus erythematodes bekannt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Hartmut Hengel
Ärztlicher Direktor
Institut für Virologie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 203 6534
hartmut.hengel@uniklinik-freiburg.de
Originalpublikation:
Original-Titel der Studie: Circulating multimeric immune complexes contribute to immunopathology in COVID-19
DOI: 10.1038/s41467-022-32867-z
Link zur Studie: www.nature.com/articles/s41467-022-32867-z
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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