Influenzaviren von Fledermäusen könnten auf Menschen überspringen



Teilen: 

20.02.2019 19:00

Influenzaviren von Fledermäusen könnten auf Menschen überspringen

Fledermäuse sind nicht nur Träger tödlicher Ebolaviren, sondern auch ein Reservoir neuartiger Influenzaviren. Diese in Südamerika entdeckten Grippeviren besitzen grundsätzlich die Fähigkeit, auch Zellen von Menschen und Nutztieren zu befallen, wie Forschende der Universität Zürich zeigen.

Die jährlich wiederkehrende Grippewelle wird von Influenzaviren ausgelöst, die nur Menschen infizieren können. Jene Influenzatypen, die in Vögeln oder Schweinen zirkulieren, sind für den Menschen normalerweise nicht gefährlich. Selten springt ein Vogel- oder Schweinevirus aber auf den Menschen über – in der Fachwelt Zoonose genannt –, was im schlimmsten Fall zu einer weltweiten Influenzapandemie mit zahlreichen schweren Erkrankungen und Todesfällen führt.

Fledermäuse als Reservoir für gefährliche Viren

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Vor rund sechs Jahren wurden in Südamerika neuartige Influenzaviren entdeckt – in Fledermäusen. Die fliegenden Säugetiere stehen schon seit einiger Zeit im Fokus der Virologen. Denn sie sind Träger vieler verschiedener Viren, darunter auch sehr gefährliche wie Ebolaviren. Bisher war allerdings unklar, ob die Fledermaus-Influenzaviren auch für den Menschen eine Bedrohung darstellen. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Zürich (UZH) hat nun herausgefunden, dass die neuartigen Grippeviren potenziell auch Menschen oder Nutztiere infizieren können.

Weltweite Suche nach der Eintrittspforte

Die bisher bekannten Influenzaviren dringen über Sialinsäure in die Wirtszellen ein. Diese chemischen Gruppen befinden sich auf der Oberfläche fast aller Zellen des Menschen sowie diverser Tiere. Dies ist einer der Gründe, warum Influenzaviren auch sehr unterschiedliche Arten wie Enten, Hühner, Schweine und Menschen befallen. Im Unterschied dazu binden die Fledermaus-Influenzaviren nicht an Sialinsäure. Mehrere Forschungsteams weltweit suchten deshalb nach jenem Rezeptor, über den sie sich in die Zellen einschleusen.

Fledermausviren dringen über MHC-II-Moleküle in Zelle

Diese Eintrittspforte haben Silke Stertz und ihr Team am Institut für Medizinische Virologie der UZH nun entdeckt. «Die Influenzaviren benützen sogenannte MHC-II-Moleküle für ihren Eintritt in die Wirtszellen», sagt Studienverantwortliche Stertz. Diese Proteinkomplexe sitzen normalerweise auf der Oberfläche gewisser Immunzellen und sind zuständig dafür, körpereigene und körperfremde Zellen und Strukturen zu unterscheiden. Auch einige andere Virusarten benützen diesen «Eingang», um in die Zellen zu gelangen.

Potenzielles Risiko für Menschen und Nutztiere

«Überraschend war, dass die Fledermaus-Influenzaviren nicht nur MHC-II-Komplexe von menschlichen Zellen, sondern auch jene von Hühnern, Schweinen, Mäusen und verschiedenen Fledermausarten nutzen können», erläutert UZH-Doktorand Umut Karakus und Erstautor der Studie. Die Influenzaviren der Fledermaus besitzen somit – zumindest auf Stufe des Zelleintritts – das Potenzial, sowohl Menschen wie auch Nutztiere zu infizieren. «Nachgewiesen wurden solche Infektionen bisher noch nicht. Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass die Viren diese Fähigkeit grundsätzlich haben», ergänzt Silke Stertz. Für die Virologin Grund genug, die potenziell gefährlichen Viren weiter zu untersuchen. Zumal sich das Problem angesichts von Migration und Reisetätigkeit keineswegs auf Südamerika beschränkt.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Silke Stertz
Institut für Medizinische Virologie
Universität Zürich
Tel. +41 44 634 28 99
E-Mail: stertz.silke@virology.uzh.ch


Originalpublikation:

Umut Karakus, et al. MHC class II proteins mediate cross-species entry of bat influenza viruses. Nature. February 20, 2019. DOI: 10.1038/s41586-019-0955-3


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Tier- / Agrar- / Forstwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW