Jeder dritte kardiovaskuläre Todesfall geht auf falsche Ernährung zurück



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30.04.2024 14:05

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Jeder dritte kardiovaskuläre Todesfall geht auf falsche Ernährung zurück

In Europa sterben jedes Jahr 1,55 Millionen Menschen durch Fehlernährung. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Instituts für nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft (INL) und des Kompetenzclusters nutriCARD. Die Forschenden haben darin die Bedeutung der Ernährung für kardiovaskulär bedingte Todesfälle im Zeitraum zwischen 1990 bis 2019 analysiert. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im European Journal of Preventive Cardiology veröffentlicht.

In der Studie konnte gezeigt werden, dass jeder sechste Todesfall in Europa auf eine unausgewogene Ernährung zurückzuführen ist. „Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist rund ein Drittel der Todesfälle mit einer Fehlernährung assoziiert“, erläutert Theresa Pörschmann, die Erstautorin der Studie und Doktorandin am Lehrstuhl für Biochemie und Physiologie der Ernährung der Universität Jena. Auf die 27 Mitgliedstaaten der EU entfallen demnach rund 600.000 vorzeitige Todesfälle – etwa 112.000 davon auf Deutschland. Prozentual betrachtet sterben in Europa die meisten Menschen an ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Slowakei (48 Prozent) und in Belarus (47 Prozent). Die niedrigsten Anteile finden sich in Spanien (24 Prozent). In Deutschland sind 31 Prozent aller kardiovaskulären Todesfälle auf eine unausgewogene Ernährung zurückzuführen.

Die Studie zeigt zudem, welche Ernährungsfaktoren den größten Einfluss auf die vorzeitigen Todesfälle hatten. „Es sind leider immer wieder die gleichen Lebensmittel, von denen wir entweder zu wenig oder zu viel essen“, so Pörschmann. Insbesondere gehören zu den negativen Einflussfaktoren der Verzehr von zu wenig Vollkornprodukten und zu wenig Hülsenfrüchten, gefolgt von einer Ernährung mit zu viel Salz und zu viel rotem Fleisch.

Ein Drittel der Todesfälle bei Menschen unter 70

Auch die Art der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Verteilung zwischen den Geschlechtern und in unterschiedlichen Altersgruppen wurden untersucht. Der Großteil der Todesfälle entfiel dabei auf ischämische Herzkrankheiten, wie Erkrankungen der Herzkranzgefäße, gefolgt von Schlaganfällen und hypertensiver Herzkrankheit. In ca. 30 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle waren die Betroffenen jünger als 70 Jahre. Insgesamt haben die Forschenden 13 unterschiedliche Arten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 13 verschiedene Ernährungsfaktoren untersucht.

Tatsächlicher Effekt der Ernährung wahrscheinlich noch größer

„In der Studie sind Faktoren wie Alkoholkonsum und eine zu hohe Energiezufuhr, die Übergewicht und Diabetes mellitus Typ 2 verursachen kann, noch gar nicht berücksichtigt“, erläutert Prof. Stefan Lorkowski vom Institut für Ernährungswissenschaften der Uni Jena. „Dies sind weitere wichtige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, ergänzt Dr. Toni Meier vom Institut für nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft in Halle. „Die tatsächlich durch eine unausgewogene Ernährung bedingten kardiovaskulären Todesfälle dürften also noch deutlich höher liegen.“

Seit 2019 steigt der Anteil der ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Analyse basiert auf Daten der globalen Krankheitslastenstudie (Global Burden of Disease Study) und betrachtet insgesamt 54 Länder in West-, Ost- und Zentraleuropa sowie Zentralasien, die von der Weltgesundheitsorganisation als „europäische Region“ zusammengefasst werden. Hierzu gehören neben den EU-Mitgliedsstaaten und weiteren europäischen Ländern auch mehrere Staaten Vorder- und Zentralasiens, wie Armenien, Aserbaidschan, Israel, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan, Türkei, Turkmenistan und Usbekistan.

Zwar steigt die Zahl ernährungsbedingter Todesfälle weltweit aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung und steigender Lebenserwartung an, doch ihr Anteil an den Todesfällen insgesamt sinkt. „Bis 2015 hat sich der Anteil an ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen stetig verringert. Seit 2019 steigen die Zahlen allerdings wieder leicht“, bilanziert Prof. Lorkowski. Die aktuellen Ergebnisse verdeutlichten erneut das große präventive Potenzial einer ausgewogenen Ernährungsweise für die Herzgesundheit. „In Deutschland haben wir noch viel Luft nach oben und könnten viele vorzeitige Todesfälle verhindern.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Stefan Lorkowski
Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dornburger Str. 25, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949710
E-Mail: stefan.lorkowski[at]uni-jena.de


Originalpublikation:

Pörschmann T, Meier T, Lorkowski S. Cardiovascular mortality attributable to dietary risk factors in 54 countries in the WHO European Region from 1990 to 2019: an updated systematic analysis of the Global Burden of Disease Study. European Journal of Preventive Cardiology 2024. https://dx.doi.org/10.1093/eurjpc/zwae136


Bilder

Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte: Ein zu geringer Verzehr dieser Produkte erhöht das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen.

Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte: Ein zu geringer Verzehr dieser Produkte erhöht das Risiko kardio
Foto: Nicole Nerger/Uni Jena


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW