03.07.2019 16:32
MHG-Studie: Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Priester seit 2009 nicht rückläufig
Die sexuellen Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Priester sind trotz verstärkter Präventionsanstrengungen der Kirche seit 2009 nicht rückläufig, haben Forscher unter Beteiligung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim herausgefunden.
Die Anzahl der sexuellen Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Priester ist im Zeitraum von 2009 bis 2015 nicht rückläufig, sondern in etwa konstant geblieben. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Mannheim, Heidelberg und Gießen (MHG) unter Federführung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim durch die Auswertung der Personalakten der deutschen katholischen Kirche herausgefunden. Die jüngsten Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Psychiatrische Praxis“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2019) veröffentlicht. „Es ist bemerkenswert, dass die Beschuldigungsquote von Priestern in den vergangenen Jahren nicht zurückgeht, obwohl die Deutsche Bischofskonferenz bereits 2002 Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker erlassen hat, die in den Jahren 2010 und 2013 überarbeitet wurden“, sagt Prof. Dr. Harald Dreßing, Leiter Forensische Psychiatrie am ZI und Verbundkoordinator der MHG-Studie.
Die Forscher stellten fest, dass die Quote der Beschuldigungen gegen katholische Priester von 2009 bis 2015 weitgehend konstant geblieben ist. Bei den Berechnungen wurden keine Fälle aus der Vergangenheit einbezogen, sondern nur Beschuldigungen mit Taten, die im jeweiligen Jahr der Erhebung stattgefunden haben sollen und bei der das Kind zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre alt war. „Die Auswertung der Personalakten zeigt deutlich, dass sexueller Missbrauch von Minderjährigen durch katholische Priester ein anhaltendes Problem ist, kein historisches“, sagt Verbundkoordinator Dreßing und ergänzt: „Die Präventionsarbeit der Kirche sollte sich vor allem an die Gruppe von Priestern richten, die zum sexuellen Missbrauch disponiert ist.“
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Weiter ergab die Analyse der Forscher, dass Priester trotz ihres Weiheamtes und der damit verbundenen hohen moralischen Anforderungen im Untersuchungszeitraum nicht seltener wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern angezeigt wurden als Männer in der Allgemeinbevölkerung. Die Forscher konnten zeigen, dass zwischen 2009 und 2015 die Quote der Beschuldigten unter den katholischen Priestern, gegen die auch eine Strafanzeige gestellt wurde, in einigen Jahren sogar höher lag als die Quote in der männlichen Allgemeinbevölkerung. Die Forscher gehen davon aus, dass über die offiziell bekannten Tatvorwürfe hinaus in allen Bereichen der Gesellschaft von einem erheblichen Dunkelfeld ausgegangen werden muss, da eine Vielzahl von Taten unentdeckt bleibe.
Originalpublikation:
Dreßing H, Dölling D, Hermann D, Horten B, Hoell A, Voss E, Salize HJ: Sexueller Missbrauch von Kindern durch katholische Priester seit 2009: Verlauf und relative Häufigkeit im Vergleich zur männ-lichen Allgemeinbevölkerung. Psychiat Prax 2019; 46: 1-7. DOI: 10.1055/a-0936-3869.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch