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19.01.2023 17:00
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Mitochondrien produzieren Antioxidantien, um unsere Zellen vor dem Absterben zu schützen
Die Verteilung von Coenzym Q innerhalb der Zelle wird von Mitochondrien reguliert
Antioxidantien werden in der Ernährung oft als Allheilmittel angepriesen und als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Unser Körper kann solche Radikalfänger aber auch selbst herstellen, eines davon ist Coenzym Q. Forschende des Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns haben nun herausgefunden, wie Coenzym Q, welches in unseren Mitochondrien produziert wird, an die Zelloberfläche gelangt und unsere Zellen vor dem Absterben schützt.
Coenzym Q ist ein Antioxidans, das für unseren Körper lebenswichtig ist. Ein Mangel an Coenzym Q führt zu schweren Krankheiten wie dem Leigh-Syndrom – einer Erbkrankheit, bei der bestimmte Hirnregionen betroffen sind und unter anderem Muskelschwäche auftreten kann. Ein Mangel an Coenzym Q ist außerdem eines der ersten Anzeichen des Alterns und kann schon mit Anfang 20 auftreten. Aber warum können wir diesen Stoff nicht einfach mit der Nahrung zu uns nehmen?
Hochgradig hydrophob
“Coenzym Q ist ein stark hydrophobes, also wasserabweisendes Molekül, das unser Körper nur sehr wenig aus der Nahrung aufnimmt”, erklärt Soni Deshwal, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns und Hauptautorin der Studie. Auch für unsere Zellen ist es ein Problem, dass Coenzym Q nicht wasserlöslich ist. Das Antioxidans wird in den Mitochondrien gebildet und muss durch das wässrige Zellinnere, das Zytoplasma, an die Oberfläche der Zellen transportiert werden, um oxidierte Lipide zu neutralisieren.
“Mit unserer Forschung konnten wir nun die Proteine identifizieren, die am Transport von Coenzym Q von den Mitochondrien zur Zelloberfläche beteiligt sind”, erklärt Deshwal. Die Forschenden fanden heraus, dass ein Enzym namens STARD7 beim Transport des Coenzyms hilft. Dieses Protein befindet sich nicht nur in den Mitochondrien, sondern auch im Zytoplasma.
Pflaster für die Zelloberfläche
“Die Mitochondrien transportieren aktiv Coenzym Q an die Zelloberfläche, um die Zellen vor dem Zelltod zu schützen. Es ist, als ob die Mitochondrien Pflaster an die Oberfläche liefern, um die Zelle zu schützen”, sagt Deshwal. “Das zeigt einmal mehr, dass die Mitochondrien nicht nur als Energielieferant für unsere Zellen wichtig sind, sondern auch eine entscheidende regulatorische Rolle spielen.”
Langfristig hoffen die Forschenden, dass ein genaues Verständnis dieses Transportprozesses es ermöglicht, Coenzym Q in die Zellen betroffener Patienten zu bringen und damit einen neuen Therapieansatz für Krankheiten wie das Leigh-Syndrom zu finden.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Soni Deshwal, PhD
Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns, Köln
E-mail: soni.deshwal@age.mpg.de
Originalpublikation:
Soni Deshwal, Mashun Onishi, Takashi Tatsuta, Tim Bartsch, Eileen Cors, Katharina Ried, Kathrin Lemke, Hendrik Nolte, Patrick Giavalisco, Thomas Langer
Mitochondria regulate intracellular coenzyme Q transport and
ferroptotic resistance via STARD7
Nature Cell Biology, 19. Januar 2023
https://www.nature.com/articles/s41556-022-01071-y
Weitere Informationen:
https://www.age.mpg.de/de/forschung/forschungsgruppen/langer
https://www.age.mpg.de/de/gesund-alt-werden/faq
Bilder
Das Enzym STARD7 (grün) hilft den Mitochondrien (rot), Coenzym Q zu transportieren, um die Zellen vo …
S. Deshwal/ Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch