07.08.2019 20:01
Naturkundemuseum Berlin weist älteste Viren der Erdgeschichte nach
Ein eidechsenähnliches Tier, das vor 289 Millionen Jahren in der Permzeit lebte, litt an einer Erkrankung des Knochenstoffwechsels, die der Paget-Krankheit des heutigen Menschen ähnelt. Dies veröffentlichten die Forscherin Yara Haridy und ihre Kollegen vom Museum für Naturkunde Berlin, der Charité Universitätsmedizin Berlin und der University of Totonto in der open-access Fachzeitschrift Plos One. Dies ist der bei weitem älteste bekannte Nachweis einer derartigen Krankheit.
Das Tier gehörte zu einer ausgestorbenen Gruppe eidechsenartiger Kreaturen namens Varanopiden, die Verwandte der frühesten Vorfahren von Reptilien oder Säugetieren darstellen. Die Autoren der Studie identifizierten die Krankheit anhand von zwei verwachsenen Schwanzwirbeln aus einer unterpermischen Höhle nahe Richards Spur in Oklahoma, USA. Die Anwendung von Micro-CT im Museum für Naturkunde Berlin erlaubte die Untersuchung sowohl der äußeren als auch der inneren Struktur der verwachsenen Knochen und zeigte, dass der Knochen durch abnormal hohen Abbau stellenweise sehr dünn geworden war, während an anderen Stellen exzessives Knochenwachstum zu einer abnormalen Verdickung des Knochens und letztendlich zu der Fusion der zwei Wirbel geführt hat.
Die Forscher weisen darauf hin, dass dieser Befund der Paget-Krankheit in höchstem Maße ähnlich ist. Dies ist eine Knochenstoffwechselkrankheit, die durch den Zusammenbruch der Abstimmung zwischen knochenbildenden und knochenabbauenden Zellen gekennzeichnet ist. Die Paget-Krankheit ist beim Menschen gut untersucht und betrifft hier meist die Hüften und die Wirbelsäule. Sie wurde aber auch bei anderen heutigen Säugetieren und Reptilien diagnostiziert. Vor einigen Jahren wurde die Paget-Krankheit auch an einem Dinosaurier aus der Jurazeit von Forschern des Berliner Naturkundemuseums diagnostiziert. Am Ausbruch dieser Krankheit sind sowohl genetische Faktoren als auch masernähnliche Viren beteiligt, obwohl ihr exakter Auslöser noch umstritten ist.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Da von dem erkrankten Individuum nur zwei Wirbel erhalten sind ist es unmöglich festzustellen, inwieweit die Krankheit auch andere Teile des Skeletts betraf. War sie nur auf den Schwanz beschränkt, hatte das Tier wohl nur geringe Schmerzen und eine Versteifung des Schwanzes.
Die Entdeckung dieser Knochenkrankheit bei einem Varanopiden stellt den frühesten bekannten Nachweis einer pagetartigen Knochenerkrankung dar und legt nahe, dass die Anfälligkeit zu solchen Krankheiten schon bei unseren frühen unterpermischen Verwandten gegeben war. Auch ist sie der älteste indirekte Nachweis von Viren in der Erdgeschichte.
Publikation: Haridy, Y., Witzmann, F., Asbach, P. & Reisz, R. 2019. Permian metabolic bone disease revealed by microCT: Paget’s disease-like pathology in vertebrae of an early amniote. PlosOne.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Geowissenschaften, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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