Ungenügende Verarbeitung von Insulin führt zu Übergewicht



Teilen: 

01.09.2022 12:03

Ungenügende Verarbeitung von Insulin führt zu Übergewicht

Übergewicht erhöht das Risiko, dass der Zuckerstoffwechsel aus dem Gleichgewicht gerät oder sogar ein Diabetes entsteht. Dass auch umgekehrt Mängel in der körpereigenen Insulinproduktion zu Übergewicht beitragen, hat nun eine Forschungsgruppe der Universität Basel gezeigt.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Ungesunde Ernährung, zu wenig Bewegung und in der Konsequenz zu viele Pfunde auf der Waage – der Lebensstil beeinflusst das Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Allerdings gibt es auch den umgekehrten Zusammenhang, wie eine Forschungsgruppe um Dr. Daniel Zeman-Meier vom Departement Biomedizin der Universität und des Universitätsspitals Basel berichtet. Ist die Herstellung von Insulin beeinträchtigt, wie es im Anfangsstadium von Diabetes Typ 2 der Fall ist, kann dies zu Übergewicht beitragen. Von ihren Ergebnissen berichten die Forschenden im Fachjournal «Nature Communications».

Wenn die Aktivierung von Hormonen fehlschlägt

Im Fokus des Forschungsteams stand die sogenannte Protease PC1/3, ein zentrales Enzym des Körpers, das diverse inaktive Vorformen von Hormonen zu ihrer fertigen, aktiven Form umwandelt. Funktioniert dieses Enzym beim Menschen nicht richtig, führt dies zu schweren Hormonstörungen. Die Folgen sind unter anderem ein unkontrolliertes Hungergefühl und folglich starkes Übergewicht.

«Bis jetzt ging man davon aus, dass diese Fehlregulation von einer mangelnden Aktivierung von Sättigungshormonen im Gehirn stammt», erklärt Studienleiter Zeman-Meier. «Als wir jedoch PC1/3 gezielt im Gehirn von Mäusen ausschalteten, änderte sich das Körpergewicht der Tiere nicht massgeblich.» Daraus schlossen die Forschenden, dass etwas anderes als eine Fehlfunktion im Gehirn für das Hungergefühl verantwortlich sein musste.

Fehlerhafte Aktivierung von Insulin führt zu Hunger

In einem nächsten Schritt prüften sie, ob das Übergewicht durch die Fehlaktivierung von anderen Hormonen stammen könnte. PC1/3 aktiviert unter anderem Insulin, einen wichtigen Faktor in der Regulation von Blutzucker und Fettstoffwechsel. «Es lag daher nahe, die Rolle der Insulinproduktion als Ursache für das Übergewicht zu prüfen», so Zeman-Meier. Also schalteten die Forschenden bei Mäusen PC1/3 gezielt in den Insulin-produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse aus. Die Tiere nahmen daraufhin deutlich mehr Kalorien zu sich, wurden in der Folge übergewichtig und diabetisch.

Wichtiger Mechanismus im Menschen

«Diese Ergebnisse sind auch interessant, weil PC1/3 in der Bauchspeicheldrüse von Patientinnen und Patienten mit Prädiabetes reduziert ist», sagt Prof. Dr. Marc Donath, Forschungsgruppenleiter und Letztautor der Studie. Dies deute darauf hin, dass fehlerhafte Insulin-Aktivierung nicht nur eine Konsequenz von, sondern auch eine Ursache für Übergewicht sein könnte.

PC1/3 ist aber auch für die Gewichtsregulation bei gesunden Personen wichtig, betont Donath. So konnten die Forschenden zeigen, dass die Genexpression von PC1/3 in der Bauchspeicheldrüse in der Allgemeinbevölkerung negativ mit dem Körpergewicht korreliert, dass also ausreichend PC1/3 ein gesundes Körpergewicht begünstigt.

Die Erkenntnis, dass ein Defekt in den Insulin-produzierenden Betazellen ein Auslöser für Übergewicht ist, eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten. Vorstellbar wäre zum Beispiel, mit Medikamenten die Produktion von unreifen Insulinvorstufen zu reduzieren, und damit ein neues Instrument zur Bekämpfung von Übergewicht und Diabetes zu schaffen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Daniel Zeman-Meier, Universität Basel, Departement Biomedizin, Universitätsspital Basel, Klinik für Endokrinologie, Tel. +41 61 265 35 27, E-Mail: daniel.zeman@unibas.ch


Originalpublikation:

Daniel Meier, Leila Rachid, Sophia Wiedemann, Shuyang Traub, Kelly Trimigliozzi, Marc Stawiski, Loïc Sauteur, Denise Winter, Christelle Le Foll, Catherine Brégère, Raphael Guzman, Alex Odermatt, Marianne Böni-Schnetzler und Marc Y. Donath

Prohormone convertase 1/3 deficiency causes obesity due to impaired proinsulin processing

Nature Communications (2022): 10.1038/s41467-022-32509-4


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW