Verstärkte Ferroptose in Krebszellen: Wirkmechanismus von DHODH-Blockern aufgedeckt



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05.07.2023 17:13

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Verstärkte Ferroptose in Krebszellen: Wirkmechanismus von DHODH-Blockern aufgedeckt

Ein Team an Forschenden von Helmholtz Munich hat einen spezifischen Mechanismus aufgedeckt, der in der Lage ist, den Zelltod in Krebszellen durch die pharmakologische Beeinflussung von Ferroptose zu fördern.

Ferroptose ist eine Form des regulierten oxidativen Zelltods und spielt eine Rolle bei der Behandlung von therapieresistenten und metastasierenden Krebsarten. Daher hat sich ein Eingreifen in den Ferroptoseprozess durch eine Beeinflussung von körpereigener Abwehrsysteme als vielversprechende Strategie im Kampf gegen Krebs herausgestellt. Wissenschaftler:innen haben nun festgestellt, dass die Ferroptose-sensibilisierende Wirkung der Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH)-Blocker durch die Hemmung des Ferroptose-Suppressorproteins 1 (FSP1) erfolgt, ein weiteres Protein, das an dem Prozess der Ferroptose beteiligt ist, und nicht durch die DHODH selbst. Diese neuen Erkenntnisse bestätigen die entscheidende Rolle von FSP1 bei der Ferroptose-Überwachung von Krebszellen und können die zukünftige Entwicklung und Weiterentwicklung von FSP1-Blockern als wirksame Krebstherapien vorantreiben. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Die Sensibilisierung von Zellen für den regulierten Zelltod in Form von Ferroptose ist ein vielversprechender Ansatz für neue Krebstherapien, insbesondere für therapieresistente und metastasierende Krebsarten. Daher werden neue zelluläre Mechanismen und Verbindungen intensiv erforscht, die die Anfälligkeit von Krebszellen für Ferroptose regulieren. Im Jahr 2021 wurde die Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH) als neues Enzym zur Unterdrückung von Ferroptose beschrieben (Mao et al., Nature 2021). DHODH ist ein Enzym, das sich in den Mitochondrien befindet und für seine Rolle bei der Produktion von Bausteinen für die DNA-Synthese bekannt ist, indem es Dihydroorotat oxidiert und gleichzeitig das mitochondriale Coenzym Q10 (CoQ10) reduziert. Basierend auf aktuellen Daten wurde festgestellt, dass ein wirksamer und selektiver Blocker von DHODH (z. B. Brequinar) Krebszellen effektiv vom Wachstum abhält, indem die Ferroptose induziert wird. Aus diesem Grund kam es zu der Annahme, dass DHODH die Ferroptose unterbindet (Mao et al., Nature 2021). Die Hemmung der DHODH wurde somit als vielversprechendes Zielmolekül zur Überwindung der Ferroptose-Resistenz in Krebszellen betrachtet. Ein Forscherteam unter der Leitung von Dr. Eikan Mishima und Dr. Marcus Conrad, beide vom Institut für Stoffwechsel und Zelltod bei Helmholtz Munich, hat nun den eigentlichen Mechanismus aufgedeckt, wie DHODH-Blocker bei höheren Konzentrationen den Zelltod in Krebszellen durch Ferroptose fördern.

Blocker von DHODH hemmen FSP1 als Off-Target-Effekt

Die Wissenschaftler:innen von Helmholtz Munich erkannten, dass DHODH eine ähnliche Funktion wie das Ferroptose-Suppressorprotein 1 (FSP1) hat, da beide Proteine CoQ10 reduzieren und so eine Lipidperoxidation verhindern können. Der Erstautor der Studie, Eikan Mishima, schlussfolgerte daher, “dass die DHODH-Blocker möglicherweise auch das FSP1 Enzym anvisieren”. In der Folge untersuchten die Forscher:innen, ob der Ferroptose-sensibilisierende Effekt der DHODH-Blocker durch die eigentliche Hemmung von FSP1 entsteht. Ihre Untersuchungen bestätigten, dass Blocker von DHODH wie Brequinar tatsächlich FSP1 stark hemmen können. Darüber hinaus zeigten sie, dass der Ferroptose-sensibilisierende Effekt der DHODH-Blocker nur durch die Hemmung von FSP1 und nicht durch eine DHODH-Hemmung entsteht. Zusätzlich konnte das Team nachweisen, dass die kurze Form (auch als zytoplasmatische oder somatische Form bekannt) der Glutathionperoxidase 4 (GPX4) Zellen effektiv vor Ferroptose schützt, im Gegensatz zu ihrer mitochondrialen Isoform. Diese Ergebnisse sprechen daher gegen die vermutete Rolle von DHODH bei der Ferroptoseregulation, während GPX4 und FSP1 weiterhin die wichtigsten Proteine zur Unterdrückung von Ferroptose in Zellen, einschließlich Krebszellen, darstellen.

FSP1-Blocker sind potenzielle neue Wirkstoffe gegen Krebs

Da therapieresistente und metastasierende Krebsarten sehr anfällig für Ferroptose sind, stellt die durch FSP1-Hemmung induzierte Sensibilisierung von Krebszellen gegenüber Ferroptose ein großes Potenzial in der Krebstherapie dar. Obwohl klinisch verfügbare FSP1-Blocker noch in der frühen Entwicklung sind, kann die neu entdeckte Wirkung von DHODH-Blockern als weitere FSP1-Blocker zur zukünftigen Entwicklung und Weiterentwicklung von FSP1-Blockern für neuartige Krebstherapien beitragen. Marcus Conrad ist zuversichtlich: “Die Hemmung von FSP1 mit neuen FSP1-spezifischen Verbindungen könnte eine neuartige effektive Strategie für die Behandlung bestimmter Krebsarten darstellen”.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Marcus Conrad, Direktor des Instituts für Metabolismus und Zelltod bei Helmholtz Munich, Deutschland
Kontakt: marcus.conrad@helmholtz-munich.de
Dr. Eikan Mishima, leitender Wissenschaftler am Institut für Metabolismus und Zelltod bei Helmholtz Munich, Deutschland, und an der Tohoku Universität Graduate School of Medicine, Sendai, Japan


Originalpublikation:

Mishima et al. (2023): DHODH inhibitors sensitize to ferroptosis by FSP1 inhibition. Nature. DOI: 10.1038/s41586-023-06269-0


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW