Vielversprechendes Malariamedikament senkt Sterblichkeit bei kranken Kindern nicht wie erhofft



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20.12.2022 12:02

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Vielversprechendes Malariamedikament senkt Sterblichkeit bei kranken Kindern nicht wie erhofft

Eine vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) mit lokalen Partnern durchgeführte Studie hat gezeigt, dass die rektale Verabreichung des Malariamittels Artesunat (RAS) als Erstbehandlung vor einer Einweisung in ein Krankenhaus keinen positiven Einfluss auf das Überleben von Kleinkindern mit schwerer Malaria. Die Studie, die in drei afrikanischen Ländern durchgeführt wurde, kommt zum Schluss, dass die Verabreichung von RAS die Malaria-Todesfälle voraussichtlich nicht senken wird, sofern Schwachstellen im Gesundheitssystem nicht behoben werden. Die Studienergebnisse könnten Auswirkungen auf die aktuellen Behandlungsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation haben.

Allschwil, Schweiz, 20. Dezember 2022: Die vielversprechende rektale Verabreichung des Malariamittels Artesunat («rectal arteusnate», RAS) erweist sich bei der -Behandlung von Kleinkindern, die an schwerer Malaria leiden, als unzureichend. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie, die vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) in Zusammenarbeit mit Partnern durchgeführt wurde. Ein Artikel über diese Ergebnisse wurde heute in The Lancet Infectious Diseases veröffentlicht.

Die Studie untersuchte eine grossflächige Einführung von RAS in der Demokratischen Republik Kongo, in Nigeria und in Uganda. Dabei zeigte sich, dass RAS unter realen Bedingungen als Erstbehandlung im Vorfeld einer Einweisung in ein Krankenhaus die Überlebenschancen von Kleinkindern mit schwerer Malaria nicht verbesserte. «Unsere Forschungsergebnisse bringen die in vielen Malariagebieten absolut unzureichende Gesundheitsversorgung ans Licht», so Manuel Hetzel, Professor für Epidemiologie am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) und Erstautor der Publikation. «Wir haben herausgefunden, dass die Behandlung von schweren Malariafällen insgesamt so schlecht ist, dass der Einsatz eines zusätzlichen Medikaments zur Erstbehandlung in diesem Kontext keine positive Wirkung hat. Wir müssen uns daher auf Investitionen zur Verbesserung der bestehenden Gesundheitssysteme konzentrieren, anstatt uns auf eine einzelne Intervention zu verlassen.»

In der Beobachtungsstudie, an der 6200 schwer kranke Kinder unter fünf Jahren teilnahmen, wurde festgestellt, dass Kinder, denen RAS verabreicht wurde, in einigen Fällen ein höheres Sterberisiko hatten als jene, die nicht mit RAS behandelt wurden. «In der Vergangenheit wurde nachgewiesen, dass sich RAS positiv auf den Gesundheitszustand auswirkt, wenn im Anschluss an die Verabreichung eine angemessene Nachbehandlung in einem Krankenhaus erfolgt. Dies weckte Hoffnung bei Malaria-Kontrollprogrammen», so Hetzel weiter. «Allerdings wird in vielen Fällen die Malariabehandlung vorzeitig abgebrochen, weil Kinder mangels Transportmöglichkeiten nicht in Krankenhäuser gebracht werden können, die Kosten für Transport und Behandlung zu hoch sind, oder die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern schlecht ist.»

RAS wird als einzelnes Zäpfchen, vor der Einweisung in ein Krankenhaus verabreicht. Es kann als Notfallbehandlung von einer kommunalen Gesundheitsfachkraft oder in einer vom Krankenhaus weit entfernten Gesundheitseinrichtung verabreicht werden, um die Zeit zu überbrücken, bis ein schwer krankes Kind in ein Krankenhaus eingeliefert wird. Bei schwerer Malaria erfolgt nach im Krankenhaus eine Behandlung mit einem intravenös verabreichten Malariamedikament. Im Anschluss daran werden eine vollständige oral verabreichte Kombinationstherapie auf Artemisinin-Basis (ACT) sowie Antibiotika zur Behandlung von Komplikationen eingesetzt.

Aktuelle Empfehlungen der WHO

Die aktuellen WHO-Richtlinien für den Einsatz von RAS als Erstbehandlung beruhen auf einer randomisierten kontrollierten Studie, die zwischen 2000 und 2006 in Ghana, Tansania und Bangladesch durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Studie waren aber als Leitfaden zur grossflächigen Einführung von RAS unzureichend. «Im wirklichen Leben beeinflussen zahlreiche Faktoren ob eine Person angemessen behandelt und geheilt wird. Deshalb können Massnahmen, die in einer kontrollierten Studie gute Ergebnisse erzielen, unter realen Bedingungen nicht immer ihren Zweck erfüllen», so Phyllis Awor, Co-Investigatorin der Studie an der Makerere University School of Public Health in Uganda.

Aufgrund der Ergebnisse der neuen Swiss TPH Studie hat die WHO im Oktober 2021 einen Informationsvermerk herausgegeben, in dem sie malaria-endemischen Ländern empfiehlt, die Einführung von RAS entweder aufzuschieben, bis weitere Leitlinien für die sichere Anwendung von RAS zur Verfügung stehen, oder die Bedingungen, unter denen RAS derzeit eingesetzt wird, dringend zu überprüfen. Derzeit werden die aktuellen WHO-Leitlinien von einem von der WHO ernannten Expertenteam überprüft.

«Unsere Erkenntnisse aus der Praxis sollten dringend beachtet werden, bevor eine grossflächige Einführung von RAS vorangetrieben wird, insbesondere in Gesundheitssystemen, die eine umfassende Behandlung nicht garantieren können», sagte Hetzel. «Ohne die komplexen Gegebenheiten zu berücksichtigen, mit denen sich Eltern und Gesundheitspersonal in abgelegenen, unterversorgten Gebieten konfrontiert sehen, kann das Potential von vielversprechende Massnahmen wie RAS nicht ausgeschöpft werden und es werden weiterhin Kinder an Malaria sterben.»

Über die Studie

Das CARAMAL (Community Access to Rectal Artesunate for Malaria) Projekt war eine Beobachtungsstudie, die zeitgleich mit der grossflächigen Einführung von RAS als Erstbehandlung in der Demokratischen Republik Kongo, in Nigeria und in Uganda zwischen 2018 und 2021 durchgeführt wurde. Es ist die erste Studie dieser Art, in der die Einführung des qualitätsgesicherten Malariamittels RAS in bestehenden kommunalen Gesundheitssystemen grossflächig untersucht wurde. Das Projekt wurde von der Clinton Health Access Initiative (CHAI), UNICEF und dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) mit finanzieller Unterstützung von Unitaid durchgeführt. Das Swiss TPH war in Zusammenarbeit mit der Kinshasa School of Public Health, Akena Associates und der Makerere University School of Public Health für die wissenschaftlichen Untersuchungen verantwortlich. Die Studie wurde am 11. Oktober 2022 in BMC Medicine veröffentlicht.

Publikation

Hetzel MW et al. Pre-referral rectal artesunate: no cure for unhealthy systems. Lancet Infectious Diseases 2022. https://doi.org/10.1016/S1473-3099(22)00762-9


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Manuel Hetzel, Professor für Epidemiologie, Swiss TPH


Originalpublikation:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1473309922007629?via%3Dihub


Weitere Informationen:

https://www.swisstph.ch/en/news/news-detail/news/promising-antimalarial-drug-pro…


Bilder

Symbolbild

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Matthis Kleeb/Swiss TPH
Matthis Kleeb/Swiss TPH


Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW