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12.12.2022 16:32
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Warum wollen die Babyboomer vorzeitig in Rente?
Seit 2011 befragt die repräsentative Studie „lidA – leben in der Arbeit“ wiederholt ältere Erwerbstätige aus den sogenannten „Babyboomer“-Jahrgängen dazu, wie lange im Leben sie arbeiten wollen und können. Die Studie beobachtet, wie sich Arbeitsbedingungen und Erwerbsverläufe verändern und welche persönlichen Motive hinter der Entscheidung stehen, das Erwerbsleben zu verlassen oder nicht. Erste Ergebnisse aus der vierten Erhebungswelle, in der bis zu 9.000 Personen in ganz Deutschland befragt werden, bestätigen: Der Trend zum frühen Ausstieg aus dem Erwerbsleben ist ungebrochen.
Wer arbeitet in Deutschland wie lange und warum? Diese Frage bewegt die Politik aktuell ebenso wie die Wirtschaft, in der zahlreiche Unternehmen über Fachkräftemangel klagen. Schon 2019 hatte die lidA-Studie herausgefunden, dass unter älteren Erwerbstätigen nur 10 Prozent bis zum gesetzlichen Rentenalter arbeiten möchten.
Gesundheit spielt nur untergeordnete Rolle
Erste Zahlen aus der derzeit in ganz Deutschland laufenden Welle 4 bestätigen: Dieser Trend scheint ungebrochen. Dabei bedeutet drei Vierteln der Befragten ihre Arbeit laut eigener Aussage „sehr viel“. Wie erklärt sich dieser scheinbare Widerspruch? Bei einem Teil der Beschäftigten sind schlechte Gesundheit und schlechte Arbeitsbedingungen der Grund dafür, dass das Arbeiten nicht mehr möglich scheint. „Stichwort Arbeitsqualität: Hier sollte einiges in den Betrieben getan werden, um Vielen die Weiterarbeit zu erleichtern. Dass dies möglich ist, zeigen unsere Ergebnisse. Die jüngeren Beschäftigten würden von verbesserten Arbeitsbedingungen sogar langfristig profitieren“, so Prof. Hasselhorn, Leiter der Studie an der Bergischen Universität Wuppertal.
Doch selbst unter den vielen Beschäftigten mit guter Gesundheit und guter Arbeitsfähigkeit wollen nur 12 Prozent (statt 10 Prozent) bis zum Rentenalter arbeiten. Die Gründe? Unter Befragten, die schon vor dem 65. Lebensjahr in Rente gehen wollen, zeigt sich: Die meisten wünschen sich vor allem „mehr freie Zeit“. Sehr viele meinen zudem, dass „irgendwann Schluss sein“ müsse. Erst mit deutlichem Abstand nennen sie als Grund für den frühen Ausstiegswunsch eine vorhandene finanzielle Absicherung, eine zu anstrengende Arbeit oder gesundheitliche Gründe. Erwartungsgemäß unterscheiden sich verschiedene Berufsgruppen dabei sehr deutlich. So werden die Gründe „anstrengende Arbeit“ und „gesundheitliche Probleme“ von Personen in Pflegeberufen doppelt so oft genannt wie von Personen in Verwaltungstätigkeiten.
Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Gestaltungsmöglichkeiten
Jedoch ist der Wunsch nach dem früheren Austritt aus dem Arbeitsleben noch keine unumstößliche Entscheidung. 75 Prozent aller Personen mit Frühausstiegswunsch wären unter bestimmten Bedingungen bereit, doch länger zu arbeiten. Als Bedingungen wurden am häufigsten genannt: „Wenn ich frei bestimmen könnte, wieviel ich arbeite.“, „Wenn ich frei bestimmen könnte, wann ich arbeite.“, „Wenn die Arbeit nicht zu anstrengend wäre.“ und „Wenn die Arbeit gut bezahlt würde“.
„Betriebe, die möchten, dass ihre Beschäftigten länger im Erwerbsleben bleiben, sollten überlegen, wo und wie deren Arbeitsbedingungen verbessert werden können. Insbesondere wird es darum gehen, ihren älteren Beschäftigten mehr Mitwirkung bei der Arbeitsgestaltung einzuräumen. Den Führungskräften kommt hier eine zentrale Rolle zu. Schon früh sollten sie mit ihren Mitarbeitenden über deren Vorstellungen von den letzten Arbeitsjahren reden und ihnen dabei auch deutlich machen, dass sie im Betrieb noch gebraucht werden. Das Thema „meine letzten Arbeitsjahre“ wird in den Betrieben wird sehr oft übersehen“, ordnet Prof. Hasselhorn die Befunde ein.
Die lidA-Studie
Zu den genannten Themen forscht die lidA-Studie seit Jahren: Im Abstand von ca. drei Jahren werden dafür ältere Erwerbstätige befragt. Die laufende Welle 4 befragt deutschlandweit bis zu 9.000 Erwerbstätige der Jahrgänge 1959, 1965 und 1971. Für die sozialversicherungspflichtige Erwerbsbevölkerung dieser Jahrgänge ist die Studie in allen bisherigen Erhebungswellen repräsentativ. Mit den Ergebnissen kann das Wuppertaler Studienteam verfolgen, wie sich Gesundheit, Arbeitsfähigkeit, Motivation und Arbeit der befragten Personen über die Zeit verändern und gegenseitig beeinflussen. Bis die ersten Befragten im Jahr 2025 das gesetzliche Regelrenteneintrittsalter erreichen, soll die Untersuchung fortgesetzt werden. Finale Ergebnisse der Welle 4 werden im Frühjahr 2023 vorliegen.
Zu der abgeschlossenen Erhebungswelle 3 bietet der Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft eine Ergebnis-Broschüre an. Außerdem stehen Impulse für Führungskräfte und eine Broschüre zu den letzten Berufsjahren im Pflegedienst zum kostenlosen Download bereit unter www.lida-studie.de.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Kontakt und Interviewanfragen
Prof. Dr. med. Hans Martin Hasselhorn
Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft
Sekretariat
Telefon 0202/439-2088
E-Mail hasselhorn@uni-wuppertal.de
Weitere Informationen:
https://arbeit.uni-wuppertal.de/fileadmin/arbeit/Brosch%C3%BCre_und_Flyer/2022_1… (Flyer mit Rahmendaten zur Studie)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch