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24.01.2023 13:56
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Aktin wirkt auf mehreren Wegen auf die Ausbreitung von Krebs
– Forschende der Universität Freiburg finden einen bisher unbekannten Zusammenhang zwischen dem Aktin-Zellskelett und der Bösartigkeit von Tumoren.
– Es war bereits bekannt, dass das Aktin-regulierende Molekül FMNL2 in vielen Tumorerkrankungen die Bildung von Metastasen fördert. Die aktuellen Ergebnisse erklären diese Beobachtung.
– Dieses Wissen könnte sich für die Tumordiagnostik oder -therapie nutzen lassen. Diese Studie ist dafür ein erster Schritt, auf dem weitere Forschung aufbauen kann.
– Die Studie ist in Advanced Science erschienen.
Metastasen entstehen, wenn sich Krebszellen von einem primären Tumor aus im Körper verbreiten. Dafür müssen sie ihren Zellverband verlassen und in andere Gewebe einwandern. Signalmoleküle, die von den Krebszellen abgegeben werden, begünstigen diese Prozesse und sind daher entscheidend für die Bösartigkeit von Tumoren. Forschende um Prof. Dr. Robert Grosse und Dr. Carsten Schwan von der Universität Freiburg haben einen Zusammenhang zwischen der Ausschüttung eines solchen prometastatischen Faktors und dem Zellskelett entdeckt. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Advanced Science erschienen.
Aktin hat mehrere Funktionen in der Krebsausbreitung
Aktinfilamente sind ein Teil des Zellskeletts und wichtig für Stabilität und Fortbewegung von Zellen. Sie bilden ein Netzwerk, das dynamisch auf- und abgebaut wird, indem an den Enden der Filamente Bausteine ergänzt oder abgespalten werden. Diese Vorgänge werden präzise durch andere Moleküle reguliert, unter anderem durch sogenannte Formine. Die Dynamik des Aktin-Netzwerks ermöglicht die Bewegung von Zellen, zum Beispiel während der Entwicklung oder bei der Heilung von Wunden. Sie wird aber auch von Krebszellen ausgenutzt, um sich im Körper zu verbreiten. Aktin spielt außerdem beim Transport von Stoffen im Inneren von Zellen eine Rolle, allerdings sind diese Prozesse bisher weniger gut verstanden als andere Transportmechanismen.
Die Freiburger Forschenden fanden nun heraus, dass das Aktin-Netzwerk auch für die Freisetzung bestimmter prometastatischer Faktoren notwendig ist. Dafür nutzten sie hochauflösende Mikroskope, mit denen sie die Bewegungen einzelner Transportvesikel im Inneren von lebenden Krebszellen nachverfolgen konnten. „So konnten wir zeigen, dass ANGPTL4-beladene Vesikel durch dynamische und lokalisierte Aktinpolymerisation an die Peripherie der Zelle transportiert werden“, erklärt Grosse, der am Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies der Universität Freiburg forscht. ANGPTL4 ist ein wichtiger prometastatischer Faktor, der die Bildung von Metastasen in verschiedenen Krebsarten begünstigt.
FMNL2 steuert den Transport von ANGPTL4 über Aktinfilamente
Der Transport der Vesikel wird dabei durch das Formin-ähnliche Molekül FMNL2 gesteuert, das direkt an den Vesikeln zu einer Polymerisation, also Verlängerung, von Aktinfilamenten führt. Zu diesem Schluss kommen die Forschenden durch die mikroskopischen Beobachtungen und weitere genetische Analysen. „Es war schon bekannt, dass eine erhöhte FMNL2-Aktivität bei vielen Tumoren prometastatisch wirkt, wir können mit der Arbeit aber einen wichtigen mechanistischen Hintergrund und einen Zusammenhang mit dem TGFbeta Signalweg zeigen“, sagt Grosse. Dieses Wissen könnte sich für die Tumordiagnostik oder -therapie nutzen lassen, so der Wissenschaftler. Etwa durch die Entwicklung eines Antikörpers, der spezifisch die Anwesenheit von aktivem FMNL2 nachweist. Ausserdem könnte phosphoryliertes FMNL2 eine attraktive pharmakologische Zielstruktur für die Tumortherapie sein.
Über den Exzellenzcluster CIBSS
Der Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies – hat das Ziel, ein umfassendes Verständnis von biologischen Signalvorgängen über Skalen hinweg zu gewinnen – von den Wechselwirkungen einzelner Moleküle und Zellen bis hin zu den Prozessen in Organen und ganzen Organismen. Mit dem gewonnenen Wissen lassen sich Signale gezielt kontrollieren und dies wiederum ermöglicht den Forschenden nicht nur Erkenntnisse in der Forschung, sondern auch Innovationen in der Medizin und den Pflanzenwissenschaften.
Videos: Dennis Frank / Universität Freiburg CC BY 4.0
– https://arpasset2.pubmate.in/ADVS_EV_ADVS202204896_20230105183943326/ProofLink/s…
– https://arpasset2.pubmate.in/ADVS_EV_ADVS202204896_20230105183943326/ProofLink/s…
Faktenübersicht:
• Originalpublikation: Frank, D., Moussie, J.C., Ulferts, S., Lorenzen, L., Schwan, C., Grosse, R. (2023): Vesicle-Associated Actin Assembly by Formins Promotes TGFß-Induced ANGPTL4 Trafficking, Secretion and Cell Invasion. In Advanced Science. https://doi.org/10.1002/advs.202204896
• Robert Grosse ist Professor für Pharmakologie und Toxikologie und Direktor der Abteilung I des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität Freiburg. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Regulierung von Aktin und dessen Rolle für den Erhalt der Gesundheit und bei Erkrankungen.
• Carsten Schwan ist Gruppenleiter am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie an der medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Zytoskelett.
• Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert.
Bildunterschrift:
Hochauflösende mikroskopische Aufnahme einer Zelle. Mithilfe fluoreszenter Farbstoffe sind der prometastatische Faktor ANGPTL4 magentafarben, das Molekül FMNL2 grün, und das Aktin-Zellskelett weiß dargestellt. Die Vergrößerung zeigt ein einzelnes ANGPTL4-gefülltes Vesikel zu mehreren aufeinanderfolgenden Zeitpunkten. FMNL2 (grün) sorgt dafür, dass Aktin-Filamente (weiß) direkt am Vesikel verlängert werden, wodurch das sich das Vesikel bewegt. Das Vesikel ist nur ca. 200 Nanometer groß. Bild: Dennis Frank / Universität Freiburg
Kontakt:
Annette Kollefrath-Persch
Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8909
E-Mail: annette.persch@zv.uni-freiburg.de
Weitere Informationen:
https://kommunikation.uni-freiburg.de/pm/2023/aktin-wirkt-auf-mehreren-wegen-auf…
Bilder
Bildunterschrift siehe Text
Dennis Frank
Universität Freiburg
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch