Bakterien stoppen Selbstzerstörungsprogramm der Zelle

Bakterien stoppen Selbstzerstörungsprogramm der Zelle


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27.12.2019 11:21

Bakterien stoppen Selbstzerstörungsprogramm der Zelle

Um sich vermehren zu können, blockieren Durchfallerreger zelluläre Faktoren, die zum programmierten Zelltod führen / Veröffentlichung in Nature Microbiology

Bestimmte Bakterien können einen Abwehrmechanismus des Immunsystems, den sogenannten programmierten Zelltod, außer Kraft setzen, indem sie die verantwortlichen Enzyme blockieren. Bakterien von der Gattung Shigella, die Durchfallerkrankungen verursachen, benutzen Lipopolysacharide auf ihrer Oberfläche, um die Hauptvermittler des Zelltodes, die Caspasen, zu binden. Dadurch können die Bakterien sich innerhalb der Zelle vermehren. Zu diesen Ergebnissen gelangte ein Team um Professor Dr. Hamid Kashkar vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Immunologie, Exzellenzcluster CECAD (Cellular Stress Responses in Aging-Associated Diseases) der Universität zu Köln. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten die Molekularimmunologen im Aufsatz „Cytosolic Gram-negative bacteria prevent apoptosis by inhibition of effector caspases through LPS“ von Günther et al, der in der aktuellen Ausgabe von „Nature Microbiology“ erschienen ist.

Verschiedene bakterielle Krankheitserreger können unserem Immunsystem entkommen, indem sie sich innerhalb unserer Körperzellen (intrazellulär) aufhalten und vermehren. Die intrazelluläre Vermehrung von Erregern führt am späteren Zeitpunkt zum Zusammenbruch der Zelle und zur Freisetzung von Mikroorganismen. Diese können die benachbarten Zellen infizieren, sich weiter vermehren und zum Gewebeschaden und infektiöser Erkrankung führen.

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Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
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Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Doch der Körper hat eine Antwort auf diese Strategie der Bakterien: Der programmierte Zelltod, die sogenannte Apoptose, reagiert auf zellulären Stresssituationen unter anderem während der Infektion und führt zur schnellen Elimination der infizierten Zelle. Durch das schnelle Selbstzerstörungsprogramm unserer Körperzellen können Krankheitserreger sich nicht vermehren und werden durch das Immunsystem erfolgreich beseitigt.

Bekannt war bisher, dass erfolgreiche Krankheitserreger wiederum die Apoptose effizient blockieren und sich auf diese Weise trotzdem intrazellulär vermehren können. Der verantwortliche molekulare Mechanismus war allerdings weitestgehend nicht bekannt.
Dem Team von Professor Kashkar ist es nun gelungen zu zeigen, dass der Erreger der Shigellose, die die typische Ursache der akuten entzündlichen Durchfallerkrankung sind, die Apoptose verhindert, indem er bestimmte Enzyme, das sogenannte Caspasen, effizient blockiert. Dadurch kann die Caspase nicht mehr die Apoptose initiieren.
Die Kölner Biologen konnten nachweisen, dass Lipopolysacharide (LPS), die ein Bestandteil der bakteriellen äußeren Membran sind, die Caspasen binden und sie blockieren. Bakterien hingegen, die keine vollständige LPS besitzen, verursachen Apoptose. Sie können sich deshalb nicht mehr intrazellulär vermehren, werden von dem Immunsystem erfolgreich bekämpft und verursachen keine infektiöse Erkrankung. Die Arbeit von Kashkars Team entschlüsselt eine wichtige bakterielle Strategie, den schnellen Tod der Wirtszelle zu vermeiden und sich für die Vermehrung eine angemessene Nische zu etablieren.

Inhaltlicher Kontakt:
Professor Dr. Hamid Kashkar
Exzellenzcluster CECAD
+49 221 478 84091
h.kashkar@uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Robert Hahn
+49 221 470-2396
r.hahn@verw.uni-koeln.de

Zur Publikation:
DOI: 10.1038/s41564-019-0620-5


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW