Biologischer Zeitgeber blaues Licht und Nachtarbeit



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14.03.2019 10:00

Biologischer Zeitgeber blaues Licht und Nachtarbeit

In einer Studie mit Beschäftigten in der Pflege konnte das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA) erstmals eingehend beschreiben, wie sich 24-Stunden-Lichtprofile durch die Schichtarbeit verändern.

Licht ist der stärkste Zeitgeber für unsere innere biologische Uhr. Gerät diese aus dem Takt, kann das die Gesundheit beeinträchtigen. Im Rahmen einer Studie zur Schichtarbeit wurden vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA) bei Beschäftigten in der Pflege über 24 Stunden personenbezogene Lichtmessungen durchgeführt. Sie erlauben eine detaillierte Analyse der Unterschiede zwischen Tag- und Nacharbeit. Erstmals konnte eingehend beschrieben werden, wie sich 24-Stunden-Lichtprofile durch die Schichtarbeit verändern.

Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der Ausgabe der Zeitschrift Science of The Total Environment veröffentlicht.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Nachtarbeit nimmt zu

Spätestens seit die internationale Krebsagentur langjährige Schichtarbeit, die mit circadianen Störungen verbunden ist, als wahrscheinlich Krebs erregend (Gruppe 2A) einstufte, sind die Auswirkungen von Schichtarbeit in den Fokus der Forschung gelangt. Laut Mikrozensus von 2017 arbeiten mehr als 4,5 Millionen Menschen in Deutschland in Nachtarbeit, Tendenz weiter steigend.

Untersuchung von Beschäftigten im Schichtdienst

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IPA untersuchten weibliche Beschäftigte in der Krankenpflege im Schichtdienst. Das Kollektiv bestand aus Frauen, die sowohl in Tag- als auch in Nachtschichten in der Klinik arbeiteten. Die Vergleichsgruppe bestand aus Frauen, die ausschließlich in Tagschichten arbeiteten. Erfasst wurden in der Studie typische 24-Stunden-Profile des Lichts während Phasen mit Tagarbeit und Phasen mit Nachtarbeit. Dazu trugen die Teilnehmerinnen der Studie Lichtmessgeräte, mit denen die Lichtexpositionen in verschiedenen Spektralbereichen – hierunter auch das Blaulicht, welches für die biologischen Tagesrhythmen eine besondere Rolle spielt – alle 10 Sekunden aufgezeichnet wurden. „Wir haben so ein engmaschiges Lichtprofil über den Tag erhalten und konnten gezielt bestimmte Zeitabschnitten untersuchen“, erläutert die Leiterin der Studie Dr. Sylvia Rabstein.

„Natürlich waren wir davon ausgegangen, dass die Lichtprofile bei Nachtarbeit eine erhöhte Blaulichtexposition im Vergleich zu Phasen mit Tagschicht zeigen“, so Prof. Thomas Behrens. „Es zeigte sich, dass das 24-Stunden-Blaulichtprofil bei Nachtschichtarbeit nicht nur zeitlich verschoben ist, sondern auch eine ganz andere Form hat. So fehlten insbesondere die längeren Phasen an Dunkelheit, die für die Synchronisation der inneren Uhren durch den Wechsel zwischen hell und dunkel wichtig sein können und die auch für eine gute Schlafqualität sorgen“ ergänzt Sylvia Rabstein. Mit Blick auf die tägliche Praxis könnte dies bedeuten, dass es sinnvoll ist, den Schlafraum beim Tagschlaf noch stärker abzudunkeln.

„Für uns sind diese Ergebnisse insbesondere wichtig im Hinblick auf zukünftige Studien und natürlich auch die Prävention gesundheitlicher Folgen von Nachtarbeit“, so Prof. Thomas Brüning, Direktor des IPA. „So wissen wir jetzt, dass wir bei der Beurteilung der Lichtexposition den ganzen Tag im Blick haben müssen und neben Beleuchtung am Arbeitsplatz auch das individuelle Beleuchtungsverhalten berücksichtigen müssen.“ Wie sich die Unterschiede in den Lichtprofilen auf Schlaf, Hormone und weitere Parameter auswirkt, wird nun weiter untersucht werden.

Nachgefragt: Blaulicht

Licht ist der für den Menschen sichtbare Bereich der elektromagnetischen und optischen Strahlen, der durch die Stäbchen und Zapfen des Auges wahrgenommen wird. Um die Jahrtausendwende konnte gezeigt werden, dass es weitere Rezeptoren gibt, die insbesondere auf Strahlung im Spektralbereich des blauen Lichts ansprechen und eine nichtvisuelle Wirkung im Körper hervorrufen. Diese sorgt dafür, dass der biologische Tagesrhythmus im Körper mit dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus der Umwelt synchronisiert wird. So beeinflusst blaues Licht insbesondere unseren natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus, aber auch den Hormonhaushalt und viele weitere Prozesse im Körper. Zu viel Blaulicht in der Nacht kann dazu führen, dass die nächtliche Ausschüttung des auch als „Schlafhormon“ bezeichneten Melatonins unterdrückt wird. Daher wird eine extensive Nutzung von Lichtquellen wie PC, Tablet, Smartphone und Co vor dem Schlafengehen als kritisch gesehen, da diese bei erhöhtem Blaulichtanteil das Einschlafen verzögern und die Melatonin-Ausschüttung verschieben kann.

Originalpublikation:

S. Rabstein, K Burek, M. Lehnert, A. Beine, C. Vetter, V. Harth, S. Putzke, T. Kantermann, J. Walther, R Wang-Sattler, D. Pallapies, T. Brüning, T. Behrens. Differences in twenty-four-hour profiles of blue-light exposure between day and night shifts in female medical staff. Sci Tot Environ 2019: 653; 1025-1033.

Das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV

Das IPA – Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ist als Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB) an der Schnittstelle zwischen arbeitsmedizinischer Forschung und der Praxis für den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen positioniert.
Zum einen ist es daher für die medizinisch-akademische Forschung und Lehre im Fach Arbeitsmedizin der Ruhr-Universität Bochum verantwortlich; zum anderen unterstützt das IPA die gewerblichen Berufsgenossenschaften, die Unfallkassen und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Sylvia Rabstein
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Tel. 030 13001 4213
E-Mail: rabstein@ipa-dguv.de


Originalpublikation:

S. Rabstein, K Burek, M. Lehnert, A. Beine, C. Vetter, V. Harth, S. Putzke, T. Kantermann, J. Walther, R Wang-Sattler, D. Pallapies, T. Brüning, T. Behrens. Differences in twenty-four-hour profiles of blue-light exposure between day and night shifts in female medical staff. Sci Tot Environ 2019: 653; 1025-1033.


Weitere Informationen:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969718341895?via%3Dihub


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW