DGI: Sommerleiden Blasenentzündung – Erstmal ohne Antibiotikum behandeln



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23.07.2019 10:25

DGI: Sommerleiden Blasenentzündung – Erstmal ohne Antibiotikum behandeln

Blasenentzündungen sind kein Phänomen der kalten Jahreszeit, auch in den Som-mermonaten tritt die Infektion häufig auf. Denn wenn nasse Badekleidung nicht rasch genug ausgezogen oder die abendliche Kühle unterschätzt wird, macht man es Bakterien unfreiwillig leicht. Harnwegsinfektionen werden oft sofort mit einem Antibiotikum behandelt. Noch immer zu wenig bekannt ist: Antibiotika sind bei diesem Krankheitsbild in vielen Fällen unnötig. Ihr unkritischer Einsatz trägt zudem zur Entstehung von Antibiotikaresistenzen bei. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI) hin.

Unkomplizierte Blasenentzündungen heilen oft auch dann folgenlos aus, wenn lediglich die Symptome mit Schmerzmitteln gelindert werden.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Brennende Schmerzen beim Wasserlassen, das Gefühl, ständig auf die Toilette zu müssen, manchmal auch Unterleibskrämpfe: Jede zweite Frau erkrankt mindestens einmal in ihrem Leben an einer Blasenentzündung. Jede vierte bis fünfte Betroffene leidet unter wiederkehrenden Infektionen, die zum Teil mehrmals jährlich aufflammen. Bei Männern treten Harnwegsinfektionen deutlich seltener auf. Das hat anatomische Gründe: Der Harnleiter ist bei Frauen wesentlich kürzer, sodass eindringende Bakterien schneller in die Harnblase vordringen und sich dort festsetzen können. Meist sind es Darmbakterien der Art E-scherichia coli, die die lästige Infektion verursachen. Aber auch andere Bakterien kommen als Erreger infrage.

„Die unkomplizierte Harnwegsinfektion gehört zu jenen Infektionen, bei denen oft vor-schnell und unnötigerweise zu einem Antibiotikum gegriffen wird“, sagt Professor Dr. med. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Universitätsklinik Köln und Vorsitzender der DGI. „Sie sind nach den Atemwegsinfekten der häufigste Grund für Antibiotikaver-schreibungen – hier besteht ein gewaltiges Einsparpotenzial in Sachen Antibiotikaver-brauch.“ Denn unnötiger und zu häufiger Einsatz von Antibiotika trägt dazu bei, dass im-mer mehr Bakterien gegen die wichtigen Arzneimittel resistent werden.

In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten deutschen ICUTI-Studie zeigte sich, dass etwa zwei Drittel der 494 Patientinnen mit unkomplizierter Harnwegsinfektion auch ohne Antibiotikum wieder gesund wurden. Eine rein symptomati-sche Behandlung mit einem entzündungshemmenden Schmerzmittel reichte aus. Bei jeder dritten Patientin hielten die Symptome zu lange an oder verschlimmerten sich, sodass doch noch mit Antibiotika behandelt werden musste.

„Diese Erkenntnisse sollen jedoch keinesfalls als Aufforderung zur Selbsttherapie verstan-den werden“, mahnt Fätkenheuer. Auch unkomplizierte Harnwegsinfektionen, die etwa 90 Prozent aller Harnwegsinfektionen ausmachen, seien ein Fall für den Arzt. In Absprache mit diesem könne die Therapie jedoch zunächst einmal ohne Antibiotika durchgeführt wer-den.

Auch zur Prophylaxe von Harnwegsinfektionen gibt es aktuelle Erkenntnisse, und zwar zu einem alten Ratschlag: Viel trinken beugt Blasenentzündung vor. „Die Wirksamkeit dieses alten Hausmittels ist nun auch wissenschaftlich gut belegt“, so Fätkenheuer. Eine Ende 2018 im renommierten Fachmagazin JAMA publizierte Studie zeigte: Frauen mit wieder-kehrenden Harnwegsinfektionen profitieren stark von einer erhöhten Flüssigkeitsaufnah-me. Indem sie ihre tägliche Trinkmenge von 1,5 auf drei Liter steigerten, konnten die Pro-bandinnen die Zahl ihrer jährlichen Harnwegsinfektionen von durchschnittlich 3,3 auf 1,7 fast halbieren. Gleichzeitig sank auch die Zahl der Antibiotikaverschreibungen um nahezu die Hälfte.

Um die Entstehung von Antibiotikaresistenzen zu reduzieren, setzt sich die Deutsche Ge-sellschaft für Infektiologie unter anderem in ihrer Antibiotic Stewardship-Initiative für einen rationalen Einsatz von Antibiotika ein und bietet zu diesem Zweck Kurse und Erfah-rungsaustausch für Ärzte an. Die DGI setzt sich zudem für eine Verbesserung der infek-tiologischen Versorgung und Ausbildung in Deutschland ein und fordert unter anderem die Schaffung einer Facharztausbildung mit dem Schwerpunkt Infektiologie.

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Literatur:

– Gágyor Ildikó, Bleidorn Jutta, Kochen Michael M, Schmiemann Guido, Wegscheider Karl, Hummers-Pradier Eva et al.: Ibuprofen versus fosfomycin for uncomplicated uri-nary tract infection in women: randomised controlled trial BMJ 2015; 351 : h6544.

– Hooton TM, Vecchio M, Iroz A, et al.: Effect of Increased Daily Water Intake in Premen-opausal Women With Recurrent Urinary Tract Infections: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2018;178(11):1509–1515. doi:10.1001/jamainternmed.2018.4204.

Bei Abdruck Beleg erbeten.

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Pressekontakt für Rückfragen:

Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V.
Pressestelle
Juliane Pfeiffer
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel: 0711 89 31 693
Fax: 0711 89 31 167
E-Mail: pfeiffer@medizinkommunikation.org
http://www.dgi-net.de


Weitere Informationen:

http://www.dgi-net.de


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW