15.04.2019 12:58
Genaue Entschlüsselung von Brustkrebszellen könnte neue Therapie eröffnen
Forschende der Universität Zürich und von IBM Research haben die unterschiedliche Zu-sammensetzung aus Krebs- und Immunzellen von über hundert Brusttumoren erforscht. Ihre Erkenntnis: Aggressive Tumore werden häufig von einer einzigen Tumorzellart dominiert. Sind dazu noch bestimmte Immunzellen vorhanden, könnte bei einer spezifischen Gruppe von Brustkrebspatientinnen eine Immuntherapie erfolgreich sein.
Jedes Jahr wird weltweit bei mehr als 1,7 Millionen Frauen Brustkrebs diagnostiziert und für etwa eine halbe Million Patientinnen verläuft die Krankheit tödlich. Im Kampf gegen Brustkrebs werden neuartige Therapieansätze erforscht, die Krebszellen gezielter treffen und zusätzlich das Tumor-assoziierte Immunsystem aktivieren sollen. Bislang noch wenig bekannt ist jedoch, welche verschie-denen Krebs- und Immunzellen innerhalb eines Tumors vorhanden sind und wie sich dies von Pati-entin zu Patientin unterscheidet.
Massenzytometrie entschlüsselt die Diversität der Zellen
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Johanna Wagner von der Universität Zürich untersuchte zusammen mit Marianna Rapsomaniki vom IBM Forschungszentrum Rüschlikon und der Patients’ Tumor Bank of Hope mittels Massenzytomet-rie mehrere Millionen Krebs- und Immunzellen von 140 Patientinnen und erstellte daraus einen ent-sprechenden Tumor- und Immunzell-Atlas. «Wir konnten mit dieser Technologie die Diversität von Krebszellen sehr genau untersuchen und beschreiben, wie viele verschiedene Arten von Krebszellen in einem Tumor zu finden sind», erklärt die Doktorandin von Bernd Bodenmiller, Professor am neuen Institut für Quantitative Biomedizin, dessen Gruppe auf präzisionsmedizinische Analysen von Gewe-ben spezialisiert ist.
Parallel dazu wurden auch die Tumor-assoziierten Makrophagen und T-Zellen des Immunsystems analysiert. Diese können den Tumor bekämpfen – aber auch unterstützen. Bei einem erfolgreichen Angriff durch das aktivierte Immunsystem werden die Brustkrebszellen vernichtet. Wenn die nahelie-genden Immunzellen jedoch inaktiviert sind, entkommen die Brustkrebszellen der Immunattacke.
Jeder Tumor ist in seiner zellulären Zusammensetzung einzigartig
Die Forscherinnen entdeckten, dass die bisherige Annahme von erhöhter Diversität von Tumorzellen in aggressiveren Tumoren nicht zutrifft. Aggressivere Tumore werden meist von einer einzigen Tu-morzellart dominiert, die oftmals eine hohe Abnormalität aufweist. «Jeder untersuchte Tumor war einzigartig in seiner zellulären Zusammensetzung und unterschied sich von Patientin zu Patientin. Dies könnte ein Grund für unsere Schwierigkeiten sein, Brustkrebs zu behandeln», so Wagner.
Brustkrebspatientinnen könnten von Immuntherapie profitieren
Zugleich entdeckten die Forschenden Ähnlichkeiten im Tumor-assoziierten Immunsystem zwischen den aggressiven Tumoren. Bei einer Gruppe von Brustkrebspatientinnen fand sich eine Anreiche-rung von inaktiven Immunzellen, die bei Lungen- und Hautkrebs durch Immuntherapie erfolgreich aktiviert werden, um den Krebs zu bekämpfen. Darunter waren auch Patientinnen, von denen man bislang nicht dachte, dass sie für Immuntherapie gegen Brustkrebs geeignet wären.
Die umfassende Analyse aller Krebs- und Immunzellen eines Tumors könnte somit eine gute Grund-lage für präzisionsmedizinische Therapieansätze darstellen. «Unsere Erkenntnisse deuten auf einen möglichen Erfolg von Immuntherapie bei Brustkrebs hin. Wir werden dazu weiterführende Studien machen und bei Erfolg zu einer klinischen Studie ausweiten», erklärt Professor Bodenmiller.
Literatur:
Wagner, Johanna et al.: A single-cell atlas of the tumor and immune ecosystem of human breast cancer. Cell Press, April 11, 2019. DOI: 10.1016/j.cell.2019.03.005
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Bernd Bodenmiller
Institut für Quantitative Biomedizin
Universität Zürich
Tel. +41 79 1798029
E-Mail: bernd.bodenmiller@imls.uzh.ch
Originalpublikation:
Literatur:
Wagner, Johanna et al.: A single-cell atlas of the tumor and immune ecosystem of human breast cancer. Cell Press, April 11, 2019. DOI: 10.1016/j.cell.2019.03.005
Weitere Informationen:
https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2019/Brustkrebs.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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