Immunchemotherapie bei Morbus Waldenström



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18.07.2023 11:15

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Immunchemotherapie bei Morbus Waldenström

Der Morbus Waldenström ist eine seltene Unterform des Lymphdrüsenkrebs, auch Lymphom genannt, die sich im Regelfall durch einen chronischen Verlauf auszeichnet. Leider kann die Erkrankung mit den aktuell zur Verfügung stehenden Standardtherapien nicht geheilt werden. Unter der Leitung von Professor Dr. Christian Buske, Ärztlicher Direktor des Instituts für Experimentelle Tumorforschung am Universitätsklinikum Ulm (UKU), wurde nun in einer neuen Studie die Wirksamkeit einer milden Immunchemotherapie bei Morbus Waldenström überprüft. Die Studienergebnisse haben gezeigt, dass diese eine sehr gut verträgliche und sehr wirksame Therapie bei zuvor unbehandelten Patient*innen darstellt.

Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) empfiehlt in ihren Therapieleitlinien für den Morbus Waldenström zum einen die Therapie mit den Medikamenten Ibrutinib oder Zanubrutinib, zum anderen eine Behandlung bestehend aus dem Medikament Rituximab und einer Chemotherapie – einer sogenannten Immunchemotherapie. „Unser Studienziel war es, zu klären, welchen Stellenwert die Immunchemotherapie derzeit noch hat, wenn auch chemotherapiefreie Therapien zur Verfügung stehen“, erklärt Professor Dr. Christian Buske, der die Therapierichtlinien der DGHO federführend verfasst. Die Studie analysierte daher die Wirksamkeit einer milden Immunchemotherapie, bestehend aus den drei Substanzen Dexmethason, Rituximab und Cyclophosphamid (DRC) im Vergleich zu DRC kombiniert mit dem Medikament Bortezomib. Als eines der Hauptergebnisse konnte das Team um Professor Dr. Christian Buske in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Andreas Viardot und Dr. Alexander Grunenberg aus der Klinik für Innere Medizin III am UKU feststellen, dass DRC eine sehr gut verträgliche und sehr wirksame Therapie bei zuvor unbehandelten Patient*innen mit Morbus Waldenström darstellt. So waren nach zwei Jahren noch 72,8 Prozent der Patient*innen ohne Rückfall. 82 Prozent erreichten ein Ansprechen – das Lymphom reagierte also auf die Behandlung. Davon erreichten 20 Prozent der Patient*innen ein tiefes Ansprechen, das heißt, das Lymphom reagierte in signifikantem Maße auf die Therapie. Nur sechs Prozent der Studienteilnehmenden musste die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen vorzeitig beenden. Durch Hinzugabe von Bortezomib konnten die Ansprechraten und die Zeit bis zum Ansprechen weiter verbessert werden. Nach zwei Jahren waren in dem Bortezomib-DRC Therapiearm noch 80,6 Prozent der Patient*innen ohne Krankheitsrückfall.
„Diese Studie zeigt sehr eindrucksvoll, dass die Kombination aus Rituximab und einer milden Chemotherapie auch noch heute eine hervorragende Behandlung für den Morbus Waldenström darstellt. Ihr Vorteil gegenüber Therapien wie Ibrutinib oder Zanubrutinib ist, dass sie zeitlich begrenzt ist während die chemotherapiefreien Medikamente zumindest bislang dauerhaft gegeben werden müssen“, stellt Prof. Christian Buske fest. Die nächste Generation an klinischen Studien müsse nun beide Therapiekonzepte direkt miteinander vergleichen. „Wir werden solch eine vergleichende Studie im nächsten Jahr im Rahmen des europäischen Konsortiums und unter Ulmer Leitung beginnen“, führt Prof. Christian Buske aus.

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem europäischen Konsortium für den Morbus Waldenström (European Consortium for Waldenström´s Macroglobulinemia) durchgeführt, dem Prof. Buske vorsteht und im hochrangigen Journal of Clinical Oncology veröffentlicht. Sie stellt eine der größten jemals durchgeführten, prospektiv randomisierten Therapiestudien bei dieser seltenen Lymphomform dar. Prospektiv bedeutet hier, dass eine vor dem Beginn der Studie festgelegte Hypothese überprüft wird, unter randomisiert versteht sich, dass die Studienteilnehmenden per Zufallsprinzip in verschiedene Gruppen (Studienarme) aufgeteilt werden.

Titel der Originalpublikation:
Bortezomib-Dexamethasone, Rituximab, and Cyclophosphamide as First-Line Treatment for Waldenström’s Macroglobulinemia: A Prospectively Randomized Trial of the European Consortium for Waldenström’s Macroglobulinemia.
Christian Buske, Meletios A Dimopoulos, Alexander Grunenberg, Efstathios Kastritis, Cecile Tomowiak, Béatrice Mahé, Xavier Troussard, Roman Hajek, Andreas Viardot, Olivier Tournilhac, Therese Aurran, Stephane Lepretre, Hacene Zerazhi, Benedicte Hivert, Veronique Leblond, Sophie de Guibert, Lena Brandefors, Ramon Garcia-Sanz, Maria Gomes da Silva, Eva Kimby, Birgit Schmelzle, Dajana Kaszynski, Jens Dreyhaupt, Rainer Muche, Pierre Morel.
DOI: 10.1200/JCO.22.01805 Journal of Clinical Oncology 41, no. 14 (May 10, 2023) 2607-2616


Originalpublikation:

DOI: 10.1200/JCO.22.01805 Journal of Clinical Oncology 41, no. 14 (May 10, 2023) 2607-2616


Bilder

Unter der Leitung von Professor Dr. Christian Buske untersuchte das Forschungsteam in seiner Studie die Wirksamkeit einer milden Immunchemotherapie bei Morbus Waldenström.

Unter der Leitung von Professor Dr. Christian Buske untersuchte das Forschungsteam in seiner Studie

Quelle: Universitätsklinikum Ulm


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW