12.06.2019 10:33
Lebensmittelkennzeichnung: Politik muss Wissenschaft folgen und Ampelfarben wählen
Achtung Sperrfrist: Mittwoch, 12.06.2019 13 Uhr
Zur heute veröffentlichten systematischen Übersichtsarbeit des Ärzte- und Wissenschaftlernetzwerks Cochrane über Maßnahmen zur Senkung des Softdrink-Konsums kommentiert Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten DANK:
„Wir sehen hier erneut Belege, dass eine Kennzeichnung in Ampelfarben den Konsum ungesunder Produkte deutlich senken kann, sogar bei den besonders problematischen Softdrinks. Wir brauchen deshalb endlich ein mehrfarbiges Kennzeichnungssystem in Deutschland. DANK plädiert für die schnelle Einführung des Nutri-Scores, für den sich bereits mehrere europäische Länder ausgesprochen haben.“
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Die Studien, die die Cochrane-Arbeit auswertet, zeigen, dass ein Label in Ampelfarben direkt das Verbraucherverhalten beeinflusst: Der Absatz von Softdrinks, die mit „rot“ gekennzeichnet waren, ging um bis zu 56 Prozent zurück. „Dies ist besonders bedeutsam, weil Softdrinks eine große Rolle bei der Entstehung von Übergewicht spielen“, sagt Bitzer.
Einen geringeren Effekt gab es hingegen laut Cochrane-Artikel bei Kennzeichnungen, die keine verschiedenen Farben nutzen, sondern nur eine Abstufung angeben – so wie das gerade vom Max-Rubner-Institut im Auftrag des Ernährungsministeriums entwickelte Stern-Label. „Diese Kennzeichnung sehen wir kritisch, weil sie mit nur einer Farbe arbeitet und zudem nicht intuitiv verständlich ist“ sagt Bitzer, „es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die deutsche Politik nicht das wirksamste System wählt – und das ist eine Kennzeichnung in Ampelfarben.“
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Von Philipsborn P et al.: Environmental interventions to reduce the consumption of sugar-sweetened beverages and their effects on health. Cochran eDatabase of Systematic Reviews 2019,4.
http://www.doi.org/10.1002/14651858
Für die aktuelle Übersichtsarbeit, an der auch das Institut für Medizinische Informationsverarbeitung Biometrie und Epidemiologie an der Universität München beteiligt war, sichteten die Autoren mehr als 10.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen, und identifizierten so 58 Studien zur Frage, welche Maßnahmen den Süßgetränkekonsum auf Bevölkerungsebene effektiv reduzieren. Diese 58 Studien wurden in 14 verschiedenen Ländern durchgeführt, und hatten zusammen genommen mehr als 1 Million Teilnehmer.
Die von Cochrane erfassten Studien zur farblichen Kennzeichnung beziehen sich nicht direkt auf den Nutri-Score, aber auf verschiedene ähnliche Systeme in Ampelfarben.
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Rückfragen bitte an:
Kerstin Ullrich, Pressestelle DDG, Telefon 0711 8931 641
Kontakt:
Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten DANK
c/o Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Albrechtstraße 9, 10117 Berlin
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Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) ist ein Zusammenschluss von 22 medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Verbänden und Forschungseinrichtungen, der sich für Maßnahmen zur Verhinderung von Krankheiten wie Adipositas, Diabetes, Krebs und Herz-Kreislaufkrankheiten einsetzt. http://www.dank-allianz.de
Originalpublikation:
http://www.doi.org/10.1002/14651858
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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