17.01.2020 09:50
Licht an für keimfreie Wundauflagen – Biomimetisches Hydrogel mit photodynamischer antimikrobieller Wirkung
Nach einer Operation, bei der Behandlung von Wunden oder bei der Gewebezucht sind Infektionen eine gefürchtete Bedrohung, die lebensgefährlich werden kann. Biomimetische Hydrogele mit „eingebauten“ antimikrobiellen Eigenschaften können diese Gefahr deutlich mindern. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen Wissenschaftler jetzt ein Gel vor, das bei Bestrahlung mit rotem Licht reaktive Sauerstoffspezies erzeugt, die Bakterien und Pilze effektiv abtöten.
Ein Hydrogel ist ein molekulares Netzwerk, in dessen „Maschen“ Wasser eingelagert ist. Antimikrobielle Hydrogele lassen sich z.B. durch Einmischen oder Anknüpfen antimikrobieller Komponenten an ein polymeres Gel herstellen. Die Forscher von der Hebei University of Technology, Tianjin (China), der Radboud University, Nijmegen (Niederlande), sowie der University of Queensland, Brisbane (Australien), wählten einen alternativen Weg und nahmen die photodynamische antimikrobielle Chemotherapie zum Vorbild. Dabei werden sogenannte Photosensibilisatoren durch Licht in einen angeregten Zustand versetzt. Durch einen strahlungslosen Übergang gelangt der Photosensibilisator in einen anderen, langlebigen Anregungszustand. Dabei kann Energie auf Sauerstoffmoleküle übertragen werden. So entstehen hochreaktive Sauerstoffspezies, die Mikroben abtöten.
Bisherige synthetische Gele mit photodynamischen antimikrobiellen Aktivitäten sind jedoch meist weder biokompatibel noch bioabbaubar. Produkte aus biologischen Quellen bergen dagegen das Risiko von Kontaminationen oder Immunreaktionen und liefern schlecht reproduzierbare Resultate. Das Team um Chengfen Xing meisterte diese Herausforderung durch die Verwendung vollsynthetischer Hydrogele mit biomimetischen, das heißt biologische Systeme nachahmenden, Eigenschaften. Ihre Wahl fiel auf ein Polymer mit einem wendelförmigen Rückgrat (Polyisocyanid mit aufgepfropften Ethylenglykol-Ketten), das poröse hochbiokompatible Hydrogele mit faserartiger Architektur bildet, die Biogelen auf der Basis von Kollagen und Fibrin in Struktur und mechanischen Eigenschaften ähnelt.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Ein solches Hydrogel kombinierten die Forscher mit einem Photosensibilisator auf Basis eines Polythiophens. In Lösung liegt es als ungeordnetes Knäuel vor und absorbiert violettes Licht. Eine Einlagerung in die wendelförmigen Bereiche des Hydrogels bringt die Polythiophene in eine gestreckte, aufgereihte Anordnung. In dieser Form ist die Absorption wesentlich stärker und in den roten Spektralbereich verschoben. Dies ist günstiger, da rotes Licht tiefer eindringen kann und den Farbstoff weniger stark ausbleicht.
So erhielten die Forscher ein Gel mit hervorragenden antimikrobiellen Effekten gegenüber Bakterien wie E. coli und B. subtilis sowie Pilzen wie C. albicans, das als Ansatzpunkt für Wundauflagen mit „eingebautem Infektionsstopper“ dienen könnte. Die Vorteile dieser Art der Keimbekämpfung: Sie ist nichtinvasiv und ihre Wirkung ist räumlich und zeitlich gut kontrollierbar. Auch Antibiotika-resistente Keime lassen sich abtöten und das Risiko, neue Resistenzen zu verursachen, ist wesentlich geringer.
Angewandte Chemie: Presseinfo 33/2019
Autorin: Chengfen Xing, Hebei University of Technology (China), xingc@hebut.edu.cn
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1002/ange.201910979
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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