07.06.2019 15:23
Mechanismus zum Zusammenhang von Alter, Stress und Herzinfarkt gefunden
Alter und Stress führen zu einem erhöhten Krankheitsrisiko sowie zu verstärkten Entzündungsprozessen. Welche molekularen Vorgänge dahinter stecken, weiß man nicht. Bekannt ist, dass Alter und Stress sich epigenetisch auswirken, sprich sie beeinflussen, ob bestimmte Gene stärker, schwächer oder überhaupt nicht abgelesen werden. Epigenetische Veränderungen sind normal, werden aber durch den Alterungsprozess sowie durch Stress beschleunigt. Je mehr Stress, desto schneller schreitet das „epigenetische Altern“ voran. Forscher des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie haben untersucht, ob diese epigenetischen Effekte Moleküle beeinflussen, die an Entzündungsprozessen beteiligt sind.
Im renommierten Fachjournal PNAS wurden ihre Studienergebnisse jüngst veröffentlicht. Erstautor Anthony S. Zannas und seine Kolleginnen sowie Kollegen werteten Daten von mehr als 3000 Teilnehmenden im Alter zwischen 18 und 87 Jahren aus. Sie konnten zeigen, dass epigenetische Veränderungen, die durch Stress und Alter entstanden sind, mit Veränderungen im Immunsystem zusammenhängen, die entscheidend für entzündliche Prozesse bei cardiovaskulären Erkrankungen sind. Durch viel Stress erfolgt eine schnellere epigenetische Alterung in Genen, die das Immunsystem regulieren und dadurch ein höheres Risiko für einen Herzinfarkt.
Der epigenetische Effekt von Stress und Alter zeigt sich durch die Reduzierung der so genannten Methylierung des Gens FKBP5. Das an der Stress-Physiologie beteiligte Protein wird durch diesen Prozess stärker abgelesen. Das führt zu einer gesteigerten Entzündungsreaktion durch die Aktivierung des wichtigen Immunregulators NF-kB. Dadurch entsteht ein höheres Risiko für cardiovaskuläre Erkrankungen. „Die durch den Alterungsprozess und Stress hervorgerufenen epigenetischen Veränderungen im Immunsystem können ein Risikofaktor für Entzündungen sowie Herzinfarkte sein“, fasst Zannas zusammen. Anders gesagt zeigen Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten haben, genau die epigenetischen Veränderungen, die durch vermehrten Stress und den dadurch beschleunigten Alterungsprozess entstehen.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Die MPI-Forscher haben auch den umkehrten Effekt auf Zellebene überprüft: durch die Hemmung oder Löschung von FKBP5 in Immunzellen wurde die Reaktion auf das Immunsystem unterbunden.
Neue Behandlungsansätze
Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass durch Alter und Stress entstandene epigenetische Effekte Entzündungsprozesse beschleunigen. Sie könnten dadurch eine entscheidende Rolle für die Entstehung cardiovaskulärer Erkrankungen spielen. „Damit konnten wir einen Mechanismus identifizieren, der verantwortlich sein könnte für die Häufigkeit cardiovaskulärer Erkrankungen bei Personen mit Stress-bedingten psychiatrischen Erkrankungen“, sagt Elisabeth Binder, Direktorin am Max-Planck-Institut für Psychiatrie.
Die beschriebenen epigenetischen Modifikationen sowie die Immunveränderungen könnten als Biomarker dienen und helfen, ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen wie einen Herzinfarkt vorherzusagen. Das Wissen um die Zusammenhänge von Stress, Alter und Herzerkrankungen bzw. epigenetische Veränderungen und Entzündungsprozesse kann außerdem zu neuen Behandlungsansätzen für Stress-bedingte Erkrankungen führen.
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1073/pnas.1816847116
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
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