Menschen mit Diabetes zunehmend unterversorgt – DDG fordert flächendeckendes Diabetes-Screening in Krankenhäusern

Menschen mit Diabetes zunehmend unterversorgt – DDG fordert flächendeckendes Diabetes-Screening in Krankenhäusern


Teilen: 

12.11.2019 10:06

Menschen mit Diabetes zunehmend unterversorgt – DDG fordert flächendeckendes Diabetes-Screening in Krankenhäusern

Fast sieben Millionen Menschen leiden in Deutschland an Diabetes – etwa zwei Millionen dieser Betroffenen wissen nichts von ihrer Erkrankung. Kommen sie ins Krankenhaus, werden meist nur die Beschwerden behandelt, die unmittelbar Grund für die Einlieferung waren. Als Nebendiagnose wird Diabetes jedoch häufig nicht berücksichtigt – im Falle eines unbekannten Diabetes sogar übersehen. Für diese Patientinnen und Patienten können beispielsweise eine Kortisontherapie, ein Infekt oder eine Operation schwerwiegende Folgen haben: Der Blutzucker kann entgleisen und der Patient schlimmstenfalls ins diabetische Koma fallen.

Auch können dem Klinikpersonal etwaige Zusammenhänge zwischen der Erkrankung, die den Krankenhausaufenthalt begründet, und einem bestehenden Diabetes entgehen. Patienten über 50 Jahre sollten bei einer stationären Aufnahme routinemäßig auf Diabetes gescreent werden, fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) anlässlich des Weltdiabetestags am 14. November 2019. So könnten Komplikationen vermieden und Patienten sicherer behandelt werden.
_________________________________________________________

Etwa jeder vierte Krankenhauspatient leidet an Diabetes mellitus. Einige wissen bei der Klinikaufnahme von ihrer Erkrankung noch nichts1. Insbesondere in chirurgischen Abteilungen, in denen der Patient lediglich operativ behandelt wird, bleibt ein Diabetes oft unerkannt und folglich unbehandelt. „Dabei ist das Risiko für Komplikationen während eines Krankenhausaufenthalts bei Diabetes-Betroffenen höher als bei Menschen ohne Diabetes.“, weiß Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG. Während nur jeder sechste Patient Komplikationen infolge seiner stationären Behandlung erleide, sei es unter Diabetespatienten bereits jeder vierte. Um Betroffene rechtzeitig zu identifizieren und gegebenenfalls sogar einen Diabetes neu zu diagnostizieren, empfiehlt die DDG ein Diabetes-Screening bei allen Patienten über 50 Jahren. Hierbei wird der Langzeitblutzuckerwert, der so genannte HbA1c, im Blut bestimmt. Für die ambulante Versorgung von Risikopatienten sei dieses Prozedere ebenfalls empfehlenswert.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Ein bestehender Diabetes kann die Therapie im Krankenhaus erheblich erschweren. Ärztinnen und Ärzte müssen auf Wechselwirkungen von Medikamenten achten oder den Einfluss von Therapien und Operationen auf den Blutzuckerspiegel berücksichtigen. Häufig haben Patienten über die Stoffwechselerkrankung hinaus auch Begleit- und Folgeerkrankungen, die in der stationären Versorgung mitversorgt werden müssen, wie beispielsweise Bluthochdruck, Gefäß- und Nervenschädigungen oder Herz-Kreislaufbeschwerden. Oft sind es diese Erkrankungen, aufgrund derer Menschen mit einem unentdeckten Diabetes Typ 2 in die Klinik eingeliefert werden, zeigt eine Untersuchung.2 „Bis zur Erstdiagnose leben Menschen mit einem Typ-2-Diabetes durchschnittlich sieben Jahre lang ohne etwas von ihrer Erkrankung zu merken“, erklärt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Past-Präsident der DDG. „In dieser Zeit können sich bereits starke Schädigungen an Herz, Nieren, Nerven und Gefäßen bilden. Rund ein Viertel der Patienten mit koronarer Herzerkrankung hat einen Diabetes, ohne es zu wissen.“ Daher sei es für den Therapieerfolg und einen sicheren Krankenhausaufenthalt essentiell, eine diabetologische Mitbetreuung bei allen betroffenen Patienten zu gewährleisten und so einen möglichen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen zu erkennen, so Müller-Wieland.

Insbesondere in internistischen stationären Abteilungen haben viele Menschen Diabetes als Nebendiagnose – Eine Untersuchung zeigt, dass inzwischen rund die Hälfte aller dortigen Patienten betroffen ist.2 Nimmt man Folge- und Begleiterkrankungen sowie Adipositas als Mitverursacher von Diabetes hinzu, steigt der Anteil dieser Patienten weiter an. Doch fehlen inzwischen immer mehr diabetologische und internistische Betten in Kliniken. „Der Bereich fällt zunehmend dem Rotstift zum Opfer – obwohl der Bedarf durch den Zuwachs multimorbider internistischer Patienten steigt“, kritisiert DDG Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer. Eine Ursache sieht die Ärztliche Direktorin des Zentrums für Innere Medizin I am Marienhospital Stuttgart darin, dass den Krankenhäusern die gesamtheitliche Krankenversorgung im ambulanten sowie stationären Sektor kaum Geld einbringt. Um die klinische Versorgung diabetologischer und multimorbider Patienten zu verbessern und auch künftig zu gewährleisten, fordert die DDG, mehr eigenständige diabetologische Fachabteilungen in Kliniken, den Ausbau klinischer Lehrstühle mit bettenführenden Abteilungen an allen medizinischen Fakultäten und eine angemessene Finanzierung der „sprechenden Medizin“.
„Darüber hinaus müssen wir eine verzahnte und integrierte optimale Diabetestherapie bei mehrfacherkrankten Patienten sicherstellen – von der hausärztlichen über die ambulante fachdiabetologische Versorgung bis in die Kliniken“, betont Kellerer. Schließlich müssen auch DDG-qualifizierte diabetologische Weiterbildungen nicht ärztlicher Berufsgruppen, wie der Diabetesberaterinnen und -berater, staatlich anerkannt werden. „Nur mit diesen umfassenden Maßnahmen lässt sich die Versorgung dieser Patienten interdisziplinär und interprofessionell in Zukunft adäquat gestalten“, so Kellerer.
Klinken können sich als „Klinik für Diabetes geeignet (DDG)“ zertifizieren lassen: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/zertifizierung/nebendiagnose.html

LITERATUR:
1 Kufeldt, J. et al., Prevalence and Distribution of Diabetes Mellitus in a Maximum Care Hospital: Urgent Need for HbA1c-Screening, Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2018 Feb;126(2):123-129. doi: 10.1055/s-0043-112653. Epub 2017 Jul 27. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28750430
1,2 Müller-Wieland, D. et al., Survey to estimate the prevalence of type 2 diabetes mellitus in hospital patients in Germany by systematic HbA1c measurement upon admission, Int J Clin Pract. 2018;72:e13273. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30295392

_________________________________________________________

Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9.000 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der fast sieben Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.
_________________________________________________________

Kontakt für Journalisten:
Pressestelle DDG
Christina Seddig/Kerstin Ullrich
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-652, Fax: 0711 8931-167
seddig@medizinkommunikation.org

Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Geschäftsstelle
Katrin Bindeballe
Albrechtstraße 9, 10117 Berlin
Tel.: 030 3116937-55, Fax: 030 3116937-20
bindeballe@ddg.info
https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/home.html


Weitere Informationen:

https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/home.html


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Pressetermine
Deutsch


Quelle: IDW