14.02.2019 09:47
Mit Platin-Nanopartikeln selektiv gegen Leberkrebszellen vorgehen
Forschende der ETH Zürich konnten kürzlich zeigen, dass mit Platin-Nanopartikeln Leberkrebszellen abgetötet werden können – selektiver als mit bestehenden Krebsmedikamenten.
Obschon in den letzten Jahren immer mehr zielgerichtet wirkende molekularbiologische Krebsmedikamente entwickelt wurden, spielen klassische Chemotherapeutika in der Krebsbehandlung immer noch eine wichtige Rolle. Zu den letzteren gehören Platin-Zytostatika. Das sind Zellgifte, die auf Platin beruhen und die Krebszellen angreifen. Allerdings schädigen sie auch gesundes Gewebe, was teils heftige Nebenwirkungen verursacht. Forschende der ETH Zürich haben nun einen Ansatz gefunden, wie solche Arzneistoffe selektiver für Krebszellen gemacht werden können.
Als Zellgift wirkt Platin in seiner oxidierten Form, Platin(II). Dieses ist auch in den bestehenden klassischen Platin-Zytostatika enthalten. Die nicht-oxidierte Form Platin(0) ist für Zellen weitaus weniger giftig. Die Wissenschaftler um Helma Wennemers, Professorin am Laboratorium für Organische Chemie, und Michal Shoshan, Postdoktorandin in ihrer Gruppe, suchten daher nach einem Weg, Platin(0) in die Zellen zu bringen und es erst dort zum wirksamen Platin(II) oxidieren zu lassen. Dafür nutzten sie Platin(0)-Nanopartikel, wobei sie diese zunächst mit einem Peptid stabilisieren mussten. In einem Screening einer Bibliothek mit Tausenden Peptiden identifizierten sie ein geeignetes Peptid, welches die Herstellung von kleinen Platin-Nanopartikeln (Durchmesser von 2,5 Nanometer) ermöglicht, die über Jahre stabil bleiben.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Im Zellinnern oxidiert
Versuche mit Krebszellkulturen zeigten, dass diese Platin-Nanopartikel tatsächlich in die Zellen gelangen und dass das Platin(0) vom spezifischen Milieu im Innern von Leberkrebszellen zum zytotoxisch wirkenden Platin(II) oxidiert wird.
Untersuchungen mit zehn verschiedenen menschlichen Zelltypen zeigten ausserdem, dass die Toxizität der Nanopartikel sehr selektiv in Leberkrebszellen auftritt. Dort wirken die Nanopartikel genauso toxisch wie Sorafenib, das derzeit am häufigsten eingesetzte Medikament bei der Behandlung primärer Lebertumore. Allerdings sind die Nanopartikel selektiver als Sorafenib sowie deutlich selektiver als das bekannte Cisplatin. Es ist daher denkbar, dass die Nanopartikel weniger Nebenwirkungen haben werden.
In Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe von ETH-Professor Detlef Günther konnten die Forschenden mittels spezieller Massenspektrometrie den Gehalt von Platin in den Zellen und deren Zellkernen bestimmen. Es zeigte sich, dass der Gehalt an Platin in den Zellkernen der Leberkrebszellen deutlich höher war als beispielsweise in Darmkrebszellen. Die Autorinnen vermuten, dass die durch Oxidation in Leberkrebszellen erzeugten Platin(II)-Ionen in den Zellkern gelangen und dort ihre Toxizität entfalten.
«Es noch ein sehr weiter und ungewisser Weg zu einem Medikament, doch es ist ein neuer Ansatz, die Selektivität von Arzneistoffen für bestimmte Krebsarten zu verbessern – durch einen selektiven Aktivierungsprozess, der spezifisch für einen Zelltyp ist», sagt Wennemers. Weitere Forschungen sollen nun die chemischen Eigenschaften von solchen Nanopartikeln erweitern, um deren biologische Effekte noch genauer kontrollieren zu können.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Helma Wennemers
helma.wennemers@org.chem.ethz.ch
Tel. +41 44 633 37 77
Originalpublikation:
Shoshan MS, Vonderach T, Hattendorf B, and Wennemers H: Peptide-Coated Platinum Nanoparticles with Selective Toxicity against Liver Cancer Cells. Angewandte Chemie 2019, 58: 1, doi: 10.1002/anie.201813149
Weitere Informationen:
https://www.ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2019/02/mit-platin…
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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